„Obwohl“ oder „Trotzdem“?

Dienstag, März 15, 2011

Am Sonntag stand der 12. Westparklauf in München auf dem Programm. In den letzten Jahren hätte der Lauf eigentlich als Crosslauf herhalten können, hatte es doch immer kurz vorher nochmals ordentlich geschneit und man ist die 2 Runden über Schnee und Eisplatten geeiert.

Auch diesmal habe ich eigentlich damit gerechnet, dass es nochmal so richtig kalt wird und dass spätestens Sonntags früh um 8:00 Uhr mindestens 10 cm Schnee liegt.

Aber diesmal hatten wir Glück, kein Schnee, kein Eis und angenehme 10°C.

Ich hatte mir für den Lauf nichts Spezielles vorgenommen, vielleicht schneller sein als die Vorjahre, -OK-, aber eine PB war nicht anvisiert. Die Strecke ist nicht Bestzeitentauglich, da beißen sich auch die Profis Ihre Zähne aus. Der Streckenrekord von 31 Minuten besteht schon seit einigen Jahren.  Das tückische an der Strecke ist der wellige Verlauf. Die Strecke hat einige Steigungen, die zwar alle nicht dramatisch sind, aber gerade der Anstieg zur Ringbrücke die bei 2 Runden viermal überquert werden muss, kostet doch ein paar Körner.

Vor dem Lauf war ich leider nicht ganz bei der Sache. Da ich für ein Projekt noch einen Mietwagen abholen musste, war ich gedanklich mit anderen Dingen beschäftigt, und war beim Packen meiner Laufsachen etwas nachlässig, sodaß ich zwar den Pulsgurt umgeschnallt, den Laufchip an den aktuellen Schuh gefummelt habe, aber in der Aufregung den Garmin im Bad habe liegen lassen. Das ganze habe ich natürlich erst Vorort bemerkt, als ich um 9:00 Uhr die Startunterlagen abholen wollte.

-Was tun?-

Noch 45 Minuten bis zum Start!

Zurückfahren und Garmin holen?

Könnte von der Zeit her klappen, aber dann kann ich das Warmlaufen abhaken.

Da ich nicht besonders scharf darauf bin mit einem gemieteten Lieferwagen quer durch die Stadt zu jagen, zu dem das Gefährt etwas größer ausgefallen ist, wie das, was ich eigentlich reserviert hatte, beschließe ich ohne meinen Forerunner zu laufen.

Ist ja auch mal eine interessante Erfahrung, ganz ohne technisches Hilfsmittel zu laufen, rede ich mir ein.

Also habe ich in aller Ruhe meine Startunterlagen abgeholt, und habe mich locker im Park warm gelaufen. Kurz vor dem Start habe ich mich dann brav im Startbereich eingefunden, um dann zu erfahren, dass der Start verschoben wird, angeblich da es heuer so viele Nachmeldungen gibt.

Also ist Warten angesagt, da nicht bekannt ist, wann der Start erfolgen wird, stand das Läuferfeld relativ undynamisch rum.

–Hm, war das letztes Jahr nicht auch schon so? Ich verstehe das nicht, der Lauf ist lange genug bekannt, und selbst wenn ich ein Spätentschlossener bin, komme ich halt ein bisschen früher, und nicht erst 10 Minuten vor dem Start. Bei anderen Laufveranstaltungen ist die Nachmeldung bis maximal 1 Stunde vor dem Start möglich, da hat die Zeitnahme dann auch noch genug Zeit die neuen Läufer ins System zu klopfen. So warten jetzt über 500 Läufer auf die Nachhut.

Um kurz nach Zehn war es dann soweit, die Startfreigabe von der Zeitnahme war erteilt, jetzt musste nur die Meute wieder eingefangen werden, die sich kurz zuvor zum erneuten aufwärmen in alle Himmelsrichtungen zerstreut hatte.

Um 5 nach Zehn fiel dann endlich der Startschuss, auf meiner analogen Armbanduhr startete ich die Stoppuhr, in der stillen Hoffnung während des Laufes auf dem winzigen Ziffernblatt der Stoppuhr wenigstens die die Kilometerzeiten ablesen zu können.

