In der Ruhe liegt die Kraft

Samstag, März 12, 2011

Ich bin ein Hochpulser, während andere bei moderatem Tempo nicht mal ins Schwitzen kommen, safte ich in kürzester Zeit mein Liebchen durch. Bei einem normalen Trainingslauf bin ich schnell in einem Bereich von 165 , wenn es etwas flotter dahin geht, sind’s 175. Und während eines Laufevents schaffe ich  locker einen 185er Schnitt. Beim letztjährigen Forstenrieder Volkslauf bin ich mit einem Spitzenpuls von 205 durchs Ziel, das hat dann doch auch mich erstaunt. Im Ziel habe ich ernsthaft überlegt, ob ich mich mit Kammerflimmern selbst reanimieren kann?  Aber mir ging‘s eigentlich ganz gut… , ich war halt ein bisserl außer Atem.

Da ich bisher keinen professionellen Trainingsplan verfolgte und nur so laufe wie ich gerade lustig bin, haben mich die Trainingsbereiche/Pulsbereiche in der Vergangenheit eigentlich nicht sonderlich interessiert. Ich habe mal in ein paar online Trainingsplänen reingeschnuppert, z.B. die Trainingspläne von MyAsics, aber die dort angegeben Trainingsbereiche bzw. Pulsregionen haben für mich nie richtig gepasst, da die max. HF dort in der Regel mit der Faustformel berechnet wird.

Im Herbst steht nun mein erster Marathon in München auf dem Programm, und ich denke für mein großes Ziel „Sub4“ brauche ich dann doch einen Trainingsplan. Vielleicht sollte ich im Vorfeld auch gleich noch eine professionelle Leistungsdiagnostik durchziehen, aber bis es soweit ist, habe ich für mich mal die maximale  Herzfrequenz auf 195 angesetzt. Mit dieser max. HF passen dann auch die Trainingsbereiche so einiger maßen.

Das definieren der Bereiche ist eine Sache, sie einzuhalten, eine andere.

Ich habe es bisher noch NIE geschafft ein geplantes GA1 Training auch in diesem Pulsbereich zu absolvieren. Spätestens nach 2 km befinde ich mich in GA2…und so geht es dahin…

Angestachelt von Sarahemily, die sich in Ihrem Training brav an Ihre Bereiche hält, und es auch nicht scheut von Walkern oder gar Fußgängern überholt zu werden, habe ich am Dienstag beschlossen dies nun auch mal zu versuchen. Nötigenfalls bleibe ich stehen, wenn ich meinen Trainingsbereich verlasse.

Faschingsdienstag, schönes Wetter, während die Kollegen zum bunten Treiben auf den Viktualinemarkt abgezogen sind, bin ich lieber nach hause und habe mich als Jogger verkleidet. Schnell noch eine Büttenrede auf den MP3-Player geladen und los ging‘s zum Projekt „GA1- 148 bpm“.

Als Versuchsparcour habe ich mir mal wieder die Strecke am Rangierbahnof ausgesucht. Die Strecke eignet sich mit dem welligen Verlauf ideal als Vorbereitung für den Westparklauf am kommenden Sonntag. Ob die Hügel mein GA1 Projekt gefährden wird sich zeigen…

Mein Garmin habe ich so eingestellt, dass er ab 148 bpm brummen soll. Das Piepsen habe ich sicherheitshalber ausgeschaltet.

Ich bin die Sache langsam angegangen um nicht gleich beim ersten Kilometer vom Garmin in meine Schranken gewiesen zu werden. Beim ersten Ampelspurt bin ich dann natürlich schon das erste mal über meine Schwelle gekommen, OK, das zählt nicht…

Die erste Steigung steht an, der Puls klettert und hat auf der Hälfte des Anstiegs die Grenze erreicht, ich versuche langsamer zu werden, aber ich stehe ja schon fast, der Puls steigt weiter, aber nicht mehr so schnell, oben angekommen bin ich bei 152 bpm, OK, geht noch, hier ist es flacher, danach geht es ein Stück bergab, da kann sich der Puls wieder beruhigen. Mein Schritte werden kürzer, ich tipple dahin, es ist fast ein tänzeln. So geht das über mehrere Kilometer. Ich fühle mich gut, auch wenn ich das Gefühl habe nicht von der Stelle zu kommen, ich könnte schneller, aber „Schnell“ steht heute nicht auf dem Programm. Ich fühle mich wie in einem Rennwagen mit dem man durch die 30er Zone tuckert…

