Regenschlacht

Dienstag, Juni 21, 2011

18 Kilometer sollten es werden am Sonntag, jedenfalls schrieb das der Trainingsplan vor. Dem Wetter nach, hätten es aber auch 18 Bahnen im Freibad werden können. Den halben Tag habe ich das Niederschlagsradar auf wetter.com konsultiert, um eine geeignete Regenpause abzupassen. In der ersten Regenpause hat mich jedoch die Familie ins Oldenburger Naturkunde Museum zum Moorleichen begucken abgerufen. Gegen fünf sollte dann meine Stunde schlagen, im Niederschalgsradar machten sich ein paar helle Punkte um Oldenburg bemerkbar. Ich warf mich in die Klamotten und habe aber noch zur Sicherheit die Regenjacke meiner Frau mit genommen. Meine Regenausrüstung liegt natürlich im München im Schrank.  Auf Mapmyrun, habe ich davor meine Strecke ausgetüftelt. Bei 18 km kommt doch etwas Strecke zusammen, da kann man sich nicht  ausschließlich im nahgelegenen Forst vergnügen. Auf dem Radweg sollte es von  Wardenburg Richtung Ahlhorn gehen, dann nach Charlottendorf abzweigen und weiter bis Littel laufen. Von dort sollte es dann über kleine Sträßchen wieder zurück nach Wardenburg  gehen.

Eigentlich wollte ich bei dem Lauf mein neuen Camelbak ausprobieren, den ich noch am Freitag beim Sportscheck besorgt hatte, als ich die Startunterlagen für den Stadtlauf (HM) am 26.6 in München abgeholt habe. Aber bei der Wetterprognose, wird mangelndes Wasser wohl eher nicht meine Sorge sein, also muss der erste Einsatz noch ein bisschen warten.

Locker in 5:38 – 6:10 min  sollte die Strecke gelaufen werden. Die ersten zwei Kilometer kämpfte ich noch mit der Ausrüstung. Die Regenjacke, die ich in die kleine dazugehörige Tasche gestopft hatte und mit einem Gummiband um meine Hüfte geschnallt habe, bommelte wie ein Bunny-Schwänzchen an meinem Hintern. Ich versuchte die Position zu verändern, half aber alles nichts. –vorne ist auch keine Option-

Wie ich noch experimentiere fängt es auch schon wieder an zu regnen, also ziehe ich schließlich die Jacke an und damit kehrt bei der Jackenthematik Ruhe ein.

Es tröpfelte nicht nur, nein es Goss gleich, die seitlichen Windböen machten die ganze Sache nicht besser. Ich halte den Kopf gesenkt, damit das Schild meiner Kappe meine Brille vor Regen schützt. Somit sehe ich von der Strecke hauptsächlich meine Schuhe, den Asphalt und eben das schwarze Schild meiner Kappe.

–ein Genusslauf ist was anderes-

Nach ca. 7 km müsste meine Abzweigung nach Charlottenburg kommen, in meinem Blindflugmodus habe ich etwas bedenken, dass ich an der Abzweigung vorbeirausche, doch die Sorge ist unbegründet und ich sehe rechtzeitig den Wegweiser, und biege ab.

Was ich bei meiner Tourenplanung nicht berücksichtig habe, ist dass die Straße hier keinen Rad bzw. Fußweg hat, also laufe ich auf der linken Straßenseite dem Verkehr entgegen. Den Blindflugmodus muss ich hier aus Sicherheitsgründen abschalten, was besonders ärgerlich ist, da jetzt der Wind von vorne kommt. Der Regen hat zum Glück etwas nachgelassen, dafür tropft es noch gehörig von den Bäumen.  So langsam macht sich Unmut breit. Ich checke die Systeme.

Puls: OK, um 70% HFmax

Pace: OK, 5:45 min (Das habe ich letzte Nacht auch von München nach Oldenburg gebraucht, (in Stunden natürlich)

Strecke: ca. 8 km

Schuhe: Nass

Hose: Nass

Oberteil: Noch trocken…

Stimmung: lustlos

Hätte ich ein Handy mitgenommen, ich hätte mich jetzt abholen lassen.

