Mit Schärpe um den Tegernsee

Mittwoch, September 21, 2011

Meine MT Vorbereitung steht derzeit unter keinem guten Stern. Da ich bei den letzten langen Einheiten etwas geschlampt habe, bzw. diese abgebrochen habe, gab es nicht gerade Lob für meine Leistungen. Also wurde Besserung gelobt, und bis zum MT Termin am 9.10. sollten zumindest noch ein oder zwei lange Einheiten eingebaut werden. Letztes Wochenende wäre ideal für einen langen Lauf gewesen, allerdings hatte ich mich noch im August für den Tegernsee Halbmarathon angemeldet. Damals dachte ich, das wäre eine gute Idee, nun stört der Lauf eher, da ich besser 30+ laufen sollte. Aber angemeldet ist angemeldet, dann wird auch gelaufen. SuperMario mein Personal Trainer riet dazu, den Lauf als Tempoeinheit zu verbuchen, und stellte mal eine Zielzeit von 1:45 – 1:50 in den Raum.

Öhha. Das ist mal eine Ansage. Ich hatte bisher das  Gefühl, dass ich durch die MT Vorbereitung etwas an Schnelligkeit eingebüßt habe. Aber gut, dann wollen wir mal sehen, ob ich das Ergebnis vom Münchner Stadtlauf im Juni toppen, bzw. bestätigen kann. Damals konnte ich als PB eine 1:46:37 ins Ziel bringen.

Aber, ob das am Tegernsee gelingt? Ich weiß nicht! Vor zwei Jahren bin ich während des Tegernseelaufes böse eingegangen. Die Strecke um den Tegernsee hat das tückische, dass die ersten 16 km relativ flach sind, es sogar bis km 11 stetig abfällt, aber bei einem Rundkurs muss man irgendwann die Höhenmeter wieder gutmachen, und das ausgerechnet auf den letzen 4km. Da brennen die Schenkel! 2009 konnte ich auf den ersten  10 km sogar meine persönliche PB für 10km unterbieten, um daraufhin mental und konditionell komplett auseinanderzubrechen, denn schließlich hatte ich ja noch mehr als die Hälfte vor mir. Als dann ab Bad Wiessee die Steigungen kamen, war‘s dann vorbei. Ich beendete den Lauf in jämmerlichen 2:04h.  Da ist also noch eine Rechnung offen, die beglichen werden will.

Man wollte es mir aber nicht zu leicht machen, daher erhielt ich vor dem Lauf noch eine Lektion in „Stärke Dein Willen durch Enthaltsamkeit“

Meine Familie, die während meiner Marathonvorbereitung,  hinter mir steht wie ein, hm, ein  wackliges Kartenhaus, hat sich was Nettes ausgedacht, und hat kurzerhand anlässlich des Wiesnanstichs ein Weißwurstfrühstück organisiert. OK, es war zudem noch mein Geburtstag, aber den wollte ich dieses Jahr eigentlich ausfallen lassen (so wie jedes Jahr).

Wie ich also Samstags von meiner Vormittagsrunde zurück kehre, ist schon das halbe Haus voller Gäste. Als Geschenke haben sie Bierspezialitäten wie bsp. das Alpirsbacher Klosterbräu, oder die „Giesinger Erhellung“ mitgebracht. Ui, Prima, das wird jetzt ganz hart. Aus meinem früheren Leben, als man mich noch –bierkiller- nannte,  weiß ich noch wie lecker das schmeckt und wie so ein Brunch ausgehen kann…

Aber ich wäre nicht der –timekiller- könnte ich solch einer Versuchung nicht widerstehn. Aber es war wirklich hart. Ich kann die nächsten Wochen kein alkoholfreies Weissbier mehr sehen, denn meine Freunde zeigten wirklich Ausdauer, den letzten habe ich um 23:30 Uhr verabschiedet.  Gerade noch Zeit genug, den Wetterbericht zu checken um dann die Laufsachen für Sonntag zu packen, und dann ab ins Bett.

Sonntag früh,  6:45 Uhr,  der Wecker bimmelt.

Ich stöhne, die Frau grunzt und wirft mich aus dem Bett. Der Blick nach draußen bestätigt den Wetterbericht des Vorabends. Trübe, es tröpfelt… Ich ignoriere die dunklen Wolken und sage mir“ das hält“. Kurz vor acht verlasse ich das Haus nachdem ich unserer röchelnden Kaffemaschine eine Tasse Kaffee abgerungen habe. Zu essen gab es ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte. Ist jetzt nicht gerade ein Läuferfrühstück, aber  bei  kulinarischen Leckerbissen in unserem Hause muss man sich ranhalten…

Um 8:10 fuhr die BOB (Bayerische Oberland Bahn) vom Münchner Hbf nach Tegernsee.  Der Zug ist gut gefüllt mit Läufern, die Wanderer bleiben bei dem Wetter lieber zu Hause, so ist man unter sich.  Viertel nach Neun ist der Zug bereits in Gmund.  Also noch genug Zeit die Tasche mit den Wechselklamotten abzugeben, und sich mit gleichgesinnten zu unterhalten. Noch hält das Wetter, also wird die Regenjacke mit abgegeben.  Zur Sicherheit habe ich aber noch das Modell Müllsack einstecken, das ich mir mal vorsorglich unter den Arm klemme.