-Das Erinnert mich an meine Zivi-Zeit. Ich war im Rettungsdienst beim DRK als Rettungsassistent. Manchmal kam es bei einem Einsatz vor, dass ich den NEF (Notarzt Einsatz Fahrzeug) zurück fahren musste durfte. Das NEF, war ein BMW 525i! Für mich, als BMW-Fan ein absoluter Traum, fuhr ich privat doch nur eine Reisschüssel, einen roten Toyota Starlet mit lächerlichen 54PS. Allerdings musste ich mit dem Einsatzfahrzeug langsam dem RTW (im Volksmund auch Krankenwagen genannt) folgen, und durfte nicht etwa vorrausfahren. Um dennoch in den Genuss der Pferdchen unter der Haube zu kommen, habe ich mich dann immer etwas zurückfallen lassen, um dann die Stabilität der Rückenlehnen durch beherztes Beschleunigen auf Ihre Stabilität hin zu testen.-

Bei km 5 werde ich aus den Gedanken gerissen, die Weggabelung fordert eine Entscheidung, wird’s die kleine oder die große Runde? Da ich noch nicht mal in Ansätzen schwitze, wähle ich die längere Runde durch den Allacher Forst. Im Wald habe ich keine direkte Sonne mehr und es wird empfindlich frisch, ob ich doch etwas schneller laufen soll, damit ich nicht friere? -Nein, du ziehst das jetzt durch…-

Zurück an der Home-Base nach 15 km fühle ich mich tadellos und ich bin frisch. Ich habe das Gefühl ich könnte noch ewig so weiterlaufen. Drum wähle ich noch eine weitere Schleife von 2 km durch die Nachbarschaft. Es war einfach toll, auch wenn ich noch nie so langsam unterwegs war, die 17 km habe ich in 1:48h absolviert, bei einer durchschnittlichen Pace von 6:22 min/km, aber das Beste ist, und darauf bin ich wirklich stolz. Das ganze bei einem Durchschnittspuls von 145pbm. Das mache ich jetzt öfter…

15 Comments

  1. Laufhannes sagt:

    Du bist letztes Jahr mit 205bpm durch das Ziel gerannt und setzt jetzt deinen HFmax auf 195? Mit welcher Logik?

    Nach bloßen Pulswerten zu gehen („locker einen 185er Schnitt“) sagt für sich alleine rein gar nichts aus, aber mit einem einfach nur ausgedachten/geschätzten HFmax wird das auch nicht besser.

    Die 205 sollten die eigentliche Orientierung für den Maximalwert sein. Mit einigen Tests kann man ihn aber auch einigermaßen „frisch“ bestimmen. Zum Beispiel eine 200m-lange, knackige Steigung zweimal flott hoch, locker runter und dann mit aller Kraft hochsprinten. Wenn du es dann wirklich nur auf 195 schaffst, kannst du dich einfach nicht verausgaben ;P

    Auch bei Angaben wir „GA1 -148bpm“ kriege ich persönlich die Krise. Warum denn nicht den %-Wert angeben, wenn man auch danach eigentlich trainiert? Dann können auch andere Läufer damit etwas anfangen und Anfänger, die von der Materie keine Ahnung haben, geraten nicht in die Versuchung, selbst nach diesem festen Wert zu trainieren, der für sie eventuell gar nicht passt.

    1. timekiller sagt:

      Hallo Laufhannes,

      du hast natürlich recht, ich sollte mich eigentlich an den 205bpm orientieren, nach einem 10km Lauf könnte dies durchaus als meine HFmax herhalten. Aber zugegebenermaßen bin ich etwas verunsichert, da ich mit dem hohen Wert scheinbar ziemlich alleine dastehe. Immerhin bin ich keine 20 mehr sondern 40 und da ist eine HFmax von 205 schon eher selten, oder? Daher habe ich solange ich noch keine Leistungsdiagnostik durchgeführt bzw. mit einem Kardiologen gesprochen habe, meine HFmax sicherheitshalber auf 195 gesetzt. Ich will hier einfach kein Risiko eingehen, dass ich mir durch zu hohe Werte selbst schade. Ich werde auch mal die HFmax auf der Bahn bzw. am Berg wie du beschrieben hast manuell feststellen.

