Während eines Laufes schwört man Stein und Bein, dass man solch eine Schinderei niemals mehr wieder machen wird, und sobald man die Ziellinie überquert hat, ist alles vergessen.
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Es ist ja nicht so, dass ich nicht gewusst hätte, worauf ich mich da einlasse. Aber Nein, ich konnte es nicht lassen, und habe mich wieder zum 5. Stadion Cross des PSV angemeldet, und zwar wieder die Langdistanz, sind ja „nur“ 9800 Meter. Der Lauf letzten Jahres, war sicherlich einer meiner größten sportlichen Herausforderungen denen ich mich jemals gestellt hatte. Da verblasst selbst mein erster Wettkampf, gleich ein Halbmarathon, den ich als Laufdebütant nach gerade mal 9 Monaten mit ach und krach ins Ziel (2:09h) gebracht hatte. Das war auch so eine Herausforderung, der ich mich völlig naiv gestellt hatte. Aber bei Großveranstaltungen hat man kein Druck, da läuft man in der Regel nur gegen sich, bzw. gegen den Schweinehund. Da juckt es doch keine Sau, ob Starnummer 11245 zwei Stunden oder gar 3 Stunden braucht. Da geht man schön in der Masse unter.
Nicht so beim Stadion Cross des PSV. Eine kleine aber feine Laufveranstaltung für ambitionierte Vereinssportler. Da treffen Läufer der LGs auf einen Amateur wie mich. Beim Stadion Cross wird auf dem Vereinsgelände des PSV ein Geländelauf in mehreren Runden absolviert, dabei geht es mehrere Böschungen hoch und wieder runter, über Holzhürden und schließlich durch den Sandkasten der Weitsprunganlage, und das ganze natürlich auf Schnee. Am Start sind gerade mal 300 Läufer (200 Schüler) verteilt auf die unterschiedlichsten Altersklassen und Distanzen. In diesem Umfeld muss man schauen, dass man sich nicht total blamiert. Letztes Jahr lautete die Herausforderung für mich die Strecke in 40 Minuten zu schaffen, denn dann fiel der Startschuss für eine handvoll Hobbyläufer.
Ich war dann auch mächtig stolz auf die erreichte 39:57h und den 34. Platz (von 37)
Ging da dieses Jahr vielleicht sogar mehr?
Ja, denn es waren für die Landdistanz, die dieses Jahr um eine Runde länger war, nur 17 Teilnehmer gemeldet. Nicht dass mich dieser Sachverhalt beruhigt hätte, nein, es löste nackte Panik in mir aus, als ich Freitagabends die Starterliste studierte.
-Weshalb habe ich mich bloß nicht für die Mitteldistanz (3800 Meter), oder den Hobbylauf (5000 Meter) angemeldet, da wäre ich wahrlich besser aufgehoben gewesen.-
Meine Rolle war also klar, die „rote Laterne“, oder drücken wir es positiver aus, „Schlussläufer“.
Angesicht des starken Teilnehmerfeldes wäre es überheblich zu behaupten, dass ich das eh ja nur als schnellen Trainingslauf geplant hatte. Die Veranstaltung hätte schon das Zeug dazu, für mich als Jahresevent herzuhalten.
Ausgerechnet jetzt scheint meine Formkurve jedoch im Keller zu sein. Ich bin zwar 3-4 mal die Woche am Laufen, aber ich kann meinen Trainingsplan nicht immer richtig umsetzen. Ich habe derzeit einfach zu viel um die Ohren, da fällt dann eine Trainingseinheit nach 12 Stunden Arbeit manchmal etwas kleiner aus, bzw. bringt man bei einem Intervall Training bei -10°C auch nicht immer die volle Leistung. Ich fühle mich allgemein etwas schlapp, bin etwas kraftlos. Das stellte ich ja schon Anfang Februar beim ZHS-Crosslauf fest, da fehlte mir neben der Orientierung auch die Kraft in den Beinen. Die Letzte Trainingseinheit am Donnerstag war eine Katastrophe. OK, das kann natürlich auch mit den acht Bier vom Vorabend zusammenhängen. Ideale Voraussetzungen also für den Stadion Cross. Das einzig Positive, ich kann mich da nicht verlaufen.
Ach, dann wäre da ja auch noch die Schuhfrage. Letztes Jahr war ich einer der wenigen der ohne Spikes auf die Strecke ging. Ich hatte mir anlässlich des Laufes extra Trail-Schuhe gekauft mit denen ich ganz zufrieden war. Nur war dieses Jahr mit wesentlich mehr Schnee und Eis auf der Strecke zu rechnen.
So bin ich am Samstagnachmittag mal zur Sportanlage des PSV gefahren um die Strecke zu inspizieren. Die erste Runde bin ich mit meinen Mizuno Wave Ascend 5 gelaufen. Nach einer Runde war ich schon völlig fertig. Ich war heilfroh, dass ich anhalten konnte um die Yaktrax Ketten für die nächste Probe-Runde anlegen zu können. Auf der zweiten Runde hatte ich zwar besseren Halt, aber ich war danach genauso KO. Ich habe noch eine dritte Runde gedreht, und gehofft, dass es besser geh, danach habe ich mich nachhause verkrümelt. Sonntag bin ich vielleicht in besser in Form…
Sonntagvormittag war die Hölle, ich war dermaßen nervös. Wie ein Raubtier im Käfig tigerte ich im Haus herum. Ich hatte echt die Hosen voll. Will ich da jetzt wirklich teilnehmen? Die Runden von Gestern haben mein Selbstvertrauen nicht gerade gestärkt. Aber es hilft nix, angemeldet ist angemeldet, gekniffen wird nicht, sollte die Schmach auch noch so groß werden.
