Was habe ich da bloß wieder angestellt? In einem Lokalanzeiger unseres Stadtteils habe ich letzte Woche gelesen, dass am Sonntag den 30.1.2011 der 4. Münchner Stadion Cross stattfindet. Und das gleich bei mir in der Nachbarschaft auf dem Vereinsgelände des PSV am Wintrichring. Gestartet wird in 8 Klassen mit unterschiedlichen Distanzen und Altersgruppen. Die Damen treten unter anderem auf der Mittelstrecke (3800m) bzw. Langstrecke(6200m) und die Herren auf Mittelstrecke (3800m) und Langstrecke (8600m) an. Der Veranstalter ist die Leichtathletikabteilung des PostSportVerein München, die Ausschreibung und die Bilder aus dem Vorjahren sahen sehr vielversprechend aus, also habe ich nicht lange gefackelt und habe mich per Mail nachgemeldet. Natürlich für die Langstrecke, ist ja klar, schließlich will ich im Herbst einen Marathon laufen, da brauche ich Kilometer. Erst später bin ich auf den Trichter gekommen, vielleicht mal die Ergebnislisten der Vorjahre und die aktuelle Starterliste zu checken.
-OHA! Auf die lange Distanz gehen gerade mal 40 Teilnehmer an den Start, und letztes Jahr wurde die rote Laterne mit 41 Minuten ins Ziel getragen. Bei dem starken Läuferfeld ist die Nachhut arg dürftig besetzt.-
Aber da war es schon zu spät, vom Organisator habe ich postwendend eine Antwort bekommen, dass ich angemeldet sei, sicherheitshalber hat er auch mal die prognostizierten Siegerzeiten durchgegeben. (Das hätte ich auch gemacht, bei einem dahergelaufenen, vereinslosen, vierzigjährigen). Da begann ich zu rechnen, meine letzte Pace beim ZHS-Crosslauf hochgerechnet ergibt ca. 40 Minuten auf diese Distanz. –Puh- Da muss ich mich aber sputen, dass nicht ich der Laternenträger bin.
Und so nagte es in mir seit zwei Tagen, soll ich absagen? Einfach nicht hingehen? 10 Minuten nach dem Hauptfeld einlaufen… Ist das peinlich? Weshalb habe ich mich nicht für die Mittelstrecke, bzw. für den Hobbylauf(5000m) angemeldet? Aber Hobbylauf, wie sich das anhört. „HOBBY“. Hobby, das ist Modelbahn bauen, Briefmarken sammeln oder sowas, aber wir sind doch Sportler, wenn auch die langsamere Abteilung.
Am Samstag bin ich mal zum Vereinsgelände gefahren, und habe die Strecke inspiziert. Ein Rundkurs von ca. 1200m der mehrmals durchlaufen werden muss. Dabei geht es über den Rasen, durchs Gebüsch, eine Böschung hoch, eine wieder runter, durch die Sandkiste, und das alles ist teilweise Schneebedeckt und etwas eisig.
Eines ist klar, wenn ich hier einigermaßen bestehen will, dann brauche ich Spikes oder anderes Schuhwerk. Silberläufer hat Anfang des Winters von seinen Yaktrax Ketten geschwärmt. Also, wenns der Läufer schon nicht bringt, dann muss wenigstens das Material stimmen. Also bin ich fluchs in die Lauf-Bar gefahren und habe nach Yaktrax Ketten gefragt. Da ich schon mal da war habe ich mir auch die Trailschuhe genauer angeschaut. Und da ich ein ausgesprochener Spontankäufer bin habe ich mir auch gleich ein Paar andrehen lassen und habe die Ketten im Laden gelassen. Jetzt bin ich stolzer Besitzer eines Paares Mizuno Wave Ascend 5.
So ausgestattet, ging‘s am Sonntag eine Stunde vor Start zum PSV. Zum aufwärmen bin ich wieder direkt hingelaufen, sind ja nur 2 Kilometer. Dort in der Umkleidekabine wurde ich dann gleich wieder auf den Boden der Tatsachen geholt. Ein Läufer meinte „wie, du läufst die Strecke ohne Spikes?“ und schraubt sich lässig seine 12mm Nägel in den Schuh. –Soll ich einfach wieder gehen?- Noch hat mich ja keiner gesehen…, wobei, die Startunterlagen habe ich ja schon abgeholt –Mist-
Aber da kommt mir ein Artikel bzgl. Aufgeben von Ultraistgut in den Sinn. „Gib niemals auf, du kannst mehr als du denkst …)
Nadann, gehen wir mal zum Start.
Es ist saukalt, -7 °C, trotzdem gibt es ein paar Läufer die in kurzer Hose antreten, OK, die sind auch nicht so lange wie ich unterwegs. Das Starterfeld ist wirklich sehr übersichtlich. Es passen fast alle in die erste Reihe unter den Saucony Startbogen. Nur vier Läufer stehen in zweiter Reihe, und da bin ich dabei.
