Feldafing – München

Dienstag, September 27, 2011

Ja, ich habe es getan. Ich habe meinen 35er Lauf absolviert. Und, Ja, es hat weh getan.

Da meine Frau  fürs  Wochenende mit einem romantischen Wochenende in den Bergen gedroht hatte, musste ich mir natürlich was einfallen lassen, sonst wäre das nix mehr geworden mit meinen langen Läufen.

So fügte es sich ganz günstig, dass am  Donnerstag meine Arbeit geschlossen auf die Wies’n ging. Da ich dieses Jahr all meine Wiesn Besäufnisse abgesagt habe, kniff ich auch hier. Das bedeutete aber, ich hatte einen freien Nachmittag.

Also habe ich meine Laufsachen schon mit in die Arbeit genommen und bin dann mit der S-Bahn direkt nach Feldafing am Starnberger See gefahren, von dort aus sollte es dann wieder nachhause gehen. Die Strecke von Starnberg nach München, war ich ja jetzt schon zweimal gelaufen, das sind ca. 30 km. Da es diesmal etwas länger sein sollte bin ich einfach mit der S-Bahn zwei Stationen weiter gefahren. Auf dem Radweg wollte ich dann zunächst zurück nach Starnberg und dann von dort auf gewohnten Pfad zurück zur Homebase.

Jetzt gibt es aber keinen Radweg vom Feldafing nach Starnberg, jedenfalls keinen, der den Namen verdient hätte. So musste ich an der Straße entlang, zunächst nach Possenhofen und dann über Niederpöcking weiter nach Starnberg. Entsprechend schnell bin ich die „Straßenabschnitte“ gelaufen, naja, noch bin ich ja frisch. In Starnberg standen bereits 8 km auf dem Tacho,

– hm, vielleicht doch ein bisschen weit raus gefahren-.

Ich  folgte der Beschilderung des Radweges nach Gauting. Aber da muss es wohl mehrere Wegvariationen nach Gauting geben, schließlich landete ich nicht auf dem bekannten Weg entlang der Würm sondern irgendwo anders. „Ist ja egal“ dachte ich, Hauptsache ich komme nach Gauting, und etwas Abwechslung ist ja auch nicht schlecht.  So führte mich der Weg beispielsweise auch über den Golfplatz  „Gut Rieden“.

Rechts und links akkurat gemähtes grün. Den Impuls barfuß über das Green zu laufen unterdrückte ich schnell wieder , irgendwie war mir etwas unwohl dort durch die Anlage zu laufen, und die Bälle sausen durch die Luft…

-Wenn ich ein Golfball ans Hirn bekomme, dann haue ich euch aber die Karos aus Euren albernen Hosen-.

Also legte ich einen Zahn zu, und schaute, dass ich wieder in den schützenden Wald komme.

Der Weg führte mich völlig alleine durchs Gehölz, bis ich wieder an einer Straße stand. Von  hier ging es wieder an der Straße entlang, na super. Die nächste Ortschaft in die ich komme ist „Königswiesen“. Netter Name, aber wo ist Gauting? Zumindest zählt Königswiesen zur Gemeinde Gauting, also kann ich nicht ganz verkehrt sein.  Ich folge wieder einem Radweg, der mich direkt in einen dichten Tannenwald führt. Plötzlich ist der Weg zwecks Baumfällarbeiten gesperrt. Also schlage ich mich ins Unterholz und versuche irgendwie die Richtung zu halten.   Über einen schmalen Pfad gelange ich in eine Ortschaft, vermutlich Gauting. Eine ältere Fußgängerin frage ich, wo ich gelandet bin. Ohne zu antworten  fragt sie, von wo ich den herkomme. Ist die Antwort abhängig von meinem Ausgangsort?  Ich sage wahrheitsgemäß „Feldafing“ woraufhin ich nur ein Kopfschütteln ernte. „Ja mei, wo wollns denn hi“? Nach Pasing antworte ich schüchtern.  „Ja mei, do sinds ja total falsch, mir san ja hier in Gauting“

OK, die Antwort reicht mir, ich lasse die Frau verdutzt stehen und versuche mich in Richtung der gefühlten Ortsmitte durchzuschlagen, von dort kenne ich mich dann wieder aus.  Mittlerweile stehen 19km auf der Uhr. Von Gauting sind es jetzt noch 20km nach Hause. Uiuiui, das wird jetzt aber wirklich eine lange Runde. Naja, vielleicht lasse ich mich ja in Pasing oder so abholen.  Ich ziehe weiter Richtung Pasing. Zeit mal ein Gel zu testen. „Fruit Gel (Red Fruit Punch)“ von Powerbar.