      Aber was stört Dich an der Angabe „GA1-148bpm“? Was ändert sich wenn ich sage „75%HFmax – 148bpm“.
      OK, ich hätte die Angabe der HF weglassen können, da hast du natürlich recht. Da mein Garmin die HF anzeigt und nicht die Prozent war mir dieser Wert einfach geläufiger.

      Und für alle Anfäger, die das jetzt lesen, der Aufruf:
      „Bitte nicht zuhause nachmachen – die HFmax ist eine individuelle Größe und die daraus resultierenden Trainings und Pulsbereiche sind bei jedem unterschiedlich.“ 🙂

      Grüße -timekiller-

      1. Laufhannes sagt:

        Danke *grins*

        Für mich müsste das „GA1 – 75%HFmax” heißen. Ich möchte aber nicht bewirken dass du das, was du für dich bisher als richtig und „schön“ erachtest, deswegen änderst.

        Zu deinem Maximalpuls: Nach der ganz groben Formel verliert man ja 1bpm/Jahr. Das wäre dann ja 204. – Unüblich hoch mag der Puls sein, aber du schreibst doch selbst, dass du ein Hochpulser bist und wenn du den Lauf mit einem Schnitt von 185 läufst, wäre das 95% als Schnitt, das wäre erst recht unüblich hoch.

        Das ist eben das, was ich meine: Man kann die reinen Pulswerte nicht miteinander vergleichen und wenn man dann doch vergleicht, wird man unsicher.

  2. Gerd sagt:

    Jetzt mal unabhängig von deinen Pulswerten. Wenn Du den „langsamen“ Lauf genossen hast, dein Körper das Gefühl hatte es war angenehm und nicht belastend, solltest Du es öfters in dein Training einbauen.
    Langsam Laufen ist manchmal schwerer als man denkt. Wobei langsam immer eine subjektive Sache ist. Deine 6:22 wären für mich schon ein wenig zügiger. 😉

    1. timekiller sagt:

      Hallo Gerd,
      das möchte ich auf jedenfall jetzt regelmäßig machen, ich freue mich schon richtig drauf, jetzt, da ich weiß, dass ich das durchhalten kann. Denn du hast recht, das ist gar nicht so einfach.

      Grüße -timekiller-

  3. ultraistgut sagt:

    Von Hochpulsern habe ich überhaupt keine Ahnung, kann dazu nicht meinen Senf abgeben.

    Zum Marathon schon, es ist dein erster Marathon, und du willst unbedingt die 4-Stunden-Marke erreichen.

    Warum ?

    Und nun zu meiner Geschichte, ich bin meinen ersten (und bei allen meinen Läufen !!) Marathon ohne Plan gelaufen, habe mich mit wöchentlich einem langen, langsamen Lauf vorbereitet (bin allerdings schon 7 Jahre gelaufen), bin ohne Zeit-Vorstellung los gelaufen und locker mit 3:55 – ohne Pulsmesser, ohne Uhr, nur nach Gefühl im Ziel hochglücklich eingelaufen.

    Viele trainieren strikt nach Plänen und erreichen doch nicht ihr selbst gestecktes Ziel, für meine Begriffe kann man sehr wohl unter vier Stunden im Ziel angekommen, wenn man sich vorher ein gesundes Fundament geschaffen hat und dann so läuft, wie es einem möglich ist.

    Pläne berücksichtigen die Individualität des Einzelnen nicht, und da liegt der Hase begraben.

    Dein Körper aber sagt dir immer, wo es lang geht ! 8)

    1. timekiller sagt:

      Hallo Margitta,

      warum will ich den MT unter 4:00h laufen? Vielleicht aus dem gleichen Grund weshalb ich die 10 km unter 50 Minuten laufen möchte.

