Archive for the ‘Laufen’ Category

Weihnachten ging‘s wieder mit der Familie nach Oldenburg. Mein Aufruf, vor Weihnachten nicht mehr die Welt retten zu wollen, fruchtete bei mir selbst nicht so ganz, so kamen wir Freitag abends erst gegen sieben Uhr los, schließlich musste ich ja auch noch nach der Arbeit eine Runde im Park drehen, um für die Fahrt die nötige Frische zu tanken.

In bester –timekiller- Manier brackerte ich dann in knapp 6 Stunden die 800 km nach Oldenburg. Blöderweise wird meine Fahrt wohl in der „Flensburg Challenge“ gewertet. In regelmäßigen Abständen nehme ich seit Jahren, an diesem Wettbewerb teil. Früher in den  unterschiedlichsten Disziplinen,  in den letzten  Jahren jedoch nur noch auf der Langstrecke.  Möglicherweise werden meine Bemühungen endlich belohnt und ich darf in 2012 zur Belohnung, mehr laufen als mir lieb ist. Naja, fürs neue Jahr habe ich mir ja ohnehin vorgenommen wieder etwas mehr zu laufen.  Als Entschuldigung möchte ich anfügen,  dass ich für den 24.12. einen engen Zeitplan hatte, da konnte ich unmöglich  bis Mittags im Bett liegen bleiben. Samstag Vormittag, also am Heiligenmorgen, wollte ich mir noch für Weihnachten mein (norddeutsches) Lieblingsbier besorgen. Das Kräusen Pils von Haake Beck, -ein naturtrübes Pils-. Wie ich in der Getränkehandlung nach längerem Suchen nicht fündig wurde und nachfragte, ob denn kein Kräusen mehr da sei, meinte das Fachpersonal nur trocken: Kräusen? In der Flasche? Nee, das wird ja schon seit mindestens 3 Jahren nur noch in Fässern produziert? Aha, dann eben ein Jever. Ich frage mich nur aus welchen Beständen mein Schwiegervater mich im letzten Jahr noch beglückt hat?

Als weiterer Programmpunkt stand mein Lauf mit Volker dem Deichläufer auf dem Programm. Und den Lauf wollte ich nun wirklich nicht verpassen, da konnte auch der ungewöhnliche Termin am 24.12. nix dran ändern. Meine Frau war zwar etwas verwundert dass ich am Heiligennachmittag noch unbedingt einen Läufer aus dem Internet in Oldenburg treffen muss, aber meine Frau ist ja Kummer gewohnt.

Wie ich kurz nach halb zwei mit dem Auto aufbrach, schien noch die Sonne und ich freute mich auf einen schönen Lauf. Während der zwanzig minütigen Fahrt nach Oldenburg verdunkelte sich jedoch der Himmel immer mehr und kurz von zwei schüttete es aus Kübeln. -Na, Prima, den Lauf können wir uns ja von der Backe putzen…-

Doch Punkt Zwei hört der Regen auf und der Himmel reißt wieder auf. Na, wenn das kein Zeichen ist. Wenn wir Glück haben, bleiben wir heute sogar trocken.  Doch es sollte anders kommen…

Ich hole Volker ab, gemeinsam ziehen wir los und sind von Anfang an tief ins Gespräch vertieft. Es ist schon sehr erstaunlich, ich habe diesen Menschen noch nie gesehen, und trotzdem ist man sich von Anfang an vertraut, es ist als ob man einen alten Freund treffen würde.

Volker zeigt mir sein Revier, es geht zu den Bornhorster Wiesen. Nach ca. 7 km sagt Volker plötzlich, „Oha, das hab ich so ja noch nie gesehen, da läuft ja die Hunte über den Deich, da müssten wir eigentlich lang. Kurz darauf  endet unser  Weg an einem See.

Alle Bilder sind von Volker, weitere tolle Bilder zu dem Lauf gibts direkt seinem Blog

„Ich laufe da sonst immer durch, wenn es da so ein bisschen über den Deich suppt.“ sagt Volker. Zweifelnd prüfe ich die Wassertiefe und die Temperatur. -Naja, ich würde dann mal die Schuhe ausziehen, die bekomme ich sonst in den nächsten Tagen nicht mehr trocken-. Bei der tiefstehenden Sonne ist nicht auszumachen wieweit der Weg überflutet ist, in der Mitte des Deiches steht ein Radfahrer und macht Fotos.

Volker zeigt sich solidarisch und zieht auch die Schuhe aus. Ich kremple noch die Hosen hoch und stampfe dann vorsichtig ins Nass.

