Heute ist es soweit, ich habe meinen Marathon Trainingsplan aktiviert. Ist mein erster Marathon, ich bin also noch ein Frischling, quasi ein Greenhorn unter den Läufern. Die Ultras unter Euch beömmeln sich wahrscheinlich eh über die Klimmzüge die unsereins veranstaltet um diese Distanz zu meistern. Aber ohne geht’s halt nicht, das musste ich letzes Wochenende schmerzlich erfahren.
Da ich ja schon lange für den Marathon in München angemeldet bin, habe ich in den letzten Monaten zunehmend meine Trainingsintensitäten und die Laufumfänge langsam erhöht. Länger als 23 km ist dabei aber nie rausgekommen. Vergangenes Wochenende wollte ich mal sehen, wie weit ich komme, wenn ich im Standgas locker so vor mich hinzuzuppel.
Da ich meinen üblichen Strecken momentan etwas überdrüssig bin, bin ich auf die Idee gekommen einfach mal von München nach Starnberg zu laufen. Auf mapmyrun.com habe ich vormittags die Strecke abgemessen (30km) und habe mir die Route notiert. Der Radweg nach Starnberg entlang der Würm sollte mir dabei als grobe Orientierung dienen.
Keine Ahnung wie weit ich komme, aber egal, entlang der Strecke gibt es genug S-Bahn Haltestellen, an denen ich wieder zurück fahren kann und zur Sicherheit habe ich diesmal auch das Handy mitgenommen, damit ich im Nirgendwo des bayerischen Outbacks einen Notruf absetzen kann.
Von der –timekiller-Ranch ging‘s zum Nyphenburger Schloß, von dort entlang des Würm-Kanals Richtung Pasing. Diesen Streckenabschnitt bin ich schon oft gelaufen. Die alten Gründer und Jugendstil Villen entlang des Kanals sind einfach nur schön. In Pasing angelangt musste ich mich erstmals orientieren, und stelle fest, dass ich meinen Spickzettel verloren habe.
-Na, toll, das geht ja gut los-.
Meine Orientierung ist ja nicht die beste, in der Vergangenheit habe ich mich daher ja auch schon öfters verlaufen… (Link1 und Link2 zeugen von dieser Unfähigkeit).
Doch mein Gedächtnis ist besser als meine Orientierung und ich konnte mich wenigstens noch an die Straßennamen erinnern, an denen ich abbiegen musste um in den Pasinger Stadtpark zu kommen. Von dort ging es immer grob nach Süden.
Auf der Autobahnbrücke nach Gräfelfing, treffe ich dann zufällig einen Mitarbeiter eines Kunden.
„He, -timekiller-, was machst du denn hier? Trainierst wohl für den Firmenlauf?“
-Firmenlauf? Pffft, ne, ich laufe nach Starnberg, ein Eis essen.-
„Nach Starnberg? Das sind ja locker noch 20 km von hier!“
-Ja, zurück nehme ich dann aber die S-Bahn. –
Na, dann viel Spaß. Wenn du am Montag nicht zu unserem Meeting kommst, lassen wir dich suchen.“
-Ja, das macht mal, Tschö.-
Ich erkundige mich noch nach dem Verlauf des Radwegs und setze meine Tour fort.
10km liegen hinter mir, ich fühle mich frisch. Dennoch ärgere ich mich über meine große Klappe. Understatement scheint nicht meine Sache zu sein.
Entlang der Würm geht es nun durch Wohngebiete von Gräfelfing, Planegg, Krailling, Stockdorf. Die Ortschaften gehen hier einfach nahtlos ineinander über. Ist jetzt nicht der Knaller hier zu laufen, aber es ist wenigstens verkehrsruhig. Das Tückische an dem Streckenabschnitt sind die vielen Biergärten die hier ständig auf einen lauern, aber ich bin standhaft, noch…
Nach Stockdorf geht’s dann endlich wieder in den Wald, Häuser habe ich jetzt genug gesehen. Ich genieße den Wald, hat ein Stadtläufer ja nicht täglich. Plötzlich zweigt der Radweg jedoch 90 Grad ab, obwohl (laut meiner Orientierung) Gauting geradeaus wäre. Ich folge mal dem Radweg. Nach ein paar Metern, bricht aus dem Unterholz ein Läufer. Ich frage Ihn verduzt, -geht’s da nach Gauting?-
“Do, kimmst scho hi, is halt a bisserl eng.“
Ich biege auf den Pfad ein. Auf einem Kaninchenpfad geht es durch einen grünen Tunnel. –ist das toll- Es darf hier nur keiner entgegen kommen, sonst muss einer in die Dornen.
