Archive for April 2011

Es ist nicht zu fassen, ich habe null Orientierungssinn! Ich frage mich wie ich sonst  nachhause finde. Über Ostern war Familie –timekiller- bei Freunden in der Nähe von Kehl am Rhein in der Oberrheinischen Tiefebene eingeladen.  Damit die Feiertagsvöllerei nicht zu sehr auf die Form schlägt, verordnete ich mir am Sonntagmittag eine Laufeinheit. Der Gastgeber bevorzugte die Kalorien durch ein Schläfchen im Liegestuhl zu bezwingen, so zog ich alleine los. Laufschuhe hatte ich zur  Sicherheit ja mal mitgenommen, allerdings habe ich meinen Garmin zuhause gelassen.  Da der Rhein in der Nähe ist, bietet es sich an, dort auf dem Deich bis Kehl und zurück zu laufen, das wären so geschätze 10 km.  Auf der Karte sah das alles ganz einfach aus, stellte sich jedoch aufgrund des Straßenwirrwarrs des Neubaugebietes als komplizierter heraus als ich dachte.

Ich habe mich natürlich komplett verlaufen, und anfänglich nicht mal den Rhein gefunden.  Bei der wohlgemeinten Wegbeschreibung sind mir wohl ein  paar „Rechts/Links“ durcheinander gekommen, sodass ich in der völlig falschen Richtung Deutschlands längsten Fluss suchte.  Es war wie verhext. Es war Mittag,   die Sonne stand hoch am Himmel, rechts Berge, links Berge, aber was ist jetzt der Schwarzwald und was die Vogesen sind, konnte ich beim besten Willen nicht sagen. Ich hatte total die Orientierung verloren.

Da der Weg das Ziel ist, beschloss ich einfach  weiter zu laufen, ist ja im Grunde egal wohin. Zwischen zwei Ortschaften wurde ich sogar von einem einsamen Rennradfahrer gegrüßt, wahrscheinlich hatte der sich auch verfahren. Sonst habe ich auf der gesamten Strecke keinen einzigen Fußgänger getroffen, den ich hätte fragen können.  Und irgendwann war ich offensichtlich so weit vom eigentlichen Ziel entfernt, dass ich mich nicht mehr getraut habe zu fragen, außerdem fragen Männer nicht nach dem Weg…

In der Hoffnung, dass zumindest ein Quäntchen Restorientierung in mir schlummert, habe ich versucht  meine Tour so zu gestalten, dass ich einen großen Kreis laufe und Hin/Zurück Abschnitte vermeide. Ob mir das gelingen würde war ich mir bei der gesamten Einheit nicht wirklich sicher.  In Gedanken habe ich mich schon vom Taxi nachhause chauffieren sehen.   Nach 90 Minuten und vermutlich ca. 16 km war ich wieder zurück im beschaulichen Neubaugebiet und habe dann noch 5 Minuten nach dem richtigen Haus gesucht.

Am Schluss hatte ich  sogar noch den Rhein gefunden, und habe zumindest noch eine kleine Schleife über den Deich eingebaut, damit ich wenigstens sagen kann, „ja, klar war ich am Rhein, alles kein Problem!“

Ich laufe, also schwitze ich. Aber ich schwitze ganz besonders. Nicht etwa dort wo man vermuten würde, nein, ich schwitze hauptsächlich am Kopf. Dort wo andere Haarwurzeln haben, habe ich Schweißdrüsen, daher auch  die spärliche Frisur. Würde ich keine Kappe aufsetzen würde es wahrscheinlich nur so aus mir raus sprudeln, ich bin quasi ein laufender Geysir. Auf der letzten Marathonmesse habe ich mir zwei Funktionsmützchen gekauft, da meine Baumwoll Kappen schon ziemlich versifft waren.

Nun scheint jedoch die HightecTextilie meiner Schweißproduktion nicht gewachsen zu sein, sodaß ich  nach wenigen Kilometern tropfe wie ein Kieslaster.

Wahrscheinlich verursache ich durch meine Geschwindigkeit nicht genug Fahrtwind, sodaß die Suppe nicht schnell genug verdunstet  und sich so  am Schild sammelt und von dort in großen Tropfen das Weite sucht. Wäre ich auf der Flucht, ich hätte keine Chance zu entkommen, da man nur dem Rinnsal  folgen müsste den ich hinterlasse.

Im Frühjahr, jetzt, wenn  die Temperaturen steigen, mutiere ich regelrecht zum Transpirator. Zum Glück verdunstet nun auch mehr und so  bilden sich neben den Tropfen nun auch noch lustige Salzkristalle auf der Mütze.

Es nähert sich ja nun Ostern, und meine Kleine feilt schon seit Wochen an Ihrem „Wunschzettel an den Osterhasen“. Unter anderem steht da auch der  Experimentierkasten „Kristalle züchten“ vom Kosmos Verlag drauf. Da Ostern nicht Weihnachten im Frühling ist, spiele ich mit dem Gedanken für das verzogene Gör einfach meine Laufmützen zu verstecken.