-timekiller- geht übers Wasser

–KALT-, mein Atem stockt,  tapfer stapfe ich weiter, Volker plantscht munter neben mir, und meint,  „Ach, ist ja gar nicht so kalt“. Nun, was will man von einem erwarten, der bei Wind und Wetter mit der kurzen Tight unterwegs ist. Noch unangenehmer ist aber der grobe Asphalt der unsere zarten Sohlen malträtiert.

...und der fuhr drüber.

Ich schaue dass ich Land gewinne, während Volker noch mehrere Fotostopps einbaut, Ihm scheint die Kälte überhaupt nix auszumachen, -sind schon harte Jungs diese Niedersachsen-.  An der tiefsten Stelle geht mir das Wasser bis weit über den Knöchel, mittlerweile haben wir den Radfahrer erreicht, der mit hochgezogenen Füßen an einem Weidepfosten lehnt. Er blickt uns zweifelnd an, wie wir barfuß, mit den Schuhen in der Hand, über den Deich gerudert kommen.

Von hier aus ist  zu sehen, dass der Weg auf einem wesentlich längeren Stück überflutet ist als ursprünglich angenommen. Naja, umdrehen wäre jetzt auch doof, so waten wir gut 500 Meter durch die Hunte und können dann endlich wieder unsere nassen Eisbeine in die wärmenden Socken stopfen und wieder in die bequemen Schuhe schlüpfen.

-Ahhhh, tut das gut-

Nach kurzer Zeit habe ich das Gefühl man hat mir kochendes Wasser in den Schuh gekippt.  Meine Eisbeine verwandeln sich zu Grillhaxen, die Füße glühen, und die Sohlen erst…!!!

Wir setzen unsere Runde durch eine  atemberaubende Landschaft fort. Das schöne, neben der Landschaft, die in Norddeutschland ja eher flach ausfällt, ist  der unendlich weite Horizont mit seinen gigantischen Wolken.

Wir erreichen nach 15 km wieder unseren Ausgangspunkt. Ich bin erstaunt, wie schnell die gut eineinhalb Stunden verflogen sind. Ich hätte noch ewig weiter laufen können, das war wirklich ein toller Lauf, Volker!

Da es noch so viel zu erzählen gibt, verabredeten wir uns am zweiten Weihnachtsfeiertag für einen weiteren gemeinsamen Lauf, vorausgesetzt  eine Lungenentzündung bliebt uns erspart.

Da ich die Woche vor Weihnachten nicht zum Laufen gekommen bin, wollte ich wenigstens bis Silvester regelmäßig laufen, so zog ich auch am ersten Feiertag los.  Ein schöner Lauf über 13 km bei fast frühlingshaften Temperaturen sprang dabei heraus.

Montag früh holte mich dann Volker zu unserem zweiten Lauf ab. Meine Frau war sichtlich erleichtert, dass meine Internet Bekanntschaft tatsächlich existiert und dann auch noch männlich ist. Weitere 11 km sind wir dann gemeinsam gelaufen, und sind diesmal auch komplett trocken geblieben, wir mussten lediglich im Wald etwas um die Pfützen herum hopsen.

Dienstags bin ich dann, nach einer ausgedehnten Shoppingtour in Oldenburg (inkl. zwei große Kräusen im Strohhalm,  um meine Shoppinglaune  anzufachen) noch 8 km in der Dunkelheit gelaufen. Da musste ich feststellen, dass es auf dem Land abends dann doch so richtig dunkel wird. Um auf den Radwegen zwischen Wardenburg  und Littel nicht übersehen zu werden habe ich mir zur Sicherheit mal lieber die Notfallweste aus meinem Auto übergeworfen. -tres chick-

Mittwochs ging‘s dann bei Helligkeit entlang der Lethe nach Wardenburg, durch den Ort hindurch, über den Tillyhügel (ein 11 Meter hoher Sandhaufen) und dann um den angrenzenden Tilly See herum.