Igitt!!!

Das Zeugs ist dermaßen süß, dass es mich spontan würgt. Schnell spüle ich den Kleister mit einem ordentlichen Schluck aus dem Camelbak runter. Also, ein PowerGel  kommt in zwei Wochen nicht an den Start, soviel ist sicher.

Ab km 25 komme ich langsam ins Grübeln ob mein Vorhaben nicht doch etwas zu ambitioniert ist, schließlich habe ich ja erst vor vier Tagen einen flotten marsch um den Tegernsee absolviert, und gestern bin ich ja auch schon wieder 9km gelaufen.

Bei km 28 stelle ich die gesamte Lauferei in Frage, aber da bin ich ja nicht der erste, der in diesem Zustand auf diesen Gedanken kommt.

Bei km 29 denke ich nur noch an km 30. Von nun an ist jeder Schritt ein Sieg. Niemals zuvor bin ich weiter gelaufen. Ich genieße das Gefühl.

Bei km31 ist die Euphorie verflogen. Ich mache mir Sorgen um den Zustand meiner Knie. In Pasing muss ich durch eine Unterführung, das leichte Gefälle lässt meine Knie besorgniserregend wackeln, gleich haut‘s mir die Patella raus. Na, wenn das Gelenk zu Bruch geht, kann ich‘s ja mit dem letzten PowerBar Gel wieder zusammen kleben, das hält sicherlich.

Ab km 32 erwäge ich, mich von meiner Frau abholen zu lassen, bei km 33 fällt mir allerdings ein, dass heute Elternabend in der Schule ist, und ich schon zu spät dran bin. Ab km 34 gehe ich mögliche alternative Taxifahrer durch, doch die sitzen alle auf der Wiesn, und sind jetzt sicherlich nicht mehr fahrtauglich.

Bei km35 kommt die Erlösung in Form einer Bushaltestelle der Linie 162  zum Moossacher Bahnhof. Von dort sind es nur noch zwei U-Bahnstationen zur Dusche. Ich kann der Verlockung nicht widerstehen und warte auf den Bus. Es wären jetzt noch gut 6-7 km bis nachhause, aber MT will ich ja erst in zwei Wochen laufen. Heute sollen mir die 35 km in 3:32h reichen.

Während ich auf den Bus warte leere ich mein Camelbak. Hätte ich geahnt wie lange der Bus bis zum Bahnhof braucht, hätte ich mir das letze Wasser vielleicht etwas besser eingeteilt. Der Bus gondelt eine geschlagene halbe Stunde durch mir bis dahin völlig unbekannte Stadtteile.

–ich will nachhause, ich habe Durst-

Das Camelbak gibt nichts mehr her, egal wie stark ich am Mundstück sauge, es röchelt nur noch.

Ich bin so fertig, ich kann nicht mal mehr schwitzen. Weshalb kribbeln eigentlich mein Finger so? Hyperventiliere ich etwa?

Nach einer gefühlten Ewigkeit komme ich endlich am Moossacher S-Bahnhof an. Nach der halben Stunde Busfahrt haben sich meine Beine von Hochleistungssportgeräten  zu  wabbeligen Gummischläuchen gewandelt. Die Rolltreppe zur U-Bahn fährt natürlich wieder in die falsche Richtung.

-könnte mir hier mal jemand die Treppe runter helfen?-

Endlich zuhause, nehme ich das alkoholfreie Weißbier direkt mit unter die Dusche.  In zwei Wochen stelle ich dann wohl noch einen Hocker in die Dusche.

22 Comments

  1. Frank sagt:

    Hallo Heimo,

    Glückwunsch, aber auf die Idee, den Wiesnbesuch – vor allem bei Kaiserwetter – durch einen Long Run zu ersetzen, kann eigentlich nur ein ‚Zuàgroàsder‘ kommen, obwohl Du doch Schwabe bist (für Nicht:Bayern: als ‚Zuàgroàsde‘ bezeichnet man in Bayern jede Art von dauerhaft oder vorübergehend hier lebenden ‚Besuchern‘, die nicht aus Bayern stammen; ein Bayer ist man dann frühestens ab der 3. Generation).