Quelle: www.westparklauf.de

Ich ließ mich locker vom Feld mitziehen. Die erste Steigung an der Ringbrücke kommt noch innerhalb des ersten Kilometers, noch bin ich frisch und kann einige Läufer überholen. Macht sich das Hügeltraining am Rangierbahnhof doch bezahlt? Nach einem Kilometer kann man aber noch nicht viel sagen. Auch am Ende von km 2 gibt es eine kleine Steigung, hoch zum Rosengarten, bzw. dem dort gelegenen Biergarten. Ich habe keine Ahnung wie schnell ich bin, und versuche auf meiner Uhr was zu erkennen… -Ne, nix zu machen-. Kilometer 3 endet wiederum mit dem erneuten Anstieg zur Ringbrücke. Aber wo es hoch geht, geht es auch wieder runter, zumindest auf einem Rundkurs :-), ich versuche beim Abstieg weiter Tempo zu machen, und mich nicht etwa auszuruhen. Kilometer 4 (und 9) ist wohl der schnellste auf dem Kurs da lauert keine Steigung. Kilometer 5, am anderen Ende des Parks, hat wieder eine leichte Steigung. Ich merke, dass meine Kräfte nachlassen, war mein Programm diese Woche doch zu anspruchsvoll? Am Dienstag 17 km und am Donnerstag flott über 10km. Rächt sich das jetzt? Ich versuche etwas langsamer zu werden. Einige Läufer, die ich vorher überholt hatte holen mich jetzt ein, ich habe fast das Gefühl ich stehe. Kurz spiele ich mit dem Gedanken nach der Runde das Rennen zu beenden. Aber wer wird denn aufgeben? Ich habe mich für einen 10km Lauf  angemeldet, also läufst du jetzt auch 10km. Notfalls wird die zweite Runde einfach etwas langsamer, aber aufgeben ist keine Option.

Im Start/Zielbereich habe ich gehofft dass ich da ein Blick auf die Wettkampfuhr erhaschen kann,  aber da gab es nicht mal eine Zwischenzeiten-Matte. Sonst ist mir das ja egal, aber ich hätte schon gerne gewusst wo ich liege. Ich hatte überhaupt kein Zeitgefühl, den letzten Kilometer bin ich doch ziemlich eingebrochen. Ich versuche nochmals einen Blick auf meine Uhr. –Nix zu erkennen-  Der Minizeiger (ca. 5mm) wird ausgerechnet vom Stundenzeiger überdeckt. –könnte irgendwas um die 25 Minuten sein-

Vielleicht doch zu schnell angegangen? Wäre ja nicht das erste mal. Es wartet erneut die Steigung am Ring, jetzt nicht aufgeben, in Gedanken peitsche ich mich die Brücke hoch, den ein oder anderen, den ich hier überholen kann, kommt mir bekannt vor. Bei km sieben am Biergarten bin ich schwer am japsen. Mein Puls ist wahrscheinlich schon lange durch die Decke gegangen…

Der letzte Anstieg zum Ring, dann ist der Drops gelutscht. Auf Kilometer neun versuche ich  etwas Kraft für den Schluss-Spurt zu sammeln. Ca. 500 Meter vor dem Ziel zünde ich dann die -timekiller-Rakete. Ich quetsche alles aus meinen müden, völlig leergesaugten Muskeln, ich kann noch ein paar Plätze gut machen, dann stürme ich auch schon über die Zielmatte. Hoffentlich wurde da jetzt auch mein Chip ordentlich registriert.

Nachdem ich mir einen warmen Multivitamin Saft geholt hatte, warf ich einen genaueren Blick auf meine Uhr. Selbst jetzt kann ich nicht genau erkennen wie lange ich gebraucht habe. 49 Minuten? Oder doch vielleicht nur 48 Minuten? Schwer zu sagen. Jedenfalls scheint es unter 50 Minuten zu sein, und damit habe ich mein Ziel, schneller als im Vorjahr zu sein, deutlich übertroffen. Letztes Jahr brauchte ich für die Strecke 51:43 Minuten.

Am Abend als ich dann online die offizielle Ergebnisliste gecheckt habe, war ich dann doch freudig überrascht, als ich mein Ergebnis las:

47:45 min.

