Endspurt mit Andre

Dienstag, Januar 25, 2011

Am Sonntag stand der zweite Lauf der Winterlaufserie auf dem Plan. Über 15 km sollte es gehen, d.h. drei Runden durch den Olympiapark auf altbekannter Strecke. Der Start war auf 11 Uhr angesetzt, eigentlich kein Problem, aber am Sonntag bin ich überhaupt nicht in die Spur gekommen, ich hätte ewig schlafen können… Gegen 9:00 Uhr habe dann auch ich mich aus dem Bett gequält, der erste Blick auf das Außenthermometer lässt mich erschauern.  Minus 7°C. -Brrr-, da packe ich doch gleich mal eine weitere Schicht Polyester in meine Lauftasche. Auf Frühstück habe ich nicht wirklich Appetit. Zwei Tassen Kaffee, damit die Augen offen bleiben, mehr ging nicht.  Als Frühstücksersatz stecke ich zwei Gel-Chips und ein Müsliriegel in die Tasche, falls der kleine Hunger kommt…

Kurz nach 10 Uhr breche ich auf, zum Aufwärmen, jogge ich gemächlich in den 3 km entfernten Olympiapark.

-Mühsam-

Ich stelle mir erstmals an diesem Tage die Frage, ob was geht. Die Beine sind schwer wie Blei, nein, gibt’s was schwereres? Iridium? Osmium? –Egal- Richtig schwer halt-. Die Schienbeine schmerzten höllisch, die rechte Achillessehne zwickt… Es war zääääh. Und dabei bin ich mit knapp 6:00 min/km dahingezuckelt. Nach gut 18 Minuten komme ich an der Olympia-Schwimmhalle an. Der Startbogen vom Skinfit und Erdinger stehen noch verlassen da, sonst niemand da. Wenn das so bleibt, hätte ich Chancen unter die ersten 10 zu kommen ;-).

In der Schwimmhalle treffe ich dann jedoch auf die verfrorene Meute, die sich bei angenehmen 28 °C aufwärmt.  Da die Sonne raus gekommen ist, beschließe ich die dritte Schicht und die Jacke im Spinnt zu lassen, aber wohin jetzt mit meiner Wegverpflegung? Zwei Gel-Chips und ein Müsliriegel! Wohin damit, meine Tight hat nur eine winzige Tasche, da bekomme ich gerad mal meinen MP3 Player rein. In die Underbuxe stecken? Hinten? Vorne? Neee! das sieht wirklich doof aus. Ich quetsche einen der Gel-Chips zusammen und stopfe Ihn zum MP3-Player, der Rest muss da bleiben.

In der Halle treffe ich noch LocalZero, und wir gehen gemeinsam zum Start. Da ist es mittlerweile auch etwas voller geworden. Vor lauter quatschen verpasse ich beinahe den Start. Während ich noch mit der Technik kämpfe (ich musste den Garmin noch resetten), stürmt die Läuferschaar an mir vorbei. Von LocalZero ist nix mehr zu sehen, -Blitzstart?-

Ich lasse mich mit der Meute mittreiben und mache mir Gedanken über meine Lauftaktik. Eigentlich war ein 5:10er Schnitt geplant, aber in meiner Verfassung lege ich mal zur Sicherheit noch 5 Sekunden drauf. Den ersten Kilometer laufe ich trotz verpasstem Start in 4:50 min, OK, geht ja auch den Berg runter… das böse Ende kommt bei 4, 9 und 14km, ganz zu schweigen von dem Anstieg an der BMW Welt bei km 2, 7, und 12km…

Den zweiten Kilometer bleib ich am Gas um mir ein bisschen Platz zu verschaffen. Bei Kilometer 3 checke ich mal vorsichtig die Systeme.