    Wäre toll, wenn Du die Route online stellen könntest (bspw. GARMIN.connect oder GPSies oder …).

    Schönen Gruß, und viel Glück beim München Marathon
    Frank
    http://www.trackmyrun.de

  2. timekiller sagt:

    Hallo Frank,

    anbei der Link zur Strecke:

    http://connect.garmin.com/activity/117412090

    Wobei die Route wirklich nicht der Bringer war. Besser ist die Variante von Starnberg an der Würm entlang:

    http://connect.garmin.com/activity/117412094

    Grüße -timekiller-

  3. ultraistgut sagt:

    Ach ja, die Leiden eines Läufers hautnah zu erleben, wer kennt sie nicht, ist es nicht schön – danach drüber zu schreiben und um dann feststellen zu können, dass es gar nicht sooooooooooooooo schlecht war – oder wie siehst du das ❓

    1. timekiller sagt:

      Hallo Margitta,

      ja, du hast recht, was uns nicht umbringt macht uns hart.

      Grüße -timekiller-

  4. Supermario72 sagt:

    Ach nee – was habe ich wieder herzhaft in mich hinein gelacht. Deine Selbstironie ist und bleibt der Knaller!

    Aber – Du hast es endlich getan! Super! Das Du bei KM35 lieber den Bus gewählt hast, war völlig okay. Mehr wäre hier dann doch eher weniger wert gewesen. Und – 3:32h für einen 35km-Trainingslauf lesen sich doch sehr vielversprechend. Wenn Du dann am 09.10. sogar auf den letzten Kilometern noch einmal die „Timekiller-Rakete“ zünden kannst, wer weiß …. 😉

    Aber – Du mußt Deine Trainingsstrecken besser vorbereiten! 😉 Das liest sich ja immer völlig wirr! „Ich muß weiter! Ähm – ich muß weiter! Ähm – wo bin ich überhaupt hier? Egal – ich muß weiter! Ähm – wo ist ein Weg? Ein WEG – ich brauche einen WEG! Ach – da ist was – gut! Mist – voll der Wald hier! Egal – Hauptsache ein Weg und weiter …. !“ 😉

    Ansonsten sind wir nun alle zufrieden mit Dir. Nutze die verbleibenden 2 Wochen! Nimm‘ Dir für’s Wochenende wenigstens noch einmal 27km vor.

    Alles Gute und Grüße aus Köln!
    Mario

    1. timekiller sagt:

      Hallo Mario,

      möglich dass meine Odysseen etwas nerven, aber das hat auch einen gewissen Reiz, einfach aufs gerade wohl loszulaufen, ist wesentlich spannender.

      Grüße -timekiller-

      1. Supermario72 sagt:

        Nein – nicht „nerven“! Das wollte ich damit nicht zum Ausdruck bringen. Deine Berichte sind für mich alles andere als nervig! Ganz im Gegenteil, ich muß immer dabei heftig schmunzeln! 😉

        Nein – was ich damit ausdrücken wollte ist, dass Du meiner Meinung nach durch dieses – ich nenne es mal „etwas konfuse Herumgerenne“ – viel von Deinem eigentlichen Potenzial vertust. Denn ich bin davon überzeugt, dass Du sehr gute Voraussetzungen für einen richtig guten Läufer hast. Man kann anhand Deiner Berichte eine tolle Entwicklung erkennen!

        Mich persönlich würde es z. B. unheimlich stören, wenn ich immer wieder in meinem Trainingslauf anhalten müßte, um zu überlegen, wo ich am besten weiterlaufe. Aber das ist meine ganz persönliche Einstellung. Ich brauche eine vorab klar definierte Strecke, die ich dann „runterreißen“ kann.

        Grüße aus Köln!
        Mario

        1. Evchen sagt:

          Verlaufen ist die hohe Kunst des Hobbyläufertums. Alles andere sind Halbprofis, pff. *duckundweg*

        2. -timekiller- sagt:

          Naja, so schlimm ist das ja auch wieder nicht, anhalten muss ich nur, wenn ich über einen Zaun klettern muss ;-), meist laufe ich halt mal einen Schlenker mehr, aber wenn ich eh am Kilometer schrubben bin, ist das ja Wurst.