Pünktlich zum Einlaufen setzt Sprühregen ein, ich stülpe mir den Müllsack über und laufe locker ca. 3km bevor ich mich dann in die Startaufstellung begebe. Startblöcke kann ich keine erkennen, ich sortiere mich ein gutes Stück von der Startlinie entfernt ein, und warte auf den Startschuss. Der Regen hat wieder aufgehört, daher ziehe ich den Sack wieder aus, und binde  mir den Sack um den Bauch, wer weiß ob man den nochmal braucht.

Pünktlich um 10:30 erfolgt der Start.

Sowohl die 5km, 10km und HM-Läufer begeben sich zeitgleich auf die Strecke, dementsprechend ist das Gewühl nach dem Start. Da die komplette Bundesstraße nach Rottach-Egern jedoch gesperrt ist, hat das Läuferfeld  genug Raum und es kommt zu keinerlei Behinderungen.

Da ich bei meinem letzen Tegernseelauf  zu schnell angegangen war, achtete ich diesmal  schon ab dem ersten Kilometer darauf nicht zu schnell zu werden. Ich wollte so zwischen 5:05 und 5:10 laufen, was mir auch erstaunlich gut gelang.  Die Zwischenzeitenmatte (beim km 10?) überquerte ich trotzdem  bei  52:30 min, Hä???  Wie geht das denn, das ist ja ein Schnitt von 5:15? Hm, PB wird das aber nicht mehr, mal sehen, ob ich auf der zweiten Hälfte noch eine Schippe drauf packen kann. Ich checke die Systeme und bekomme nur positive Rückmeldungen.

Füße: OK;

Schienbein: OK;

Schenkel: OK;

Kondition: OK.

Alles Gut, bis auf das Wetter, denn es hat wieder angefangen zu regnen, aus dem anfänglichen Tröpfeln ist ein Dauerregen geworden. Anfangs versuchte ich noch die Pfützen zu umkurven. Als dann das Wasser in Strömen über die Straße läuft unterlasse ich meinen Regentanz und platsche geradewegs durch die Pfützen. Das Laufshirt hat sich auch schon komplett mit Wasser vollgesogen.

Ich hab zwar noch den Müllsack wie eine Schärpe  um den Bauch geschlungen, werde mir jetzt aber nicht die Blöße geben mir den Sack noch überzustülpen. Arg viel nässer kann ich jetzt sowieso  nicht mehr werden. Der Plastikgürtel sieht zwar doof aus, hat aber einen entscheidenden Vorteil. Der Bauch ist warm, und das ist nicht unangenehm bei dem Wetter.

Ab Bad Wiessee geht es dann ans Eingemachte, die Steigungen beginnen. Ich habe aber noch genug Butter auf der Stulle und verkrafte die erste Steigung recht gut, das letze mal ist mir das viel steiler vorgekommen. Bei Kilometer 19 fällt die Strecke nochmal ab,  diesmal nutze ich das Gefälle und kann sogar eine 4:20 auf den Kilometer verbuchen. Ich nehme den Schwung für den nächsten nicht enden wollenden Anstieg mit und kämpfe mich nach oben. Km 20, gleich geschafft, jetzt will ich es wissen und zünde die –timekiller- Rakete. Trotz Regen zündet diese sofort und ich gebe auf den letzten Kilometer nochmal so richtig Gas. Begünstigt vom Gefälle zum Ziel hin stürme ich mit einer 3:er Pace durchs Ziel.

-1:46:32-

Na, das hat ja dann doch noch gereicht, sind zwar nur 5 Sekunden, aber die PB vom Stadtlauf habe ich damit bestätigt, bzw. leicht unterboten.

Und das Beste ist. Ich fühle mich gut, ich hätte noch Kraft (und Lust) weiter zu laufen, wieweit wissen allerdings nur die Laufgötter.

22 Comments

  1. Pierle sagt:

    *Lach* Da hast du ja echt noch genug „Butter auf der Stulle gehabt“, was?
    Ob das an dem Stück Sahnetore lag?

    … und auf dem Rückweg bist du erst in Warngau wieder in den Zug gestiegen, um die 30+x auch noch voll zu machen….??
    Das wär es doch gewesen.