Schienbeine? – OK –

Achillessehne? – zwickt, aber geht –

Atmung? – hechel –

Puls? – hoch –

Hunger? – Nö –

Allgemeine Stimmung?  -? Jippie ? –

Also, weiter, Tempo ein bisschen drosseln, schließlich kommen ja noch 12 km. Die erste  5km Runde laufe ich in 24:30 min! Hui, das ist schnell.  24:30 Minuten ist ganz OK für 5km, ordentlich, wenn‘s 10km werden sollen, aber zu schnell, wenn ich 15km durchhalten will. Also Tempo weiter drosseln, aber jetzt geht es  erst mal wieder den Berg runter Richtung BMW-Welt, langsam werden kann ich später immer noch. Bei Kilometer 8 beschließe ich doch ein kurzes Frühstück einzunehmen, ich fummle den Gel-Chip aus der Tasche, reiße das Cellophan auf, beiße den zerknüllten Klumpen einmal durch und stecke mir jeweils ein Teil davon rechts und links in die Backe.  So kann sich das Zeugs langsam auf lösen, und bei der Zwischenzeit, kann ich den verbliebenen Rest mit einem Schluck Wasser runterspülen.  Ab km 9 wurde ich in den letzen Jahren normalerweise immer von den Führungsläufern überrundet. Wem darf ich denn dieses Jahr im Weg rumstolpern? Wieder dem Lokalmatador Andre Green, oder gar Faris AL-Sultan, der dieses Jahr mit von der Partie ist? Die erste der zwei Steigungen bei km9  habe ich hinter mir, da keimt die Hoffnung auf, dieses Jahr vielleicht doch nicht die Schmach des „überrundet werden“ ertragen zu müssen, somit ziehe ich wieder an. Ich schiele auf die Uhr, 45 Minuten, das könnte klappen. Ich hetze zum Olympiastadion hoch, oben von der Kuppe aus, kann ich das Ziel am Cubertin-Platz sehen und den Moderator „Peter Maisenbacher“ hören, nichts deutet drauf hin, dass gleich der Sieger einläuft. Der Moderator motiviert unermüdlich die Läufer die über die Zwischenzeitenmatte laufen. Erstaunlich was der Mann eineinhalb Stunden zu erzählen weiß. Das Ziel, bzw. für mich, die Zwischenrundenmatte ist in greifbarer Nähe, da höre ich von hinten ein „Hee!  Andre kommt“ –Nein! Nicht doch noch!- Ich gebe Gas, meine Schritte werden länger, ich nehme weiter Tempo auf, (geht ja hier den Berg runter), zehn Meter bevor der Zielkanal abzweigt, schießt ein Blitz an mir vorbei. Ist es ein Vogel? ein Flugzeug?  Nein, es ist Andre Green, der mich doch noch überrundete…

Vor lauter (End)Spurt vergesse ich an der Wasserstelle vorbei zu schauen, und laufe weiter auf zu meiner letzten Runde.

Mein Mund ist mittlerweile etwas trocken und der Gel-Chip mag sich nicht recht auflösen, es klebt. Ich rekapituliere meinen bisherigen Lauf:  5km in 24:30 Minuten , 10km in 49:30 Minuten, Auweia, wenn sich das mal nicht rächt. Höchste Zeit mal wieder die Systeme zu checken?

Schienbeine? – OK –

Achillessehne? – drückt, aber geht –

Atmung? – hechel, hechel –

Puls? – hoch, aber nicht besorgniserregend –

Hunger? – gnfpf –

Allgemeine Stimmung? – Jippie-Jippie-Jey!!! –

Sollte ich sowas wie den zweiten Atem verspüren? Ich laufe einfach meinen Stiefel weiter, wenn ich nicht mehr kann, kann ich immer noch langsamer werden. Ich schalte das Hirn ab und laufe einfach weiter…

Bei Kilometer 14 schalte ich kurz nochmals das Hirn ein, wieviel Runden muss ich eigentlich noch?  Muss ich jetzt noch eine, oder was? Vor mir biegen alle in den Zielkanal ab, also folge ich …