          Wenn ich einen Tempolauf mache, dann weiß ich natürlich wo ich abbiegen muss,
          meine langen bin ich jetzt aber noch nicht auf Tempo gelaufen, das kommt dann beim nächsten MT. ( gesetzt dem Falle ich überlebe den ersten )

  5. laufend sagt:

    Schöner Bericht. Und Weißbier unter der Dusche klingt auch interessant 🙂

    1. timekiller sagt:

      Ja, man muss nur beim Trinken aufpassen, dass es nicht in den Krug regnet.

      Grüße -timekiller-

  6. Geschafft! Wie Mario schon schrieb: Schneller brauchst du nicht und weiter auch nicht! Es ist ja auch nicht sinnvoll bereits im Training die ganze Marathondistanz auf einmal zu absolvieren.
    Ein Longjog geht sich noch aus und dann bist du bestens vorbereitet! Alles Gute weiterhin!

    1. timekiller sagt:

      Hallo Reinhard,

      ja, den Longjog möchte ich noch am Samstag einbauen, danach wird noch eine Woche getapert. Mehr geht jetzt nicht mehr. Immerhin habe ich in den letzen gut 3 Monaten dann 750km während der Vorbereitung gesammelt.

      Grüße -timekiller-

  7. Pierle sagt:

    Mein Knie zwackt im Moment etwas – nach deinem Bericht werde ich das heute abend mit einem PowerGel einreiben ,dann sollte das ja morgen wieder gehen 😉

    1. timekiller sagt:

      Aber bitte nur äußerlich anwenden 😉 Zur Not kannst du ja noch mit einem Müsliriegel schienen.

      Grüße -timekiller-

  8. Volker sagt:

    Gut gemacht! Immer wieder klasse zu lesen was sich so im Läuferkopf für Gedanken abspielen. Manches kommt mir bekannt vor.

    LG Volker

    1. timekiller sagt:

      Hallo Volker,

      hoffentlich kommen zu Deinen Lauferinnerungen bald auch wieder neue Lauferlebnisse/Gedanken dazu.

      gute Besserung

      1. Volker sagt:

        *Seufz* das hoffe ich auch. Danke Dir

  9. Evchen sagt:

    La…aha….jaja….ah…..hm….jaaaaa…..oh……uh…zzzzsch…. *nick*….knrz…. *grunz* ….. am Ende bleibt ein Au, aber Du hast ihn durchgezogen! 😉
    Super gemacht und Du hast Dir den wichtigen Lauf nach Hause geholt! Und hast Du jetzt Lust auf Torte mit Bratkartoffelgeschmack?

    Jetzt so im Nachhinein fühlt sich das doch spitze an, den langen Lauf noch in der Tasche zu ahben oder? Und das Verhältnis verschiebt sich ein wenig und die Vorbereitung kommt einem gar nicht sooo mies vor, richtig? T-11 Tage und happy tapering!

    1. timekiller sagt:

      …ne, lust auf Bratkartoffeltorte hatte ich jetzt nicht. Müsste ich?

      Ja, im Nachhinein fühlt sich das gut an, aber der Läufer neigt ja dazu den Schemerz zu vergessen. Was ist das, Läufer-Alzheimer?

      Viel Erfolg für dein MT am Wochenende,ich drücke Dir die Daumen.

      Grüße -timekiller-

      1. Evchen sagt:

        Es ist zumindest seeehr bedenklich, daß Du keine Lust auf Torte mit Bratkartoffelgeschmack (das ist ein Unterschied zu Bratkartoffeltorte) hast, ja. *schwerseufz* Ich mach mir Sorgen um Dich. 😛

        Kleiner Geltip noch: Powerbar geht bei mir auch so gar nicht, aber Squeezy. Vielleicht nützt Dir das was. Die bekommt man am besten im Fahrradladen.

        Danke für`s Daumendrücken!

        1. timekiller sagt:

          OK, bei meinem letzten langen am Samstag werde ich ausschließlich an Torte mit Bratkartoffelgeschmack denken, vielleicht wird das ja doch noch was mit mir…

          Bzgl. Gel, danke für den Tipp. Werde ich dann am Samstag mal testen. Ansonsten finde ich die High5 Gels nicht schlecht.
          http://www.highfive.co.uk/energy_gels/energy_gels.html

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