Nach ca. 500 Metern komme ich wieder ans „Tageslicht“, fortan ging es über freies Gelände Richtung Gauting.
So langsam setzt mir dann auch die Strecke zu, die Schritte wurden kürzer und die Erschöpfung nimmt zu. Fünf Buchstaben beherrschen meine Gedanken
–D-U-R-S-T-
Nach zwanzig Kilometern schlage ich in Gauting auf, zwei Stunden sind für die Strecke jetzt nicht der Brüller, aber OK, ich bin ja nur am Testen. Trotzdem bin ich fertig wie Brot. Ich beschließe hier mein Experiment zu beenden. Ich halte Ausschau nach einem Biergarten. Hier kann mich dann meine Frau abholen, nachdem ich mich durch die Getränkekarte getrunken habe… Aber es kommt keiner…
In der Ortsmitte von Gauting komme ich stattdessen direkt an einem REWE vorbei.
Eine OASE! Ich stürme den Laden und konsultiere die Getränke Abteilung. Noch am Regal leere ich die erste 0,5 Flasche Adelholzener Fruchtschorle. An der Kasse zahle ich zwei Flaschen, wobei eine davon schon leer ist. Vor dem Laden setze ich mich auf die Stufen und trinke genüsslich die zweite Flasche. Ahhhhh! Ich hole mir noch eine dritte Flasche für die Rückfahrt.
Die Pause hat gut getan. Der Geist ist allerdings etwas benebelt, denn ich beschließe doch noch die letzten 10 km nach Starnberg anzugehen. „Sind ja nur noch zehn Kilometer“. Wie ich noch in Gedanken bin, befinde ich mich bereits auf dem Weg nach Starnberg und nicht zur S-Bahn. Die Beine sind nach der Pause etwas wackelig. Irgendwie scheinen Sie nicht zu meinem Körper zu gehören. Na, das wird sich hoffentlich geben, wenn ich erst wieder ein paar KM locker gelaufen bin. Aber locker ist was anderes, es wird nicht besser…
Die Flasche halte ich in der Hand wie ein Staffelstab und wechsle jeden KM von rechts auf links. Ab km 25 kommt der Schmerz. Vor allem die Knie schmerzen, es kracht im Gebälk, ich versuche langsamer zu laufen, aber der Schmerz hält an. Ich beiße die Zähne zusammen, aber es geht nicht mehr, ich muss eine Gehpause einlegen. Nach ein paar hundert Meter laufe ich wieder an. Ich schaffe keinen Kilometer und muss wieder gehen. Die letzen 10 km von Gauting nach Starnberg sind eigentlich die schönsten auf der ganzen Strecke. Es geht durch den Wald entlang der Würm, traumhaft. Ein Alptraum hingegen ist der Zustand meiner Haxen. Bei Petershausen geht’s dann auch noch den Berg hinauf, Argh! Ich kämpfe. Irgendwie schaffe ich es im Lauf-Geh-Modus doch noch nach Starnberg. Nach 3 Stunden und 10 Minuten (reine Laufzeit ohne Pause) stehe ich in Starnberg am S-Bahnhof an der Eisdiele und hole mir ein Eis. Ich überlege, ob ich mir die Hörnchen direkt auf die Knie klatschen soll.
-zwei mal Kamille mit Franzbranntwein, bitte!!!-
Auf der Rückfahrt nach München korrigiere ich in Gedanken mein Marathon Ziel. „Ankommen“ lautet das neue Ziel. Von der Kondition hätte ich die 30 km wohl gepackt, aber nicht mit dem morschen Gebälk…
Was habe ich falsch gemacht? Zu lange Pause? Waren doch fast 20 Minuten. Oder zu schnell? Zu Untrainiert? Mal sehen, ob ich meine nächste Trainingseinheit wie geplant durchziehen kann, oder ob ich gleich zu Beginn meines Trainingsplans wegen ruinierten Knien pausieren muss.
Schau‘n mer mal…
In meinem nächsten Post berichte ich Euch dann auch, wie ich am Hauptbahn die kaputte Rolltreppe doch noch runtergekommen bin…
Das erste Mal im Leben dreißig KM anzugehen ist kein Pappenstil. Da lass die Ultras lächeln wie sie wollen, die sind auch irgendwann mal angefangen lange Strecken zu laufen.