Das ist PB, und das auf dem anspruchsvollen Westpark Kurs. Da schau an!

Ist jetzt nur die Frage, wäre das mit Pulsuhr auch so gelaufen?

19 Comments

  1. Ich wiederhole mich: Aber so wie due die Teilnahme an Wettbewerben schilderst bist du vom Anfang bis zum Schluss live dabei!
    Interessant ist wieder einmal festzustellen, wie sich unser Körper auf die erforderliche Leistung einstellt. Und man möchte meinen, ohne Uhr bessere Zeiten laufen zu können. Ich selbst habe es noch nicht probiert, aber anhand deiner Schilderung und die aus anderen Laufblogs wäre ein Versuch meinerseits reizvoll!?
    Gratuliere jedenfalls zu der Bestzeit!

    1. timekiller sagt:

      Naja, ich werde das Experiment jedenfalls nicht nochmals (freiwillig) wiederholen. Mit Uhr fühle ich mich schon wohler.

      Grüße -timekiller-

  2. Laufhannes sagt:

    Das Laufen ohne Uhr hat Vor- wie Nachteile. Man ist entspannter und steht vielleicht nicht so unter Druck – für einen konzentrierten „großen Wurf“ fehlt aber die wichtige Tempokontrolle.

    Für dich hat sich das Ganze aber definitiv zum Guten gewendet. Mit so einem Ergebnis in der Tasche lässt es sich gut leben – Glückwunsch!

    1. timekiller sagt:

      Das sehe ich ähnlich, für eine Wettkampf Taktik braucht man einfach eine Kontrolle. Nicht umsonst hätte ich beinahe das Handtuch geworfen, weil ich es halt unkontrolliert angegangen bin. Wenn ich alleine Laufe kann ich mein Tempo eigentlich ganz gut einschätzen. Bei einem Laufevent herrschen aber scheinbar andere Gesetze, da läßt man sich doch eher mal mitreißen.

      Aber ich bin wirklich zufrieden mit meinem Lauf, so kanns weitergehen…

      Grüße -timekiller-

  3. Henrik sagt:

    Die timekiller-Rakete gezündet und Bestzeit gelaufen – Glückwunsch!

    Dieses Geblabber von der „nicht Bestzeit-tauglichen Strecke“ vergessen wir mal, es stimmt offensichtlich nicht. Du hast es schön umschrieben, es ist „wellig“, aber die Steigungen sind eher moderat und ziehen sich in die Länge.

    Dass später gestartet wurde, lag wohl nicht an den Nachmeldungen, sondern an Problemen mit der Zeitmessanlage. Das war schon etwas peinlich.

    Dieses unsägliche Bild von der Strecke könnte der TSV langsam mal überarbeiten. Es ist übrigens verdreht, 180° drehen, dann passt es.

    Keep on running!

    1. timekiller sagt:

      Na, ich glaube dass die Steigungen schon ein bisserl bremsen. Du bist ja im Westpark zuhause, da fällt Dir das gar nicht mehr auf…
      🙂
      Grüße -timekiller-

  4. Evchen sagt:

    So Überraschungsbestläufe sind eine feine Sache und pushen nochmal zusätzlich für das kommende Trainingsziel, gell? 😀 Ab und an mal so und ab und an mal so. Hat doch gepaßt. Ich glaube dennoch nicht, daß Du deswegen den nächsten lauf bewußt ohne Forerünnerchen angehen würdest. Ich würde es nicht. 😉

    1. timekiller sagt:

      Ne, hast schon recht, das nächste mal gehe ich wieder mit voller Ausrüstung an den Start.
      Grüße -timekiller-

  5. ultraistgut sagt:

    Das sind Läufergeschichten, die mir am besten gefallen, weil ich nur auf dieser Schiene sehr gut gefahren bin, stehe in dieser Hinsicht ziemlich alleine unter Bestzeit-Aspiranten.

    Zeigt sehr eindrucksvoll, dass es auch ohne geht, wovon ich schon lange fest überzeugt bin !