Wenn ich jetzt noch mit Rotebeetesaft und Spinat experimentiere, vielleicht werden die Kristalle ja dann auch noch bunt? Versuchen kann ich es ja mal!

Ob Sie sich wohl freut?

Es geht nichts über eine gute Vorbereitung. Und da gehört nicht nur das Training dazu. Das musste ich letzten Samstag schmerzlich erfahren.  Am Samstag fand der Forstenrieder Volkslauf des Fürstenrieder Sport Clubs statt.  Das Wetter versprach ideal zu werden, und so freute ich mich die ganze Woche auf diesen Lauf quer durch den Forstenrieder Forst.

Mein Trainingszustand ist derzeit so lala, da meine rechte Wade noch immer ein bisserl rumzickt,  habe ich unter der Woche ein bisschen getapert und habe vor dem Lauf drei Ruhetage eingelegt.

Der Start für die 10km Distanz war auf 14:15 angesetzt, für mich eine ideale Zeit (eigentlich). Da ist genug Zeit die Tochter noch bei Freunden abzuliefern, da die Gattin zum „Eis essen“  nach Dubrovnik  geflogen ist.

Herrlich ein freier Samstagvormittag – Jetzt sollte man allerdings nicht den Fehler machen seine Mails zu checken, um festzustellen, dass in der Buchhaltung mal wieder das reine Chaos zu herrschen scheint.  So kommt es, dass der Vormittag wie nix verpufft, und der Termin für die angesetzte Abfahrt schon leicht überzogen wurde. Schließlich ist der Lauf diesmal nicht in der Nachbarschaft, sodaß ich das Auto bemühen muss, und bei einer Veranstaltung mit ca. 1500 Teilnehmern herrscht traditionell  Parkplatznot.   Zum Glück hatte ich schon am Vorabend meine Laufsachen zusammengelegt, und diesmal auch die Pulsuhr  und den Champions-Chip gleich in die Tasche gepackt.

So fahre ich nach Fürstenried zur Sportanlage an der Herterich Straße wo der Volkslauf in den letzten Jahren stattgefunden hat. Schon beim Parkplatz suchen, schwant mir, dass da was nicht stimmen kann.  Kein erhöhtes Verkehrsaufkommen rund um die Anlage, kein Park Chaos, keine Läufer zu Fuß?  -Da ist was faul-! Verdammt, in der Bestätigungsmail die ich in der Woche bekommen habe stand irgendwas, dass die Startnummernausgabe diesmal an anderer Stelle sei. Dass der komplette Lauf an einem anderen Ort stattfindet, damit hätte ich jetzt nicht gerechnet.

Na, das kommt davon, wenn man seine Mails nur überfliegt.  Hier ist der Start jedenfalls nicht. Ich gehe in die Vereinsgaststätte, um zu fragen wo denn dieses Jahr der Lauf stattfindet. Dort herrscht aber rege Aufregung, da 1860 gerade mit 2:0 gegen Cottbus auf der Großleinwand in Führung gegangen ist. Von einem Volkslauf weiß man dort nix. – Scheiße-

Meine Ortskenntnis in Fürstenried hält sich in Grenzen, ich habe keine Ahnung wo der Start stattdessen  sein könnte.  Handy mit Browserfunktion habe ich auch keines, da bin ich altmodisch. Ich brauche ein Handy mit langer Akkulaufzeit, mit den Smartphones muss man ja fast täglich an die Box, das ist nix für mich. Jetzt könnte ich so ein Dingens allerdings gut gebrauchen.

OK – , ich rufe meinen Spezi B. an, ein wahrer iPHONE Evangelist. Ich erwische ihn auf „Montage“ und er ist sichtlich genervt, sein Kunde hat übers Internet eine Küche bestellt, und jetzt  passt natürlich nix zusammen. Nach ca. 2 Minuten kann ich seine Unmutsäußerung unterbrechen und bitte Ihn um den Gefallen, mal im Internet nach zu sehen  wo mein Volkslauf los geht. Jetzt muss ich mir natürlich noch 5 Minuten einen Vortrag über die Vorzüge eines iPHONES anhören… dazwischen kommt die Info, die ich brauche… – ja, danke, ich rufe Dich nachher zurück-, ich muss mich beeilen, ich habe noch 30 Minuten zum Start, bzw. 15 Minuten um meine Startnummer abzuholen…

An neuer Wirkungsstätte  herrscht dann das befürchtete Park Chaos. Ich suche ewig einen freien Parkplatz in der umliegenden Wohngegend.  Ich sehe das  mal positiv, dass ich in ca. 2 km Entfernung schließlich ein Parkplatz finde, schließlich wollte ich mich ja auch noch warmlaufen. Um kurz vor 14:00 bin ich schließlich bei der Startnummernsaugabe, die bereits im Begriff ist einzupacken.