Der Startschuss fällt, ich lasse die Meute davon brausen, ich orientiere mich an den drei Kollegen aus der zweiten Reihe. Ich klemme mich hinter einen, der cirka in meinem Alter zu sein scheint. Mal die erste Runde abwarten und nicht gleich Vollgas geben, mal sehen, wie ich die Steigungen vertrage.
Es geht in einem Bogen über einen Fußballplatz, dann eine kleine Steigung hoch, dann runter auf eine zugeschneite Tartanbahn („Stadionschuss“), dahinter geht es durchs Gebüsch („kleiner Tazelwurm“) hoch auf ein kleines Plateau, wo eine kleine Schleife gelaufen wird, um dann wieder über zwei Abstiege, der zweit ist seitlich abfallend, zurück ins Stadion zu kommen. Der Platz wird überquert, und am anderen Ende geht es steil eine Böschung nach oben („der Schinder“), von dort einen schmalen Trampelpfad durchs Gebüsch, und dann wieder steil runter („die Streif“)auf den Fußballplatz, nach einer scharfen Linkskurve geht es über zwei Hindernisse gefolgt von einem ca. 10meter langen Sandkasten, jetzt noch um ein Kunstrasenplatz rum und wieder zurück Richtung Start. Das ganze musste sieben mal durchlaufen werden.
Mit meinem Pacemaker kann ich zunächst gut mithalten, nach einer halben Runde bricht der aber schon ein, noch vor der bösen Steigung („der Schinder“) gehe ich an Ihm vorbei. Bereits in der zweiten Runde werde ich von der Spitze überrundet, fortan laufe ich auf der Außenbahn, um den schnellen nicht den Weg zu versperren. Am „Schinder“ stapfe ich zum Teil durch höheren Schnee, um die Ideallinie nicht zu blockieren, mit den Steigungen und Abstiegen komme ich eigentlich gut zurecht, was zum Problem wird, sind die Hindernisse, die sind echt fies, und danach der Sandkasten, eine wahre Freude. So drehe ich meine Runden…
In Höhe des Zielkorridors stehen die „Zähler“, die für die Läufer die Runden zählen und zurufen. Nicht sehr erbauend ist es zu hören,“ letzte Runde“, „letzte Runde“, „für Dich noch 3 Runden“, und damit war natürlich ich gemeint.
So langsam setzt mir die Strecke zu, die Kräfte schwinden, es sind zwar nur 8 Kilometer, aber so ein Cross bin ich noch nie gelaufen, das ist doch ein bisserl was anderes wie auf Teerwegen seine Runden zu drehen. Der ZHS-Crosslauf hat zwar ordentlich Höhenmeter, aber dafür geht es zu 95% über Asphalt. Und hier, ist das Geläuf ziemlich hoppelig, naja ist klar, ist ja auch ein Crosslauf.
Die Überrundungen meinerseits nehmen ab, und für mich steht als Premiere in der vorletzen Runde die erste Überrundung eines anderen Läufers an. Mein ursprünglicher Pacemaker ist nicht schneller geworden und ich darf innen an Ihm vorbei -toll- Ich werde definitiv nicht Letzter! Das gibt mir Kraft für die letzte Runde. Am Start formieren sich bereits die Läufer für den Start des Hobbylaufes. Exakt 40 Minuten nach der Langstrecke sollen die Hobbyläufer auf die Strecke, ob ich das noch schaffe…? Das letzte Mal den „kleinen Tatzelwurm“ und den „Schinder“ hoch, über die Drecks Hindernisse, und ab Richtung Ziel. Ich versuche die –timekiller- Rakete zu zünden, aber da kommt nix mehr, ich höre die Zeit-Crew sich zurufen, „es sind noch vier auf der Strecke, den einen hier warten wir noch ab, dann starten wir…“ ich biege in den Zielkorridor ein, und sehe die Uhr unerbittlich hoch zählen 39:45 … 39:46…39:47… Zähne zusammenbeißen und das letzte aus dem geschundenen Körper rausgequetscht… -ZIEL- 39:53! Na also, sage ich doch ca. 40 Minuten.
Rauchen meine Füße etwa? Ist es heißer Gummi? Oder ist es der dampfende Zitronentee, den ich vor lauter Entkräftung über meine Schuhe geschüttet habe? Die Schuhe sind übrigens super, ich bin nicht einmal nennenswert gerutscht, ich hatte immer einen sicheren Halt, auch auf dem seitlich abfallenden Abschnitt hatte ich keinerlei Probleme. Mit Spikes wäre ich wohl kaum schneller gewesen… da muss ich noch arg zulegen um solche Steigeisen wirklich zu benötigen.