Zu lange Pause? Mag sein, fehlt mir die Erfahrung, so lange Pausen mache ich nicht:-)
Zu schnell? Hört sich nicht danach an, obwohl 3:10 für das erste Mal schon ganz ordentlich sind, finde ich zumindest.
Zu untrainiert? Da muß ich nochmal Deine Artikel studieren, ob aus denen Deine Laufumfänge hervorgehen;-) Gängige Marathonpläne (z. B. von Herbert Steffny) führen eigentlich recht behutsam an die langen Laufumfänge heran.
Ich habe mich erst in den letzten Wochen durch einen Marathonplan durchgehangelt und mit damit eigentlich ganz gut gefahren. Den Hamburg-Marathon vor 2 1/2 Wochen habe ich zumindest ganz gut überlebt, besser auf jeden fall als meinen ersten vor zwei Jahren.
Achte einfach darauf wie die nächsten langen Läufe funktionieren, schließlich haben schon ganz andere Leute einen Marathon gemeistert.
Chaka! Du schaffst das!!
LG aus Oldenburg
Volker
Hallo Volker,
meine letzten Einheiten sind ganz gut gelaufen, das Knie schmerzt auch nicht mehr. Als Trainingsplan setze ich den Online-Plan von MyAsics ein. Ich vergleich das aber auch mit anderen Plänen, da mir bei MyAsics die Laufumfänge unter der Woche sehr mager erscheinen. (5 und 9km) Da mache ich dann ein bisserl mehr und bau auch mal ein Lauf-ABC ein. Aber nur nachts, wenn mich keiner sieht.
Grüße aus München
-timekiller-
Von München nach Starnberg – die Strecke kenne ich auch noch. Allerdings nie gelaufen! 🙂
Du hast noch 17 Wochen Zeit bis zum München-Marathon. Da sollte noch vieles möglich sein. Du bist ja kein absoluter Laufanfänger. Mit einem seriösen Trainingsplan wirst Du die „langen Kanten“ bald „lieben“! 😉
Ich würde aber auch regelmäßige längere Radeinheiten mit ins Training einbauen. Mir bringt das viel! Super für die Kraftausdauer, ohne die Gelenke zu belasten.
Auf alle Fälle dran bleiben! Ich werde mich in diesem Jahr wieder (nur) mit dem Halben beim Köln-Marathon begnügen, aber vielleicht wage ich mich dann im nächsten Jahr mal an die 42,2km.
Viel Spaß und alles Gute für Deine Vorbereitung!
Grüße aus Köln!
Mario
Hallo Mario,
Radeinheiten baue ich momentan nur bei extrem schlechtem Wetter ein, dann allerdings nur auf dem Ergometer. Oder Samstags während der Sportschau, aber ist ja gerade Sommerpause…
Grüße aus Minga,
-timekiller-
Wie, das ist nicht normal? Scheibenkleister. 😉
Im Ernst: Du bist erfahrener als ich, also brauche ich Dir keine Ratschläge zu hinterlassen. Aber Beistand.
Konditionell und muskulär schaffe ich (wie die meisten) recht schnell viel, aber meine Gräten brauchen länger, um hinterherzukommen. Also habe ich vielleicht keinen Muskelkater nach einem langen Lauf, aber das Gebälk ächzt ganz gewaltig-Hüft-Knie-Fuß-Steifheit. Ich weiß aber auch, daß der Körper sich das für`s nächste Mal merkt. Deshalb gehe ich ganz stark davon aus, daß es beim nächsten Langen für Dich weit angenehmer läuft.
Naja, Erfahrung mit langen Einheiten habe ja noch keine. Aber ich hoffe auch, dass sich meine Beine merken, dass künftig die Einheiten am WE etwas länger werden.
Grüße -timekiller
Respekt!
Zum ersten finde ich die Zeit für 30km eigentlich zu schnell. Dazu die längere Pause.
30 Kilometer läuft man nicht „mal so“. Es sei denn man hat die entsprechenden Trainingsumfänge. Also immer schön langsam angehen die Sache. Ich hatte mir zum Beginn auch einiges zu viel zugemutet. Aber dein Körper sagt Dir schon was richtig und falsch ist. Man muss nur auf Ihn hören! 😉
Wichtig ist das Du drannbleibst. Dann kommt der Rest von alleine. Jedenfalls „fast“ ! 😉
Hallo Gerd,
ich will auf jeden fall dranbleiben… Ich besorge mir jetzt erstmal einen Trinkrucksack, o.ö. damit das Catering bei den längeren Einheiten stimmt, und ich keine längeren Trink-Pausen einlegen muss.
Grüße -timekiller-