Wie das bei mir so üblich ist, stand ich plötzlich vor einem Gatter, das mir den Weg versperrte. Ich dachte mir nix groß dabei und bin drübergestiegen und habe meinen Weg um den See auf dem Huntedeich fortgesetzt. Wenig später erschloss sich mir jedoch die Sinnhaftigkeit des Gatters. Ich befand mich  mitten auf einer Schafweide. Na jetzt wird’s spannend, wie die Kollegen auf den neuen Artgenossen reagieren. Ich drosselte mein Tempo, um die Tiere nicht zu erschrecken, schließlich hatte ich keine Lust so ein Wollknäuel aus dem Bach zu fischen. Vorsichtig bahne ich mir den Weg durch die blökende Schaar.  Ich erreiche das nächste Gatter, ohne dass ich vom Schäfer bzw. dessen Schäferhund gestellt werde. Wie ich gerade über das Gatter steige kommt ausgerechnet in dem Moment eine Joggerin des Weges. Hier prangt auch ein großes Schild, dass man bei Weidebetrieb den Deich nicht betreten soll. –Peinlich, Peinlich-  Gut, dass ich heute das „Running-Twin Cap“ aus der Florena Adventsabenteuerkiste trug und nicht das „-timekiller- T-Shirt“, -Höhö-.

Ich spiele die „ich-bin-nicht-von-hier“ Karte aus, und frage in breitestem Schwäbisch, wie es zurück nach Wardenburg geht. Na, wenn das nicht über meinen Fauxpas hinwegtäuscht, dann weiß ich auch nicht.

Es funktionierte, nachdem ich mein Anliegen ins Hochdeutsch übersetzte, liefen  wir ein Stück gemeinsam und unterhielten uns ganz nett, nach gut einem Kilometer trennen sich aber unsere Wege schon wieder, die Dame weist mir den Weg nach Wardenburg, und biegt selbst  Richtung  Oldenburg ab.

Abends ging es dann wieder zurück nach München. Diesmal vorschriftsmäßig mit 80km/h durch die unzähligen Baustellen.-schnarch-

Mein Vorhaben, bis Silvester täglich zu laufen konnte ich dann leider doch nicht durchziehen, und so beendete ich nach 6 Tagen meinen Weihnachtsstreak. Durch die Lauferei der vergangen Tage mit rund 80 km habe ich mir wohl links einen Fersensporn zugezogen. Deshalb schonte ich mich am Donnerstag und  bin am Freitag lieber mit der Kleinen zum Skifahren gefahren.

Den Silvesterlauf  ließ ich dann auch sausen. Ursprünglich wollte ich ja in Rastatt beim RSG-Ried an den Start gehen.  OK, ist jetzt nicht unmittelbar in der Nähe des Olympiaparks, wo ich ja sonst meine Läufe zu bestreiten pflege 😉 aber die Gattin wünschte dieses Jahr  Silvester bei Freundin in der Nähe von Kehl zu verbringen, so mussten halt  Alternativen her (Danke der Regenrennerin Anja für den Tipp).  Da aber die Strecke von Offenburg bis Rastatt derzeit praktisch eine 60 kilometerlange Baustelle  ist, ließ ich den Lauf dann doch sausen. Ich hatte nach meiner Tour de Deutschland einfach keinen Bock mehr auf Autofahren.  Ich bin dann stattdessen am Samstag  20 km von Goldscheuer nach Straßburg  und zurück gelaufen. Und das auch nur um mein Jahrespensum von 1900 Kilometern voll zu bekommen. Ist das bescheuert?  Läufer machen sowas halt. Ich kanns nicht ändern.

Und bei  meinem letzten Lauf in 2011 wurde ich weder nass, noch kreuzten Tiere meinen Weg  und verlaufen habe ich mich auch nicht, wenn das mal kein gutes Zeichen für 2012 ist.

In diesem Sinne wünsche ich all meinen Lesern, meinen virtuellen sowie den realen Freunden und  Ex-Nachbarn ein verletzungsfreies Jahr 2012.

Beim Nikolauslauf am vergangenen Samstag bin ich angetreten um –timekiller- Geschichte zu schreiben. Nach meinem flotten Ritt durch den Olympiapark  bei der ZHS Crosslaufserie, habe ich mir durchaus Hoffnungen auf eine neue PB gemacht. Kann ich vielleicht sogar die magische 45 knacken? Mit einer durchschnittlichen Pace von 4:30 wäre das möglich. Beim Crosslauf konnte ich eine für mich sensationelle 4:31 vorweisen, und da war das Streckenprofil  etwas hügelig.

Jetzt muss bei solch einem Vorhaben halt alles stimmen, und da gehört auch die Vorbereitung dazu. Am Mittwoch stand noch ein Intervalltraining mit 7x500m auf dem Programm, Donnerstags wurde der Reigen der Weihnachtfeiern eröffnet und Freitag bin ich noch locker 7 km gelaufen, das Werkzeug muss ja geschmeidig bleiben.

Manchmal kollidieren jedoch meine sportlichen Ambitionen mit meinen beruflichen Verpflichtungen.

