Archive for Februar 2011

Während andere Läufer am Wochenende beim dritten Teil der Münchner Winterlaufserie Ihre Runden im Olympiapark gedreht haben, habe ich meine Startnummer verfallen lassen und bin lieber mit einem Freund zum Höhentraining nach Österreich gefahren. Am Samstag stand bei bestem Wetter Skifahren in Gargellen auf dem Programm. Sonntag früh zollte ich den Belastungen der letzten Wochen Tribut und schlief bis 11 Uhr. Da das Wetter eher trübe war, beschloss ich die Ski im Keller zu lassen und habe lieber nach einem ausgiebigen Frühstück um 15:00 Uhr die Laufschuhe geschnürt.

Lag es an der Höhe (1200 Meter) oder am Höhenprofil, ich habe die ersten Kilometer gepumpt wie ein Maikäfer, vor allem als ich auf einem abschüssigen, vereisten und dann leicht zugeschneitem Weg, unter einheimsen der Höchstnoten, eine Rutschpartie der Extraklasse hingelegt hatte. Da hätte ich gerne die Slomo gesehen, da war alles dabei … Eleganz, Körpergefühl, Grazie. Alles zusammen wäre um ein Haar ins nah gelegene Bachbett geplumpst.

Nach 5 km platzt bei mir dann meist der Knoten, und ich hätte noch den ein oder anderen Höhenmeter drangehängt, da aber mein Freund um 19:00 Uhr wieder in München sein wollte, habe ich nach 8 km Schluss gemacht. Hätte ich geahnt, dass sich unsere Abfahrt etwas verzögern sollte, hätte ich wenigstens die Zehn voll gemacht.

Nachdem ich geduscht hatte, wurde das Auto für die Abfahrt fertig gemacht. Da in der vergangen Nacht schon Schneefall angesagt war, parkte ich den Wagen relativ knapp an einer Böschung, damit der Schneepflug vorbei kann. Wie sich herausstellen sollte, parkte ich ZU knapp an der Böschung, denn beim Ausparken blieb ein Hinterreifen an einer Wurzel hängen und es ging ab jetzt weder vor noch zurück.

–erstes Beratschlagen-

OK, die Reifen drehen durch, dann müssen Ketten drauf. Leider hatte diese Aktion zur Folge, dass sich der noch freie Reifen schön tief in das Kiesbett der Schotterstraße eingefressen hat. So – jetzt steckten wir definitiv fest.

–zweites Beratschlagen-

Der Nachbar muss uns rausziehen, das kostet mich zwar minimum ein Kasten Münchner Augustier, und ich werde mir die nächsten Jahre bei jeder Gelegenheit Spott und Hohn über die Stadtleute anhören müssen, aber es hilft ja nix…

Wie gerufen, kommt der Nachbar auch schon den Kiesweg angerauscht. –kann der Hellsehen?- Nein, der muss ein Familienmitglied mit einem Allergischen Schock ins Krankenhaus bringen… -Na, da will ich mal nicht so sein, Gesundheit geht vor…-

-drittes Beratschlagen-

Wir gehen zum Bauern in der Nachbarschaft, und bitten den um Hilfe, da muss ich dann wohl auf den Kasten Bier noch Münchner Weißwürste drauflegen und es bekommt dann definitiv die gesamte Gemeinde mit, aber was soll‘s, so oft komme ich ja nicht hierher. Der Bauer hat aber keine Zeit, da er gerade beim Melken ist, und nicht weg kann, aber er leiht uns einen vernünftigen Wagenheber.

-weiteres Beratschlagen-

Wagen hochbocken, die Reifen (auf beiden Seiten) mit stabilem Material  unterfüllen, und vorsichtig aus dem Schlamassel fahren. – so der Plan-

Nach 4 Stunden und 30 Minuten waren wir dann soweit, der Wagen war wieder frei.

Im dichten Schneetreiben gings dann zurück nach München. Das Positive, der sonst übliche Stau am Pfändertunnel hat sich längst aufgelöst, und wir kamen staufrei, aber leicht verspätet um Mitternacht in München an.

Ich bin total im Arsch, meine Fitness, sollte ich jemals eine gehabt haben, ist total im Eimer. Ich bin jetzt zwei Wochen nicht gelaufen. Nicht dass ich nicht gewollt hätte, ich war auch nicht krank, nein, es lag auch nicht am übermächtigen Schweinehund. Die Diagnose lautet: Workoverload.