    LG von weit nördlich des Weißwurst-Äquators
    Carsten

    1. timekiller sagt:

      Hallo Carsten,

      mein Beraterteam (Eva, Volker, Mario) haben entschieden dass es nix bringt nach dem HM noch was dran zu hängen. Ich wäre ja zumindest noch bis zum Tegernseer Brauhaus weitergelaufen 😉

      Grüße -timekiller-

  2. Supermario72 sagt:

    Hallo,

    hier ist Dein Personal-Trainer! 🙂

    Das hast Du GUT gemacht! SUPER! Am Ende ist ja doch noch Verlaß auf Dich! Klasse!

    Aber das mit dem Plastiküberwurf war nicht wirklich Dein Ernst, oder!? Das ist was für’s Aufwärmen oder für nach dem Rennen, aber doch nicht zum Laufen! Weißt Du, wie so ein Ding bremst?! Da kannst Du Dir auch gleich einen Klotz ans Bein hängen ….

    Ansonsten – alles richtig gemacht, würde ich sagen. Aber nun genug der Lobhudelei! Das dicke Ende kommt ja erst noch.

    Also – hau‘ jetzt noch mal rein. Die Marschrichtung ist bekannt. Und dann wird am 09.10. abgeliefert!

    Alles Gute noch für die restliche Vorbereitung!

    Grüße aus Köln!
    Mario

    P.S.: Gibt es den „Timekiller“ eigentlich auch bei Facebook oder Twitter?

    1. timekiller sagt:

      Hi Trainer !

      hätte ich angefangen zu frieren, hätte ich mich wieder in die Plastikpelle gestopft. Bringt ja nix, wenn ich 3 Woche vor dem Jahresevent eine Bronchitis bekomme.

      Aber mein Nachbrenner hat mich ja ordentlich gewärmt, daher war keine Gefahr, dass ich den Bremsfallschirm betätige 🙂

      Den -timekiller- gibts übrigens nur hier, ich wüsste nicht was ich bei Facebook und Twitter noch zusätzlich schreiben sollte.

      Grüße aus Minga

      -timekiller-

      1. Supermario72 sagt:

        Guten Morgen,

        ach Mensch – habe doch glatt vor lauter „Trainieranweisungen“ 😉 vergessen, Dir noch nachträglich zum Geburtstag zu gratulieren! Sorry!

        Also – lieber Herr Timekiller – herzlichen Glückwunsch und alles Gute noch zum Geburtstag! Ein großes Geschenk hast Du Dir ja selbst gemacht, mit diesem tollen HM-Ergebnis!

        Grüße aus Köln!
        Mario

  3. Das ist eine Erfolgsgeschichte, die auf der Zunge zergeht. Noch dazu indem du gezeigt hast, dass du gegen Ende noch zulegen kannst. Ein Erfolgserlebnis dieser Art zur richtigen Zeit. Das sollte Motivation pur sein!
    Dein Personaltrainer hat dir eh gesagt wo’s lang geht *lacht*. Alles Gute auch von meiner Seite!

    1. timekiller sagt:

      Hallo Reinhard,

      ja, das hat gut getan, und vorallem hat es wieder mal Spaß gemacht. Das stärkt das Selbstvertrauen, auch wenn ich weiß, dass „Schnell“ nicht unbedingt mein Problem ist, sonder eher „Lang“, also Ausdauer.

      liebe Grüße -timekiller-

    2. timekiller sagt:

      Oh, ich sehe gerade Du bist mein 500. Kommentar.

      Wenn ich jetzt eine große und erfolgreiche Seite wäre gäbe es an dieser Stelle Blumen und einen Einkaufsgutschein…

      Bei mir gibts jedoch nur ein:

      „Danke an alle für die rege Beteiligung“

      Grüße Euer -timekiller-

      1. Oh, das freut mich aber, dass der Zähler bei mir stehen geblieben ist und ich den Jubiläumskommentar geschrieben habe. Das Päckchen mit den Laufschuhen kommt sicher in den nächsten Tagen! Stimmts?

        Im ernst! Deine Kommentare lesen sich gut, interessant, humorvoll und einer Prise Selbstironie! Also immer gerne gelesen!

        Zu Facebook und Twitter: Du hättest bei diesen Diensten gleiche und/ oder andere Personen die dir folgen. Hier liegt allerdings in der Kürze die Würze! Mit Diensten wie z.B. http://twitterfeed.com/ kannst du aber auch deine Bloggeschichten automatisch weiterleiten ohne neues schreiben zu müssen. Solltest du noch Ressourcen frei haben, dann gäbe es noch Google+ *lacht*!