Da am Ende der Arbeitswoche noch so viel Arbeit übrig war, musste ich Samstagvormittags bis 14:00 Uhr arbeiten. So hatte ich überhaupt keine Zeit für meine prä-Wettkampf Zeremonie.

  • keine mentale Vorbereitung,
  • keine Wettkampfernährung zum Frühstück,
  • keine –timekiller- Spezialgetränke,
  • kein erhöhter Puls,
  • keine feuchten Hände,
  • keine Nervosität,
  • nix.

Statt dessen musste ich schauen, dass ich es überhaupt pünktlich zum Lauf schaffe. Kurz nach zwei habe ich mich in die Lauf-Montur geworfen und bin zum aufwärmen zur Olympiaschwimmhalle gelaufen. Auf dem Weg dorthin lauschte ich mal vorsichtig  in mich hinein. Doch die Beine melden Trägheit, die Schienbeine brennen, die Atmung ist flach, nur der Puls simuliert schon mal den Wettkampf . Gute Bedingungen sind was anderes.

–so, jetzt reißt Euch mal alle zusammen. Heute wird Geschichte geschrieben  und da brauche ich das ganze Team-

Das –timekiller-Team fand sich dann zwar pünktlich im Startbereich, auf dem weiträumigen Cubertin Platz, ein. Doch der Start verlief alles andere als optimal. Da ich einige Zeit bei der Startnummernausgabe vertrödelt hatte, ist mir nicht aufgefallen, dass der Startbereich bzw. die ersten 50 Meter nach dem Start, dieses Jahr leicht modifiziert wurden. Nicht wie sonst, ging es nach dem Start in südwestliche Richtung, sondern erst Richtung Süden, um dann, nach ca. 50 Metern scharf nach Westen hin abzubiegen.

...und ich ganz links hinten

Da auf einer sehr breiten Startlinie gestartet wurde, drängte das  Läuferfeld gleich nach dem Start komplett auf die rechte Seite, sodaß ich mir auf der Innenbahn, so ziemlich den blödesten Platz ausgesucht hatte.  –Geiler Start, alle rennen los nur ich stehe im Stau-

Als ich  nach einer gefühlten Ewigkeit dann auch die Engstelle passierte hatte, und  das Hauptfeld am Horizont verschwinden sah, versuchte ich mich wenigsten etwas frei zulaufen und etwas Boden gut zu machen. Den ersten Kilometer, der  in einem weiten Bogen hinunter zur BMW-Welt führt, mäandriere ich auf der Außenbahn dahin.  Trotz Stopp and Go, kann ich den ersten Kilometer noch mit 4:25 verbuchen. Nicht auszudenken, was ohne Stau und Slalom drin gewesen wäre. Die nachfolgenden Kilometer kann ich meinen 4:30 Schnitt noch grob halten, doch die Zeiten werden kontinuierlich langsamer. –Doch wieder zu schnell angegangen?- Nach der ersten 5km Runde liege ich mit knapp 23 Minuten schon nicht mehr im Soll. Die Sub 45 kann ich mir von der Backe putzen. Die PB kann jetzt nur noch der negativer Splitt retten. Aber das wird total hart. Das schafft man nicht mehr, wenn der Baum bereits am brennen ist und das Team auseinander fällt. Es fehlt heute einfach die Power.

-Schnell laufen tut echt weh, weshalb macht man sowas freiwillig?- Vielleicht sollte ich mich doch lieber auf die Langdistanz konzentrieren, wobei, lange Läufe sind ja auch nicht so mein Ding, vielleicht dann doch Nordic Walking?-

Das 9km Schild reißt mich aus den düsteren Gedanken. Die PB ist  dahin, das wird nix mehr, da müsste ich jetzt aufs Rad umsteigen. Aber ich will den Lauf mit Anstand zu Ende bringen,  Zeit für die –timekiller-Rakete. Ungeachtet des Anstiegs auf den ersten 500 Metern des letzten Kilometers, ziehe ich das Tempo wieder an.  Ich gebe nochmals alles, und kann so auf dem letzten Kilometer nochmals eine 4:20 liefern. Ich habe das Gefühl ins Ziel zu fliegen, das Zielvideo spricht allerdings eine andere Sprache.

46:14 min lautet das offizielle Ergebnis, damit habe ich meine PB um gut 30 Sekunden verpasst. Das sind gerade mal 3 Sekunden pro Kilometer. 3 Sekunden! Das ist doch nix !!!  Aber die fallen halt nicht vom Himmel, wenn man keinen konkreten Plan verfolgt.