      Ich bin sehr ehrgeizig und ich brauche einfach (realistische) Ziele auf die ich hinarbeiten kann. Nach meiner 3,5 jährigen Laufkariere ist ein Marathon nun auch nicht mehr so unrealistisch. Ich habe durchaus Respekt vor der Distanz, aber ich denke das ist zu schaffen, fraglich ist eben die benötigte Zeit, und dafür habe ich mir eben ein Ziel gesteckt.
      Ich habe bisher nicht mit Trainingsplänen gearbeitet, aber ich möchte zukünftig zumindest die Systematik der Trainingspläne für mich nutzen. Der Wechsel der Trainingsintensitäten macht ja durchaus Sinn.
      Ich werde mich dabei aber nicht in einen strikten Trainingsplan zwängen könne, da ich das leider zeitlich etwas flexibler bewerkstelligen muss. Und auf meinen Körper möchte ich dabei auch noch hören, versprochen 🙂

      Grüße -timekiller-

  4. Interessant zu lesen!
    Erst einmal deine hochpulsigen Läufe und dein Statement dazu, dann den Tüftler und Mathematiker Hannes, der natürlich präsziesere Angaben einfordert und zum Schluss Margitta, die auf ihren Körper hört. Wie auch Gerd!
    Würdest du zu kurzen schnellen Läufen trainieren, würde ich in Richtung Hannes tendieren, beim Marathon ist Margittas klugen Vorschlägen nichts hinzuzufügen!
    Generell: Wir haben alle sehr unterschiedliche Voraussetzungen, Ziele und Trainingsmöglichkeiten. Es wäre allerdings kein Fehler zu wissen wo man leistungsmäßig steht!

    1. timekiller sagt:

      Hallo Silberläufer,

      du hast recht, eine Leistungsdiagnostik eines Fachmannes muss her, dann weiß ich wo ich dran bin.

      Grüße -timekiller-

  5. Evchen sagt:

    Ok, Hannes hat schon geschrieben, was ich mich auch fragte: warum nimmst Du 195 als max., wenn Du schon 205 gelaufen bist?
    Das wäre dann doch eingravierender Unterschied für`s Training. Und ja, es gibt Hochpulser! Schau mal z.B. beim Joyrunner vorbei. 😉 Ich selbst bin auch einer. Wenn Du den Lauf genossen hast, ist alles prima, aber ich nehme als Pulsvorgabe für die langsamen Läufe auch nicht „niemals höher als“, sondern „im Durchschnitt nicht über“ als Richtwert. Viel Spaß beim Rumprobieren. 🙂

    1. timekiller sagt:

      Da schau an, Joyrunner, hatte ich bisher noch gar nicht auf meiner Blogroll.
      Vielleicht sollte ich mit Ihm eine Selbsthilfegruppe „Hochpulser“ gründen, vielleicht sogar auf Facebook 😉

      Grüße -timekiller-

  6. Ralf sagt:

    Wenn Du Dir es leisten willst und kannst, würde ich auch einen Laktattest machen lassen. Ich kam mit meinen Pulswerten auch nicht zurecht. Beim Laktattest habe ich mit einem ziemlich hohen Puls angefangen – dann wurde er beim nächsten Schritt sogar geringer (da hättet Ihr den Betreuer mal sehen sollen) um dann aber doch reichlich über der Faustformel zu enden.
    Aber mit den 205/204 hast Du auch einen guten Wert, mein Maximalpuls war auch der von einem Zieleinlauf bei einem 10km-Lauf.

    1. timekiller sagt:

      und wie hoch war dann dein manuell ermittelter HFmax (ich meine den nach deinem 10km lauf), wenn ich fragen darf?

      Grüße -timekiller-

      1. Ralf sagt:

        194 Schläge beim Zieldurchlauf – beim Laktattest wurden 196 ermittelt.

  7. Supermario72 sagt:

    Wenn Du unbedingt nach Puls trainieren willst, solltest Du Dir schon mal die „Mühe“ machen und Deine HFmax aktuell ermitteln. Leistungsdiagnostik mit Laktatmessung ist eine Methode, wobei ich die dafür i.d.R. anfallenen 100 Euro dann doch lieber in paar neue Laufschuhe investieren würde.

    Es gibt auch „einfachere“ und vor allem kostenlose Methoden. Hannes hat Dir ja schon beschrieben, wie man es machen kann. Gibt auch noch andere Modelle hierzu. Ob dann am Ende eine 205 oder 203 rauskommt, ist, denke ich, relativ Wurscht. Nur zwischen 195 und 205 – das ist schon ein gravierender Unterschied!

    Grüße aus Köln!
    Mario

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