        1. timekiller sagt:

          Ja, mit der „Kürze“ ist das ja bei mir so ein bisschen das Problem… Ich bleibe mal beim altbewährten. Meine Artikel werden auch nicht besser wenn ich sie über unterschiedliche Kanäle in die Welt hinausposaune. Wenn ich jetzt auch noch mit Facebook & co anfange, dann habe ich ja überhaupt keine Zeit mehr zum Laufen (und Arbeiten)

          Grüße -timekiller-

  4. Christian sagt:

    Glückwunsch zur tollen Leistung; das ist doch ein optimaler Beweis, dass du für den Marathon gut drauf bist. Jetzt noch ein paar Resteinheiten und dann klappt das!

    1. timekiller sagt:

      Hallo Christian,

      ja, mittlerweile bin ich ganz optimistisch, auch wenn mir die langen Einheiten so ein bisserl fehlen, aber ist ja noch ein bisschen Zeit.

      Grüße -timekiller-

  5. Evchen sagt:

    Au, wie fein! Ich darf Dir gleich zwei Mal gratulieren. Immer nur „Glückwunsch zur neuen Bestzeit“ zu schreiben, ist ja irgendwann auch….also lege ich diesmal den Fokus auf: Alles Gute zum Geburstag gehabt zu haben! 😀 Und wo ist bitteschön die Torte für Deine treuen virtuellen Freunde? Pff. Ich hätte gern eine in der Geschmacksrichtung Bratkartoffel.
    Laß jetzt nicht locker, konzentrier` Dich auf den Langen am WE und dann wird das gut werden!

    1. timekiller sagt:

      …Geschmacksrichtung Bratkartoffel? Bist du Schwanger? Na, ob du in dem Zustand nächstes WE den Marathon laufen solltest?

      Danke für die Glückwünsche.

      Grüße -timekiller-

  6. Eddy sagt:

    Gratuliere Dir zu Deiner geilen Zielzeit – und danke Dir für den geilen Bericht zum Event: hat mir Spaß gemacht!!

    1. timekiller sagt:

      Mensch Eddy, dass du bei Deinem Pensum überhaupt noch Zeit hast andere Laufblogs zu lesen… Da freut es umso mehr, wenn es Dich amüsiert hat.

      Grüße nach Bremen

      -timekiller-

  7. laufend sagt:

    Geht doch! Bei der Superzeit über 21,1km sollte doch am 9.10. alles deutlich unter 4h ablaufen.
    Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag natürlich auch noch.

    1. timekiller sagt:

      Ne, ne, unter 4h wird das nix. Ein Marathon sind eben NICHT einfach nur zwei halbe, das ist mir mitlerweile ziemlich klar geworden. Aber ich freue mich schon riesig auf dem 9.10. egal in welcher Zeit, ich will finishen.

      Grüße -timekiller-

  8. Frank sagt:

    Hallo timekiller,

    congrats !

    Bin gerade erst auf Deinen Blog gestoßen. Ich wußte nicht, dass noch ein Münchner als laufender Blogger aktiv ist.

    Ich war ebenfalls beim Tegernsee-Lauf dabei (HM), mit einer ähnlichen Duchgangszeit bei 10km (53:15), aber eindeutig schlechteren Endzeit (mir lagen die beiden Anstiege ab km-Marke 16 deutlich weniger).

    Wenn Du Lust und Zeit hast, schau doch mal auf meinem (Lauf-)Blog vorbei, mit dem ich erst vor ein paar Tagen gestartet bin (u.a. mit meinem Bericht vom Tegernseelauf).

    Bin übrigens auch beim München-Marathon dabei, allerdings nur bei den 21,1km.

    Mein Trainingsgelände ist der Perlacher Forst.

    Sportliche Grüße
    Frank
    http://www.trackmyrun.de

    1. timekiller sagt:

      Hallo Frank,

      toll, ein neuer Blog-Kollege, und dazu noch aus München, prima, da schaue ich doch gleich mal vorbei.

      Ich war übers Wochenende in den Bergen, daher konnte ich Deinen Erst-Post nicht gleich freischalten. Aus Spamgründen müssen neue Mailadressen bei mir erst freigegeben werden. Andernfalls wären hier mehr Viagra Angebote als ernste Kommentare zu lesen.

      Grüße -timekiller-

      Deinen zweiten Anlauf habe ich einfach mal rausgenommen.

  9. Evchen sagt:

    Wie es heute wohl war, der Lange?

    1. timekiller sagt:

      Hallo Eva,

      na, du versuchst wohl die Zeit bis Sonntag tot zuschlagen, und dich dabei am Leid Deiner Trainingspartner zu ergötzen.

      So ist’s recht, so würde ich es auch machen. Bericht ist in Arbeit, dauert bei mir ja immer ein bisschen. Ich kann schon mal so viel verraten:

      „Ja, es hat weh getan“

      Grüße -timekiller-

Schreibe einen Kommentar