Das wird sich ändern, aber erst in 2012.

Der folgende Post liegt jetzt schon seit einer Woche bei meinen Entwürfen rum und wird da nicht besser… Bevor nun, in den nächsten Wochen die halbe Laufbloggemeinde  im Wald versteckten Rasierschaum sucht, möchte ich noch meinen Post unterbringen, sonst liest das wieder keiner…

Wir drehen also die Zeit um genau eine Woche zurück…

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Bundesjugendspiele

Donnerstagnacht  3:30 Uhr, seit Stunden liege ich wach. Ruhelos  wälze mich im Bett herum, ich will schlafen… Morgen wird ein anstrengender Tag und ich will trotzdem früher von der Arbeit verduften, da ich vorhabe mein Weihnachtsgeld bei Skinfit zu investieren. Da gibt es am Donnerstag 15% auf die komplette Kollektion. Für das, was ich da spare, bekommt meine Frau was Hübsches zu  Weihnachten, vielleicht ein flottes Küchengerät, ich habe mir sagen lassen, Frauen werden total wild bei  praktischen Geschenken… -freu-

Aber ich bin GLOCKENWACH…  Was hat mich so aufgewühlt?

Heute waren wieder Bundesjugendspiele im Olympiapark, bzw. korrekter gesagt, der zweite Lauf der ZHS Crosslaufserie, und ich bin der Jugend mal wieder sprichwörtlich hinterher gelaufen.

Mittwochabend, die Arbeit hatte ein Einsehen, und schenkte mir einen pünktlichen Feierabend, so konnte ich  mich um 18:30 im ZHS Stadion im Olympiapark einfinden. Aus der letzten Saison,  weiß ich worauf ich mich beim  ZHS Crosslauf einlasse, das wird ein flotter Lauf durch den Olympiapark, da wird  auch der Olympiaberg  nicht ausgelassen, sonst wäre es ja kein Crosslauf ;-). Nach dem Teufelsberglauf, bei dem ich eher am abkacken war, müssen mal wieder ein paar Tempoeinheiten her, und TEMPO wird bei ZHS Crosslauf groß geschreiben.

Die 60  Teilnehmer beim heutigen Lauf setzen sich aus Sportstudenten, Läufer von der LG, Münchner Roadrunner (MRRC) und ein paar Gästen zusammen.  Ich bin Gast, und bin mir meiner Rolle durchaus bewusst. Ich nehme meine mir zugedachte Rolle sehr ernst und werde das hintere Läuferfeld verstärken  und schauen, dass die Zeitnehmer nicht zu lange auf mich warten müssen.

Pünktlich um 19:02 geht es los, wir bekommen noch den kurzen Hinweis, dass diesmal die Strecke von Lenny Kravitz  Konzertgängern gekreuzt wird.

Nach  300 Metern, ich befinde mich noch auf der Tartanbahn, bevor es über eine rutschige Wiese in den Olympiapark geht, beginnt mein Garmin am Handgelenk an zu vibrieren

– Das war doch noch kein Kilometer? –

Verflucht, da ist ja noch der Pulsalarm vom Wochenende programmiert, da ging es im REKOM Bereich gemütlich über  21 km.

Das Läuferfeld zieht sich schon bedenklich auseinander, da habe ich jetzt keine Zeit, an meiner Uhr rumzufummeln,  ich muss schauen, dass ich den Anschluß zumindest bis zur Parkharfe halte, sonst muss ich mir selbst den Weg durch den Besucherstrom bahnen. Den ersten Kilometer kann ich noch mithalten, dann treffen wir auf die Besucher. Die Lenny Fangemeinde scheint sich hauptsächlich aus Kettenrauchern zu rekrutieren, jedenfalls ist der komplette Besucherstrom dabei sein Nikotinhaushalt für die nächsten zwei Stunden auf Vordermann zu bringen und quarzt, als ob es kein Morgen gibt.  Wie ein dampfender  Lindwurm kriecht der Strom  die Hohlgasse hinterm Olympiastadion hoch.   Möglich, dass es an der Inversionswetterlage liegt, aber der Rauch zieht nicht ab. Man läuft förmlich durch einen Rauchschlauch.  –ein Laubfeuer ist ein Dreck dagegen.-  Der Sauerstoff wird knapp, -bei mir jedenfalls-, an meiner Kurzatmigkeit kann es ja nicht liegen, ich bin ja gerade erst losgelaufen.

