Traditionell fastet man ja vor Ostern. Ich trage mich mit dem Gedanken, eventuell nach Ostern zu fasten. Nötig hätte ich es jedenfalls.
Zu Ostern ist die gesamte –timekiller- Familie nach Oldenburg gefahren. Vati hatte sich in den Kopf gesetzt die freie Zeit zum sporteln zu nutzen, und da in München das Radfahren immer zu kurz kommt, wollte ich den Urlaub in Oldenburg zum Flachlandtraining nutzen. München und Radfahren ist irgendwie doof, man riskiert Kopf und Kragen bis man überhaupt erstmal „Draußen“ im Grünen ist, bevor man sich konditionell zugrunde richten kann.
Es war dann ein etwas schwierigeres Unterfangen, die Familie, Gepäck und das Tri-Bike im Auto zu verstauen, aber nachdem die Taschen mehrmals umgepackt wurden und das Rad zunehmend zerlegt wurde, klappte auch das.
Während der Fahrt, die seeeehr lange dauerte, begann bereits die Völlerei. Es ist unglaublich was man während einer sieben stündigen Autofahrt so alles wegfuttern kann, und wir haben da nicht etwa an Selleriestangen rumgeknabbert.
Meinen ersten Bauchentlastungslauf habe ich dann auch gleich am darauffolgenden Tag mit Volker dem Deichläufer absolviert. Wir verbanden das Angenehme mit dem Praktischen und holten seinen roten Flitzer von der 10km entfernten Werkstatt ab. Das war ein guter Trainingseinstieg nach meiner 10 tägigen Laufpause. Danach ging es zügig nach hause zum Kaffee trinken, Oma hatte extra gebacken, da kann man ja nicht Nein sagen…
Am Donnerstag früh stand dann Radtraining auf dem Programm. Über MapMyRun habe ich mir einen Rundkurs von ca. 40 km ausgetüftelt, der fast durchgängig auf Radwegen zu bewerkstelligen ist. Ja, ich gestehe, ich bin ein Radwegfahrer, auch wenn das in den Augen der sonstigen Radrennfahrern offensichtlich verpönt ist, nutze ich einen vorhandenen Radweg, wenn er nicht gerade mit Schlaglöchern übersäät ist.
Ich wollte mal sehen was im Flachen so möglich ist und stieg gleich ordentlich in die Pedale. Ein 35km/h Schnitt sollte ja möglich sein, ist ja so schön flach hier. Zu Anfang sah das auch noch ganz gut aus, aber mit zunehmender Streckenlänge hatte ich das Gefühl dass der Gegenwind massiv zunimmt. Das wunderte mich zwar ein bisschen da man an den Bäumen an denen ich vorbei zischte keinerlei Regung erkennen konnte.
–Hm, muss wohl so ein fieser Bodenwind sein, sehr selten-
Die letzten 10 Kilometer hing ich dann auch ganz gewaltig in den Seilen. Die Oberschenkel gingen ja noch, aber der Arsch und die Lendenwirbel schmerzten höllisch, ist doch mein Sitzapparat eher an bequeme Schreitischstühle gewöhnt als an schmale und harte Sättel.
Schlussendlich konnte ich die Runde mit einem knappen 30er Schnitt verbuchen. Naja, das, hätte auch ein bisschen schneller sein können, hätte ich nicht zweimal die Fortführung des Radweges auf der anderen Straßenseite suchen müssen.
Gleich nach der Rückkehr von der „Tour de Friesland*“ hat mir meine Frau gerade noch eine Dusche gegönnt, und dann ging es auch schon weiter zum gemeinsamen „Bummeln“ in die Oldenburger Innenstadt. Vor dem Gang durch die Innenstadt steht aber IMMER ein ausgedehnter Besuch der Oldenburger Stofftruhe auf dem Programm. Und ich hasse Stoffläden. Ich habe meine halbe Kindheit in solchen Stoffhöllen zugebracht. Während meine Mutter sich durch die Welt der Kurzwaren wühlte, zog meine Kindheit ungenutzt an mir vorbei. Und jetzt bin ich wieder an so einen Stoffjunkie geraten. Meist sind die Länden in schmucklosen und unattraktiven Räumen in noch öderer Umgebung untergebracht, und bieten dem gelangweilten Begleiter nicht mal einen Schemel, auf dem er auf Erlösung warten kann, weil alles zugestellt ist mit riesigen Tischen auf denen sich die Stoffballen türmen. Ich gehe da nicht mehr mit rein, allein beim Geruch dieser Läden (die übrigens alle gleich riechen) bekomme ich Ausschlag. Ich bleibe lieber draußen im Auto sitzen höre Radio und warte geduldig. Alles andere würde sich ungünstig auf den Fortbestand meiner Ehe auswirken.