So habe ich mich um 11:30 zum PSV aufgemacht, ich bin natürlich hin gelaufen, um warm zu werden.
Meine Renntaktik die ich mir am Vormittag zurecht gelegt hatte, irgendetwas musste ich ja tun, lautete, nicht zu schnell angehen, nicht schneller als 5:00 starten, anziehen kann ich dann immer noch, Ziel ist es die 8 Runden überhaupt zu überstehen.
Wie sich die Startaufstellung für den Lauf formierte, zerschlug sich meine Hoffnung, dass sich doch noch ein paar Nachmelder zu uns gesellen. Wie ich so durchzähle komme ich auf nur 16 Starter. Hat da etwa einer gekniffen?
Der Startschuss fällt, ich lasse den anderen höflicherweise den Vortritt und hänge mich hinten dran. Ich kann zunächst noch mit 5 Läufern mithalten. OK, das läuft ja bis jetzt ganz gut, auch wenn ich der Letzte bin. Nach einer halben Runde kann ich an einem Läufer sogar vorbei, er fällt etwas zurück. Meine Uhr kündigt den ersten Kilometer an: 4:38
–Ach du Scheiße, du bist viel zu schnell-
Ich versuche das Tempo zu drosseln, der Schlussläufer schließt wieder auf, die anderen ziehen davon. Der zweite Kilometer wird immer noch eine 4:55 und für den dritten wird eine 4:57 angezeigt. Mittlerweile spüre ich den Atem meines Verfolgers wieder im Nacken. Es kommt wie es kommen musste, ich breche ein. Es sind noch über 5 Runden zu laufen, und ich habe bereits mein gesamtes Pulver verschossen.
-Ich will nicht mehr!-
Es stehen die ersten Überrundungen meinerseits an. Das steigert nicht unbedingt die Motivation. Die Beine tun weh und es kostet unheimlich viel Kraft auf dem holprigen Untergrund zu Laufen.
-Ich kann nicht mehr !!-
Ich beschließe nach der 4. Runde Schluss zu machen. Das bringt ja alles nix.
Ich laufe bis zum Rundenzähler, um mich dort ordnungsgemäß abzumelden, nicht dass die einen Suchtrupp losschicken, wenn einer Ihrer Athleten nicht ins Ziel kommt. Wie ich mich dem Zielbereich nähere, sehe ich im Zuschauerbereich meine Frau winken, nein, meine Tochter winkt und meine Frau fotografiert das Elend auf zwei Beinen.
-Verdammt was machen die denn hier?-
Ich kann doch jetzt nicht aussteigen. Was wäre ich für ein Vorbild für meine Tochter? Auf der anderen Seite gebe ich momentan, im Vergleich zu den Top Läufern auf der Strecke keine gute Figur ab. Mein Ansehen als Sportler in der Familie bröckelt… Ich kann es am mitleidigen Blick meiner Frau erkennen. Ausgerechnet jetzt werde ich von einem Läufer überrundet. Überholt werden ist ja OK, aber bei einer Überrundung hat der andere Läufer ja eine wesentlich höhere Pace, da kommt man sich vor wie eine Schnecke, dabei arbeiten meine Aggregate auf Hochtouren, es kommt halt nix bei rum.
So zockele ich an meiner Familie vorbei, ich versuche zu lächeln, aber es wird nur eine schmerzverzerrte Grimasse.
-noch VIER Runden …. ÄCHTZ !!!-
Ich versuche auf dem etwas abgelegeneren Streckenabschnitt etwas Kraft zu sammeln. Die habe ich auch bitter nötig für den kurzen aber knackigen Anstieg „am Schinder“, gleich danach geht es steil bergab an „der Streif“. Die zwei Hürden die danach folgen sind zwar nicht hoch, bringen einen aber gehörig aus dem Tritt. Aber die absolute Hölle ist der Sandkasten !!!
Was mach mein Verfolger? Es geht Ihm nicht viel besser als mir, er ist wieder zurück gefallen. Ich fasse einen Entschluss, solange der mich nicht einholt ziehe ich das Ding hier durch. So kämpfe ich mich über die Runden, meinen absoluten Tiefpunkt habe ich auf dem siebten Kilometer erreicht. Eine unterirdische 5:18! Danach geht’s wieder leicht bergauf. Aber berauschend ist das nicht was ich hier abliefere. Mein Verfolger macht mir nicht den Gefallen mich einzuholen, uns so gelange ich mit dem hauch eines Zielspurts nach 47:17h ins Ziel. Ein grandioser 15. Platz (von 16)
-Yeah!-
–Nächstes Jahr bin ich wieder dabei!-