Ab dem zweiten Kilometer kann ich mit meiner Gruppe nicht mehr mithalten und lasse sie ziehen. Fortan laufe ich ein einsames Rennen. Die erste Steigung erklimme ich alleine, vor mir im Nebel kann ich noch einen Läufer erkennen, hinter mir kommt nix mehr.  Es geht über den Sattel, und ich freue mich auf das kommende Gefälle, vielleicht kann ich ja wieder etwas aufschließen, aber da wird nix draus, die geben natürlich auch Gas.  Es ist fast wie im Training, ich laufe alleine meine Runde im Park, da  vibriert nur mein Garmin nicht so penetrant.

Ich bin am Wendepunkt angekommen, jetzt geht es nochmals über den Berg und dann auf gleichem Weg zurück ins ZHS Stadion. Ich habe keine Ahnung wie schnell ich unterwegs bin, da mein Garmin die letzten 20 Minuten fortwährend am Brummen ist, so verpasse ich ständig die Zwischenzeiten.  Ich mache mir eher Gedanken wie ich auf dem Rückweg durch die Konzertbesucher durchkomme soll, ich habe keinen Pacemaker, dem ich unauffällig  durchs Gewühl folgen könnte. Aber ich mache mir ganz umsonst Sorgen. Meine Pressatmung ist mittlerweile so laut das sich automatisch vor mir eine Gasse auftut.  Es ist fast wie damals als Mooses das Meer teilte, nur ich teile rasselnd und keuchend das Rauchermeer –hust-

Ab der Olympiahalle geht  nur noch bergab, jetzt könnte man den Endspurt einläuten, aber ich habe kein Brikett mehr im Feuer. Meine –timekiller- Rakete bleibt  heute im Hangar, ich lasse ausrollen. Ich kann nicht mehr.  Auf der Tartanbahn ziehe ich der Form halber nochmals ein bisschen an, vor den jungen Leuten mag man ja nicht als  Walker ins Ziel kommen.

Noch auf der Ziellinie bleibe ich stehen, genug gelaufen für heute. Ich drücke die Uhr ab. 5 Minuten später hört auch das Vibrieren am Arm auf, gerade noch rechtzeitig bevor der Arm abfällt.

Ja, doch 33:27 Minuten  für die 7.4 km sind bei einer Pace von 4:31 dann doch eine ganz ordentliche Tempoeinheit, da brauche ich mich ja nicht zu wundern weshalb ich so groggy bin.

Heute kann ich bestimmt gut schlafen…

Vielleicht sollte man Läufe, die im Namen „Berg“ beinhalten, und dann auch noch mit „Teufel“ kombiniert werden, einfach meiden. Jedenfalls sind solche Läufe nicht geeignet um dort Bestzeiten aufzustellen. Eine PB hatte ich gar nicht im Visier, habe ich durch die langen Kanten der vergangen Monaten doch etwas an Spritzigkeit verloren, außerdem  befinde ich mich ja noch in der Regenerationsphase.  Aber eine Sub 50 auf die 10km sollten schon rausspringen, bin ja kein Anfänger mehr.

Der Teufelsberglauf ist einer der wenigen Läufe in der näheren Umgebung, der mir in meiner Lauf-Liste noch fehlt. Möchte ich doch erst die lokalen Läufe abklappern bevor es mich an ferne Gestade zieht, wie z.B. Berlin, oder gar New York. Eine  Teilnahme war also Pflicht, auch wenn die Vorbereitung mehr als mau war. Im Oktober hatte ich  mein Laufpensum deutlich reduziert und bin nur noch ca. zweimal pro Woche gelaufen, nicht dass ich faul war, nein, es war einfach nicht mehr Zeit für mehr. –OK, ein bisschen faul war ich auch-

Das Wetter versprach herrlich zu werden, und so bin ich am Sonntag früh um elf in die Aubinger Lohe nach Lochhausen gefahren. Wie immer, bei Veranstaltungen des ESV Neuaubing war alles bestens organisiert.  Nachdem ich meine Startnummer abgeholt habe, studierte ich erstmal den Streckenplan,  nicht dass ich mich hier im Forst verirre.  Der Hauptlauf geht über 3 Runden durch die Aubinger Lohe. An drei Stellen waren auf dem Plan Steigungen eingezeichnet. Aha! Welche der Steigungen dabei teuflisch ist, stand nicht dabei.

Abseits der Strecke lief ich mich ein bisschen warm und schaute immer wieder, ob ich vielleicht Henrik den rennenden Zwilling, oder Frank von trackmyrun.de sehe, die treten ja häufig auch bei solchen Läufen an. Heute jedoch wohl nicht.