Die einzige nennenswerte Bewegung hatte ich Freitagmittag. Zwischen zwei Terminen, suchte ich ein schwedisches Möbelhaus auf, da ich für ein Projekt, vier große und bezahlbare Schreibtische brauche.

Da ich im Süden Münchens zu tun hatte, suchte ich die Filiale in Brunnthal auf, ein für mich neues Trainingsgelände. Die Parkplätze sind dort in unmittelbarer Nähe zum Parkour, und zwar direkt im EG der „Turnhalle“. Am Eingang holte ich mir noch ein „Leihprospekt“ um schon mal ein Blick auf die Strecke zu erhaschen, bzw. mein Ziel zu lokalisieren. Dann ging es los, fliegender Start. Mein Ziel, die Büroabteilung. Der Weg dorthin geht zunächst durch die Wohnzimmerabteilung, dann durch die Schlafzimmer. Mit forschen Schritten stürme ich durch die Gänge, immer darauf achtend, die langsam schlendernden „Beutel-Tiere“ nicht anzurempeln. Manche Teilnehmer zeichnen sich dadurch aus, dass sie spontane Seitwärts-Ausfallschritte machen, um daraufhin irgendwelche „praktischen“ Kleinteile in Ihre blauen Beutel zu stopfen. Der Parkour ist ziemlich verwinkelt gesteckt, in den Spitzkehren stauen sich die bummelnden Teilnehmer, hier wähle ich lieber die schnellere Außenbahn um unbeschadet durch diese Nadelöhre zu kommen. Relativ früh erreiche ich mein erstes Etappenziel, die Büro Abteilung, schnell scanne ich die Ausstellungstücke, -Nix brauchbares dabei-, alles nur Kinderschreibtische mit maximal 160 cm x 80 cm, ist halt doch nur was für Studenten und Singles in winzigen Wohnungen-. Also weiter zum Ausgang. Wie ich feststellen sollte lag der längere Abschnitt noch vor mir. Ich kämpfe mich durch das Schranklabyrinth, vorbei an Billy, Ivar, und Co. Mein Outfit ist nicht ganz Wettkampftauglich, den Wintermantel hätte ich im Auto lassen sollen, die Schweißränder unter den Achseln wachsen zu Suppenteller großen Flecken an. –Weshalb gibt es eigentlich keine Funktions-Business Hemden?- Auf der Hälfte der Strecke ist die Verpflegungsstelle, ich blicke auf die Uhr, -habe ich soviel Zeit?- Mein Magen schreit „ICH WILL FLEISCHBÄLLCHEN“, also reihe ich mich in die Schlange ein, und entscheide mich spontan doch für eine Seezunge gefüllt mit Brokkoli und Beilagensalat. Wie ich später feststellen muss, eine recht eigenartige Kombination, aber was soll man erwarten von einem Volk, das Hauptsächlich für sein Knäckebrot und Möbeln aus Demselbigen bekannt ist. Mein Magen schmollt, „ich hab‘s ja gleich gesagt…“, Keine Zeit für weitere Diskussionen, was auf den Tisch kommt wird gegessen…

Weiter geht’s zum zweiten Abschnitt, „die Markthalle“… Irgendwo muss hier doch die Abzweigung zur verkürzten Strecke sein, aber ich finde die (geheime) Abkürzung nicht, also muss ich weiter, vorbei an Krabbeltischen angefüllt mit Kerzenständern, Tassen, und sonstigem  Deko-Krempel, anschließend durch die Hochregale des SB-Marktes, entfernt sehe ich die rettende Kassenlinie, ich beschleunige nochmals meinen Schritt, und schaffe es, in einer nie dagewesenen Durchgangzeit den IKEA-Brunnthal zu durchlaufen. Ungläubig starrt mich das Kassenpersonal an, als ich die Kassenlinie ganz ohne Kerzenständer, Teelichter, Tassen oder Badezimmervorleger überquere. Gestandene Männer, beladen mit den vollen Einkaufstaschen Ihrer Frauen nicken mir anerkennend zu. Jetzt hätte ich mir eigentlich einen Hot-Dog als Zielverpflegung verdient…, aber ich muss weiter, der nächste Termin wartet schon.

Jetzt muss ich nur noch meiner Frau beichten, dass ich bei IKEA war, und Ihr keine Teelichter mitgebracht habe, und dabei geht doch der 5 kg Vorrat im Keller langsam zur Neige.