Ich wartete also geduldig und bekam langsam Hunger. Das einzig essbare, das nach unserer Trans-Germany Tour noch im Auto verblieben ist, war eine halbe Packung „Saurer Erdbeer Spaghetti“. Nach dem ich die sauren Nudeln verputzt habe, leckte ich vor lauter Hunger noch die verbliebenen Säure-Brösel aus der Packung. Hunger hatte ich jetzt zwar noch immer, nun aber mit einem pelzigen Gefühl auf der Tsunge. Wie ich im Begriff bin, die Sitzritzen nach etwas essbarem zu durchforsten, erlöst mich endlich meine Frau.
„Super, ich muss SOFORT was essen…“ flehe ich.
Meine Frau unternimmt auch keinen Versuch mehr mich noch zu einem Abstecher bei XY zu überreden, sondern wir fahren direkt in die Innenstadt, suchen einen Parkplatz und schaffen es auch nicht mehr bis zur Stammkneipe, wo ich sonst alle zwei Stunden mein Einkaufs-Kräusen-Pils einnehme, um bei Laune zu bleiben. Wir steuern gleich einen Imbiss an, der von Außen einen ordentlichen Eindruck macht, das Mekado in der Lange Straße. Ich bestelle einen „Arabic Rollo“, etwas größeres konnte ich auf die schnelle nicht auf der Karte finden. Das kurze Warten wird mit einer ordentlichen Portion Rollo mit Arabic Soße, einem Salat und rotem Tomaten-Kräuter-Paprika Mus belohnt. Ich inhaliere förmlich den Rollo. Die Arabic Soße schmeckt ganz vorzüglich, auch wenn meine Tsunge noch immer etwas taub ist. Ich mampfe den Rollo mit großem Appetit. Meine Frau fragt irgendwann, ob es nicht zu scharf sei, ich verneine und mampfe weiter. Wenig später fragt sie mich ob wirklich alles in Ordnung sei. „Ja, wieso?“ „Du schwitzt!“ Und tatsächlich, ich habe Schweißperlen auf der Stirn, auch mein Haupthaar ist im Ansatz schon ganz feucht, es lösen sich die ersten Tropfen und laufen den Nacken hinunter. Weitere Tropfen folgen.
Komisch, ich spüre keine Schärfe, aber mein Körper spricht eine andere Sprache. Ich beginne mit der Serviette zu tupfen, aber das Fassungsvermögen ist schnell erreicht. Ich versuche die Geschmacksknospen meiner geschundenen, und offenbar verwirrten Zunge mit der roten Soße zu besänftigen, die ist sicherlich milder. Denkste…
Ich spüre nichts, aber meine Drüsen geben Vollgas. In kürzester Zeit habe ich mein T-Shirt durchgeschwitzt. Ich hatte angenommen, während meiner Ausfahrt schon genug geschwitzt zu haben, aber das sind wohl noch Reserven. Bisher trage ich ja nur während des Sports Funktionswäsche, dies sollte ich in Zukunft vielleicht mal überdenken. Zumindest wenn etwas fremdländisches auf den Tisch kommt.
Ich suche die Toilette auf, in der Hoffnung, dass ich mir zumindest unter dem Handgebläse die Haare trocknen kann. Aber die haben nur Papiertücher, diese dünnen Dinger, die in einem endlosen Schlauch aus dem Spender kommen. Ich tupfe ein bisschen, und überlege ob ich mir mit dem Papierschlauch einen Turban binden soll. Nicht dass ich mich noch erkälte…
Nachdem ich mich notdürftig trocken gelegt habe, verlassen wir den Imbiss und steuern geradewegs den „Strohhalm“ an, die haben nämlich einen Handtrockner und außerdem Kräusenpils auf der Karte, mein Flüssigkeitsdepot muss schließlich wieder aufgefüllt werden.
Fortsetzung folgt…
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* Dank Volker weiß ich jetzt auch dass es sich keineswegs um die „Tour de Friesland“ gehandelt hat, da hätte ich wohl noch etwas weiter nördlich fahren müssen, sondern korrekterweise handelt es sich bei meiner Ausfahrt um die „Tour de Oldenburger Land“, hört sich dann aber etwas holprig an und der Wortwitz bzgl. der Ähnlichkeit zur „Tour de France“ geht dann natürlich auch in die Binsen. Aus bayerischer Sicht ist das eh alles „Preißn“..
Aber ich möchte ja hier keine Unwahrheiten verbreiten, daher: Das Gebiet um Oldenburg heißt „Oldenburger Land“.
Ich schreib das jetzt 50 mal… (aber nicht hier)