Vor dem Start kam ich mit zwei „Sträflingen“ ins Gespräch. Beiden waren nicht wie alle anderen in Hightec Fasern gekleidet, sondern hatten robuste (schwarz-weiß gestreifte) Overalls an, zudem bemützt mit Kamera-Käppi.  Die Beiden waren etwas enttäuscht, dass man beim Teufesberglauf wohl nicht schwimmen muss, und man dieses Jahr auch nicht so richtig dreckig wird.  Die beiden treten mit  Vorliebe bei Läufen an, wo man so richtig rumsauen kann. Sowas wie der Strongmanrun? fragte ich. „Pah, das das ist viel zu kommerziell, da gibt es wesentlich bessere Läufe wie der „Braveheart“ oder „Cross de Luxe“, „Wolfsman Run“

…Bahnhof…  -???- …, noch nie davon gehört, aber gut, bevor ich ins Ultrageschäft einsteige, werde ich vielleicht auch mal so eine Sauerei ausprobieren. Hört sich jedenfalls nach viel Spaß an. Die Abenteuer von „Piff und Paff“ werden übrigens auf www.balla-balla.org veröffentlicht.

So genug geratscht, wir sind ja hier nicht beim Kaffeklatsch, die Startaufstellung formiert sich  bereits. Bei einem Starterfeld von 266 Läufern gibt es natürlich keine Netto Zeitnahme, also versuche ich mich im ersten Drittel dazu zu quetschen.

Jetzt habe ich mich doch etwas verquatscht, unmittelbar vor dem Start stelle ich fest, dass mein MP3 Player mal wieder leer ist. Ich ziehe das Kopfhörerkabel aus meiner Klamotte und wickle das ganze ums Gerät um alles in meiner „Steißtasche“ zu verstauen.

-Peng-

Während ich noch dastehe und mit dem Kabel rumwurstle, schiebt sich das Läuferfeld an mir vorbei. Ich stehe da wie ein Depp Fels in der Brandung, und sehe zu, dass ich schleunigst mit dem Tross mitschwimme. Die ersten hundert Meter sind unglaublich eng, nach zweihundert Meter kommt schon der erste Anstieg, der ist zwar kurz dafür aber umso steiler. Noch auf dem ersten Kilometer beginnt schon die nächste Steigung, diesmal weniger steil dafür umso länger. Den ersten Kilometer laufe ich in 5:06. Auch wenn ich zu Beginn blöde im Startbereich rumgestanden bin und es sehr eng war, hätte ich mich schneller eingeschätzt.  Meine Pulswerte sind bereits auf Zielspurt Niveau. Den zweiten Kilometer bin ich nicht arg viel schneller, schon wieder 5:06. Jetzt aber Gas geben. Den dritten Kilometer schaffe ich erstmals unter 5 Minuten. Allerdings geht es hier hauptsächlich den Berg runter. Die zweite Runde wird eingeläutet. Im Startbereich steht ein kleines Mädchen und zählt die Läufer, 176, 177, 178… -Oh Gott, ich bekomme hier die rote Laterne-

Kilometer 4 bleibe ich weiter dran aber die Steigungen werden nicht flacher. Die 5er Markierung passiere ich bei 24:50, noch ist also alles im Soll.  Mein Garmin piepst den Kilometer jedoch wesentlich später ab, bei 5:45/km, der Satellit hat hier im Wald offenbar Probleme mir zu folgen.  Aber es zeichnet sich ab, ich werde einbrechen. Kilometer 6, 7 und 8 laufe ich in einem guten Marathon Schnitt 5:20 – 5:30, aber für einen Zehner ist das zu lahm, da rettet auch die ungenaue Ortung nichts mehr.

Eingangs der letzten Runde zählt das Mädchen, 158, 159, 160… Ich kann mich nicht erinnern, dass ich auf der letzten Runde 18 Läufer kassiert hätte, eher umgekehrt. Ich bin völlig fertig. Meine Pulswerte sind im tief roten Bereich, die Steigungen hoch Schnaufe ich wie eine Dampflock. Leichtfüßige Läufer zeihen an mir vorbei, wenn mich gleich das Besenrad einholt steige ich aus…

Mit Ach und Krach schaffe ich die 3. Runde, eine Sub 50 ist nicht mehr drin, oder doch?  Auf den letzten Kilometer versuche ich nochmal Dampf zu machen. Ab jetzt überholt mich aber keiner mehr. Von hinten nähern sich Schritte. Ich erhöhe die Schrittfrequenz, und kann mich etwas von den Verfolgern absetzen. Erstaunlich was ich da nochmal mobilisieren kann. Ich kann noch ein paar Läufer einholen, und passiere bei 50:44 die Zielmatte. (Offiziell 50:49  (156. der Gesmatwertung ; das Mädchen lag gar nicht so verkehrt))

Sub 50 war hier und heute einfach nicht drin.