    1. timekiller sagt:

      Klar geht es ohne, habe ich ja jetzt gesehen… Aber mit Uhr fühle ich mich dennoch besser.
      Wenn ich einmal so viel Lauferfahrung wie du gesammelt habe, dann würde ich wahrscheinlich auch nach Gefühl laufen, aber bis dahin muss ich noch lange und oft laufen.

      Grüße -timekiller-

  6. Pierle sagt:

    Glückwunsch zu dem tollen Lauf!!!

    Ich hätte mich aber auch sehr „nackt“ gefühlt ohne Uhr. Aber sowas kann natürlich auch Vorteile haben. Man macht sich zwischendurch keine Gedanken, ob mal vielleicht zu schnell ist, weil man es einfach nicht weiß.

  7. LocalZero sagt:

    Und was sagt uns das wieder einmal:
    Laufen ist eigentlich ganz einfach 🙂

    Gratulation zur Bestzeit!

    Viele Grüße!
    Lars

    1. timekiller sagt:

      Hallo Lars, habe am Start so ein bisschen geschaut, ob Du vielleicht auch mit von der Partie bist. Startest Du dieses Frühjahr noch bei einem Lauf in München? Vielleicht beim Forstenrieder Volkslauf?

      Grüße -timekiller-

      1. LocalZero sagt:

        Nönö, ich war am Westparksonntag in Frankfurt (und bin dort so richtig beim Halbmarathon eingegangen 😉 )

        Forstenried ist diesmal am Samstagnachmittag, oder? Wenn es terminlich passt, bin ich da sicher mit dabei – ansonsten am Sonntag beim 10er in Augsburg. Ich rühr mich da nochmal per Mail bei Dir, ok?

        Viele Grüße
        Lars

        1. -timekiller- sagt:

          Soso, eingegangen in Frankfurt, unter 1:40 nennst du also eingegangen..

          Ja, stimmt, der Lauf ist dieses Jahr am Samstag. Start für den HM ist 14:00 Uhr, die 10km (also ich) gehen um 14:15 auf die Strecke.

          Grüße -timekiller-

  8. Supermario72 sagt:

    Erstmal – Glückwunsch! Super! Die Zeit kann sich doch schon mehr als sehen lassen!

    Aber – oje – was haben wir denn nur gemacht, als es noch keine Pulsuhren bzw. Uhren mit Paceüberwachung gab!?

    Ganz einfach – wir sind unseren Instinkten gefolgt und nach Gefühl gelaufen! Schnell fühlt sich eben einfach schnell an! 😉

    Wärst Du nicht mit der Garmin gelaufen, hättest Du wahrscheinlich bei KM5 schon wieder das Tempo rausgenommen, um am Ende bloß nicht „einzubrechen“. Dann wäre vielleicht mit Ach und Krach eine 49:xx herausgekommen und Du wärst nicht weniger kaputt gewesen.

    Wir machen uns immer mehr zu „Geiseln der Technik“. Aber ich laufe auch gern mit meinem „3’er Garmin“ am Arm! 😉

    Grüße aus Köln!
    Mario

    1. timekiller sagt:

      Ich denke Du meinst: „Wäre ich mit Garmin gelaufen…“ Ja, das könnte schon sein, dass man sich mit dem technischen Equipment eher zu stark abbremst und nicht an seine Grenze geht.

  9. Regenrenner sagt:

    Wow, was ne Zeit! Meinen Glückwunsch!

    Peter Greif würde jetzt triumphierend nickend, weil er ja immer wieder predigt, dass die Leute sich durch ihr technisches Equipment selbst zu sehr ausbremsen, und dass sie, wenn man sie ohne ebensolches losschickt, des öfteren eine überraschende Bestzeit laufen… und DU bist der lebende Beweis ;-).

    1. -timekiller- sagt:

      Da hat der Herr Greif vielleicht gar nicht so unrecht. Bei 10 km geht das auch noch, aber bei längeren Distanzen besteht einfach zusehr die Gefahr dass man am Anfang vor lauter Euphorie zu schnell angeht, und zum Ende hin böse einbricht, weil der Akku leer ist.
      So wie ich mich kenne, vergesse ich sicherlich auch mal bei einem HM die Pulsuhr, ich werde dann berichten.

      Grüße -timekiller-

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