Vor lauter Hektik reiße ich mir dann noch  den halben Fingernagel  des rechten Mittelfingers ab, als ich versuche die Druckknöpfe meines Startnummernbandes zu lösen. -Argh- Der Nagel, oder das was davon übrig ist blutet, ich kann doch kein Blut sehen, jedenfalls nicht mein eigenes…

Also noch schnell bei den Kollegen der Bergwacht vorbei, und ein etwas dilettantischen Fingerkuppenverband abgeholt. –hoffentlich passiert bei der Veranstaltung nicht mehr- Na, die nächste Stunde wird’s schon halten.

So, und wohin jetzt mit dem Autoschlüssel? Da das Wetter so wunderbar ist, bin ich nur mit der kurzen Tight unterwegs, die hat allerdings nur ein Minitäschchen in Form eines Säckchens ohne Reißverschluss, da geht gerade mal mein kleiner Creative MP3 Player rein.  Mein Armband-Täschchen für diesen Zwecke (mit Traubenzucker) habe ich natürlich auf dem Rücksitz liegen lassen.

Ich habe keine Lust den Schlüssel  eine Stunde in der Hand zu halten, also stopfe ich Ihn zu dem MP3-Player ins Säckchen. Die Öffnung des Täschchens verschließe ich mit einer Sicherheitsnadel, und stopfe das ganze noch zur Sicherheit in meine Unterbuxe. Sicher ist sicher, ich habe keine Lust später im Forst mein Schlüssel zu suchen. Ungünstigerweise befindet sich die Tasche auf der Vorderseite der Hose, sodaß sich nun im Lendenbereich  eine ziemliche Beule abzeichnet. -Scheiß drauf-, ich versuche die vermeintliche Hasenpfote durch mein T-Shirt ein bisschen zu kaschieren.  Für weitere Modellierungsmaßnahmen habe ich allerdings keine Zeit, da bereits zur Startaufstellung gerufen wird.  Ich stelle mich in den 4:30 – 5:00 Block. Bei einer  Nettozeitnahme  besteht kein Grund zum Drängeln.

Der Startschuß fällt und ich lasse mich mit dem Feld mitziehen.  Die ersten drei km laufen ganz gut, bei  km 4 passiere ich die Verpflegungsstelle ohne etwas zu trinken. Einen 10er kann man locker ohne Boxenstopp laufen, trotzdem bekomme ich Seitenstechen, das habe ich sonst nur, wenn ich unterwegs was trinke. Ich drossle etwas die Geschwindigkeit und konzentriere mich auf die Atmung. Das Seitenstechen hält an, als weitere Maßnahme versuche ich das Seitenstechen zu  ignorieren. Bei km 6 zieht ein kleiner Junge an mir vorbei.  Hallo? Der ist ja noch keine  Zehn… Ich hänge mich an den Rennzwerg. Windschatten habe hier natürlich keinen.  Bei km 7 bricht mein Pacemakerchen etwas ein, und ich laufe weiter mein Tempo. Bei km 8 holt er mich wieder ein und kann sich sogar etwas absetzen. Warte Bürschchen, du kennst meine –timekiller-Rakete noch nicht.  Bei km 9 sind wir wieder gleich auf und wir laufen eine Zeit lang im gleichen Tempo.  Er grinst und ich keuche. Schließlich siegen dann doch die größeren Schritte und ich kann Ihm bis ins Ziel noch ca. 30 Sekunden abnehmen.  Im Zielbereich warte ich auf den Knirps und beglückwünsche Ihn zu seiner super Leistung und frage Ihn nach Name und Alter. Simon, 11 Jahre,  und damit, mit Abstand der jüngste im Feld, verdient  meinen allergrößten  Respekt. Weitere Läufer, die der kleine abgehängt hat, klopfen Ihm anerkennend auf die Schulter.

Ich hole mir bei der Zielverpflegung ein paar Getränke und etwas Obst und genieße die Atmosphäre. Da spricht mich ein Läufer an, den ich letzes Jahr beim Westparklauf kennen gelernt habe.  Es entwickelt sich ein Gespräch wie es nur unter Läufern stattfinden kann. Innerhalb kürzester Zeit lässt jeder sein läuferisches Jahr revue passieren und  macht den anderen auf schöne Läufe, Strecken und Erfahrungen aufmerksam.  Ich liebe solche Unterhaltungen…

Ach ja, was kam eigentlich bei meinem Lauf raus, mit 48:36 habe ich meine PB deutlich verpasst, aber das war  auch gar nicht angestrebt, ich bin erneut unter 50 Minuten gelaufen, und das ist nach dem turbulenten Vorgeschichte ganz ordentlich.