In Charlottenburg – West komme ich an einer Abzweigung nach Littel vorbei, hier könnte ich abkürzen.  Aber noch bleibe ich standhaft und laufe weiter auf meinem Kurs.

Auf dem nächsten Streckenabschnitt lauern tümpelartige  Pfützen, die umschifft werden müssen, dabei liegt die Herausforderung  aber nicht darin „nicht hineinzutreten“, sondern in der zeitlichen Koordination.

Bloß nicht  die Pfützen gleichzeitig mit einem Auto passieren, sonst ist Land unter, somit baue ich unfreiwillig ein paar Sprints mit gelegentlichen Sprüngen und  Ausfallschritten in mein Lauf ein.

Ich erreiche Charlottenburg-Ost und damit die Abzweigung nach Littel, ohne dass ich von einem Pfützen Tsunami weggespült werde. In Richtung Littel geht es wieder über freies Gelände, Dummerweise setzt jetzt auch wieder der Regen ein.  Auch der Wind nimmt zu. Weshalb muss der Wind denn immer von vorne kommen? Ich stemme mich förmlich gegen den Wind, und habe das Gefühl zu stehen. Die haben hier im Norden zwar keine Berge, aber  gegen den Wind zu laufen kann locker mit einem Bergtraining mithalten. Der Wind ist  quasi der Berg Norddeutschlands. Und hier ist es gerade richtig gebirgig, geradezu hochalpin.

Der Wind drückt den Regen durch die Membran meiner Regenjacke, es wird klamm im Oberhaus. Die Hose ist mittlerweile mit Wasser vollgesogen, und die Schwerkraft tut Ihr übriges, der Gummi am Hosenbund versagt seinen Dienst und lässt die Hose rutschen. Da muss mal eben nachgerzurrt werden.  Ich konnte zwar erfolgreich den großen Pfützen ausweichen, die Schuhe sind aber trotzdem vollkommen durchnässt.

Nach Littel verlasse ich wieder die Bundesstraße und laufe auf einem kleinen Sträßchen Richtung Oberlethe. Auch hier gibt es kein Radweg, dafür aber auch kein Verkehr. Die Straße ist gepflastert mit den hier üblichen „Dreistern Pflastersteinen“. Es ist die Hölle hier zu laufen. Am Rand ist die Fahrbahn leicht geneigt, und die großen Rillen zwischen den Steinen erleichtern nicht gerade das Laufen.  Zeit für einen Systemcheck

Puls: OK, um 75% HFmax

Pace: OK,  konstant bei 5:45 min

Strecke: ca. 15 km

Schuhe:  Wassereinbruch im Keller, – es gluckert-.

Hose: hat sich in einen Schwamm verwandelt.

Oberteil: Wet T-Shirt Contest geeignet

Stimmung: apathisches dahin trotten

Das System hat auf Autopilot gestellt, der Laufapparat ist komplett von der Einsatzzentrale getrennt, die Gedanken werden frei. In diesem Zustand muss sich wohl auch immer Marvins Herrchen befinden, wenn er den Dialog mit seinem Schweinehund sucht. Ihr kennt doch Marvin, oder? Marvin, bzw. sein Herrchen hat übrigens ein neues Buch herausgegeben, „sei kein Frosch, Schweinehund – SPORT“. Es lassen sich die Geschichten zwar auch im Internet lesen, aber als Bettlektüre sind die Bücher bestens geeignet. Im Schlafzimmer herrscht bei uns Elektronik Verbot, da muss dann auf klassische Medien zurückgegriffen werden. Wer Achim Achilles durch hat, bekommt mit Marvins „ES, läuft“, und  „sei kein Frosch, Schweinehund – SPORT“ Nachschub für seine Laufbelletristik Bibliothek.

Kurz vor Oberlethe komme ich auf eine Bundesstraße und danach geht es gleich wieder rechts ab auf den Wassermühlenweg, wieder Dreisternpflaster -ächz-.  Bei km 18 passiere ich die Wassermühle, ein wirklich gutes Restaurant, schlagartig macht sich Hunger breit. Ich beschließe hier heute meinen Hunger zu stillen, aber davor muss ich mich erst trocken legen. Also Endspurt, ab nach Hause.