1:13:44 ???  -Hä, ist die Uhr irgendwann stehen geblieben?-   Nach 1:18 und 1:17 in den letzten Jahren, ein fantastisches Ergebnis für mich.  Laut meinem Garmin müsste ich jetzt eigentlich noch 300 Meter laufen, aber da will ich mal nicht so sein…

So, jetzt den Kleister in  Mund mit einem schön kühlen alkoholfreien Bier runterspülen. Die Schlange am Erdingerstand ist aber auch schon wieder beträchtlich lange, und dabei hatte ich mich doch extra so beeilt.

Von der Schlange aus, sehe ich LocalZero, sein Becher ist leer. So entspannt wie der da steht…, ist der überhaupt mitgelaufen?

Die Sieger, Ingalena Heuck, und Andre Green mit Organisator Dr. Alexander Fricke

12 Comments

  1. ultraistgut sagt:

    Ja, der schnelle Hirsch Lars, wen wundert es, dass der Becher schon leer war.

    Du hast dich ebenfalls verbessert, die Stimmung war rieisig, wie man aus deinem Jippie-Jippie-Jey erkennen kann, wenn das kein Ansporn ist auf mehr !

    Gute Erholung ! 8)

    1. timekiller sagt:

      Ja, schnell ist er wirklich, der Lars. Ich habe nachgeschaut, er ist wirklich mitgelaufen 😉 und er hat mir 10! Minuten abgenommen.
      Zur Erholung plane ich heute Abend eine entspannte Runde durch den mittlerweile wieder verschneiten Park.

      Grüße -timekiller-

  2. sarahemily sagt:

    Gratuliere zu der tollen Zeit!

    Und viel Spaß heute Abend bei der Erholungsrunde. Wenn der mich heute mittag bei der Leistungsdiagnostik nicht total fertig macht, dann teste ich vielleicht später endlich meine neuen Trailschuhe…. 🙂

    1. timekiller sagt:

      Danke,

      wenn’s so weiterschneit, wirst du die Trailschuhe heute gebrauchen können. Viel Spaß damit.

      -timekiller-

  3. Henrik sagt:

    Gratulation an dich für einen gelungenen Lauf. Überrundet werden ist schon bitter, aber mei, die Jungs da vorne laufen in einer anderen Liga. Das wird mir dann bei den 20 Km auch blühen.

    1. timekiller sagt:

      Na, ich denke mir: so nahe komme ich sonst an solche Spitzenläufer nicht ran, außer vielleicht beim Start 😉

      Grüße -timekiller-

  4. Pierle sagt:

    1:13 auf 15km! Tolle Leistung!
    Vor allem, da die früh-morgendlichen Vorzeichen ja garnicht so gut standen.

    1. timekiller sagt:

      Na, da kann man mal sehen, was aufwärmen bringt. (auch wenns wehtut)

      Grüße -timekiller-

  5. LocalZero sagt:

    Da passte einfach alles an diesem Tag – und dann ist auch so eine dritte Runde im hohen Tempo kein wirkliches Problem.

    Gratulation zu der prima Zeit & schön, dass wir uns mal wieder über den Weg gelaufen sind!

    1. timekiller sagt:

      Ja, das passte wirklich, ein Tag später wären wir wieder durch den Schnee gestapft.

      Bis zum nächsten Lauf in MUC…
      Grüße
      -timekiller-

  6. Laufhannes sagt:

    Herzlichen Glückwunsch zu diesem starken Lauf!

    Manchmal ist es auch ganz gut, zum Ende hin das Hirn eher auszuschalten und einfach zu laufen, was die Beine können. Dann kommt so ein gutes Ergebnis dabei heraus.

    1. timekiller sagt:

      Danke für die Glückwünsche. Ja, manchmal ist der Körper willig, aber der Geist schwach…

      Grüße -timekiller-

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