Nach 1:51 und 20 Kilometern bin ich dann wieder an der Homebase angelangt, jetzt erstmal in die Badewanne, und danach zum Carboloading  mit der Gattin in die Wassermühle.

8 Comments

  1. Volker sagt:

    So so, da läuft der Bajuware in meiner Heimat und läßt sich nicht mal hören. Ich habe mich nämlich am Sonntag vor einem Regenlauf gedrückt.

    Schön zu lesen, dass Du sogar mein Tempo läufst.
    Also wenn Du mal wieder in meiner Gegend bist, lass von Dir hören, wenn Du Lust hast mal mit einem Blogger-Kollegen ne Runde zu drehen.

    Ja, der Wind, der hat es in sich, Du solltest mal bei richtigen Wind hier oben laufen, nicht nur bei so einem lauen Lüftchen wie am Sonntag, dass macht Dich fertig;-)

    5:45 Std für die Fahrt von München nach Oldenburg, das scheint mir ebenfalls eine sportliche Leistung zu sein…

    Wie haben Dir die Moorleichen gefallen?

    LG aus Oldenburg in Oldenburg
    Volker

    1. timekiller sagt:

      Hallo Volker,

      bevor hier Missverständnisse entstehen, ich wohne zwar in München, bin aber eigentlich Schwabe :-), aber ich weiß schon, alles südlich vom Main sind Bayern und nördlich sinds die Preißn.

      Ich bin noch bis Samstag Abend in Oldenburg, dann gehts wieder zurück, ich melde mich mal bei Dir per Mail, vielleicht geht ja was zusammen, würde mich freuen.

      Wie ich die Moorleichen fand? Nun, auch nach 2000 Jahren sind es immer noch tote Menschen, daher doch etwas gruselich. Aber das Museum ist gut gemacht.

      Grüße aus Wardenburg

      -timekiller-

  2. Pierle sagt:

    Dreisternpflaster, Dreisternpflster – was soll das sein? Keine Ahnung – also Google fragen. Einziger Treffer: http://www.timekiller.de
    Teufelskreis 🙂

    immer wieder amüsant deine Berichte zu lesen. Und loben muß ich dich noch: normalerweise verläufst du dich bei solchen Touren noch zusätzlich 😉

    LG Carsten

    1. timekiller sagt:

      Hallo,

      Volker hat ja mittlerweile die korrekte Bezeichnung für das fiese Pflaster gefunden…

      In meinem Bericht habe ich natürlich nicht erwähnt dass ich wieder eine Abzweigung verpasste, aber diesmal ist mein Weg dadurch nicht länger sondern ca. um 1 km kürzer geworden. Daher habe ich diesen Faupax einfach mal unter den Tisch fallen lassen. Bei dem Wetter waren auch 20 km genug.

      Grüße -timekiller-

  3. volker sagt:

    Carsten,

    ich habe lange gegoogelt. Aber ich glaub ich hab den Stein gefunden, den unser Zeittöter meint. Der wird hier in unserer Region oft im Wegebau eingesetzt. Schau mal unter

    http://www.betonsteinwerk.de/lachendorfer-pflasterstein-wp/

    Das ist er doch, gelle, timekiller?

    1. timekiller sagt:

      Hey, genau, das sind die Dinger !!!

      „Lachendorfer Pflasterstein“ Pah! Da finde ich aber Dreisternpflaster treffender.

      Wenn das Pflaster frisch verlegt ist (wie auf dem Bild), ist das sicherlich kein Problem drauf zu laufen, aber wenn die Steine schon etwas zerschlissener sind von Case, Lanz und Co. ist das ein ziemlich hoppeliges Geläuf.

      Danke fürs Recherchieren Volker, ich wollte heute abend beim Lauf extra noch ein Foto machen.

      Grüße -timekiller-

  4. Evchen sagt:

    Daß euch Kerlen immer die Hosen rutschen… Nicht mal vor einem Gummibund macht eure Schmalhüfte Halt. Gut durchgeboxt! Regenläufe sind meine persönlichen Bähs.

    1. timekiller sagt:

      Ui, das ist ja eine Steilvorlage für einen zotigen Kommentar, aber ich verkneif ihn mir, sonst habe ich überhaupt keine Leserinnen mehr 🙂

      Grüße -timekiller-

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