Mit 12 Stunden Arbeit, Bier und Kartoffel-Chips ist die Form eben schwer zu halten…

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Fazit: Der Teufelsberglauf ist nicht gerade ein Crosslauf, eher ein Waldlauf auf Schotter und Waldwegen. Das Höhenprofil ist wellig mit 44m Höhendifferenz pro Runde . Das Teilnehmerfeld ist durchaus ambitioniert, die Ergebnissse liegen zwischen 34 Minuten und 1 Stunde 10 Minuten. Wobei 54% aller Läufer unter 50 Minuten bleiben. Der Männer Anteil liegt bei 79 %. Die zahlenmäßig stärkste Altersgruppe ist M45 (18%) gefolgt von  M40 (16%). Auch wenn ich nicht zu den 54% zähle, eine Wiederholung im nächsten Jahr ist fest eingeplant.

Hach, toll so ne Mini-Statistik…

Ich kann mich nicht erinnern wann ich das letzte Mal derart nervös war, wie vor meinem Marathondebüt am vergangen Wochenende in München. Irgendwann, vor langer, langer Zeit setzte ich mir mal das Ziel einen Marathon unter 4 Stunden laufen zu wollen.  Da ich zu diesem Zeitpunkt mal einen HM in akzeptabler Zeit ins Ziel gebracht hatte und total stolz war, dachte ich mir recht naiv, ein MT  kann ja nicht so schwer sein, läufst du halt ein bisschen weiter.

Während meiner MT Vorbereitung ab Juni, stellte ich dann jedoch sehr schnell fest, dass einfach ein bisschen weiter, gar nicht so easy ist. Gerade die langen Einheiten (auf die es ja ankommt) bereiteten mir gehörige Schwierigkeiten. Somit stand das Ziel Sub4 doch schwer in Frage, und wurde von Selbstzweifeln getrieben, schrittweise mit neuen Zielen  ersetzt

A) Ankommen, egal wann.

B) Ankommen  vor Zielschluss

C) Ankommen, ohne Gehpausen

Ja, das soll mein Ziel sein, Ankommen ohne Gehpausen, dann sollte die Zeit auch nicht ganz unterirdisch werden. Aber nervös war ich immer noch, die gesamte letzte Woche war ich nur schwer für meine Mitmenschen ertragbar. Ich war ja total gaga.

Mein Marathon Wochenende begann Freitagabend. Ich habe  meine Freitagstermine abgewürgt um noch kurz vor Schluss  meine Startunterlagen auf der Marathonmesse abzuholen und um meinen Vorrat an High5 Gels aufzufüllen. Da musste ich den ersten Rückschlag erleiden.  Mein High5 Dealer war dieses Jahr nicht auf der Messe, ich konnte es gar nicht glauben, ich habe zweimal die Räumlichkeiten durchkämmt, aber er war nicht zu finden.

-Waaah-

Somit geriet ich in die Fänge des Squeezy-Dealers.

Auf meine Frage, ob man deren Gele auch ohne Wasser einnehmen kann, handelte ich mir einen 30 minütigen Vortrag über „das Wesen des Gels und seine fachgerechte Anwendung“ ein.

„Selbst bei einem Trinkgel (und so was wollte ich) muss man zusätzlich trinken!“

Ich hatte jetzt nicht vor, den Marathon komplett trocken zu laufen, ich will die Dinger ja nur weil sie aufgrund ihrer Konsistenz nicht ganz so eklig sind. -Aber OK, texte mich zu, ich habe heute nix mehr vor-

Wobei ich ja durchaus bei der Wasseraufnahme in der Vergangenheit so meine Probleme hatte, aber dies sollte ja  mit Hilfe meines Trinkhalms am Arm nun der Vergangenheit angehören.

Ich erfahre, dass es von Squeezy das „einzige“ Trinkgel gibt bei dem man nicht innerhalb der nächsten Stunde etwas trinken muss. Allerdings sind die Gele mit 160 ml fast so groß wie ein Tetrapack. Wenn ich mir die an den Gürtel schnalle, laufe ich Gefahr diesen samt Hose zu verlieren.

Notgedrungen habe ich dann eben ein 10er Pack von den normalen Gels mitgenommen.

Den Samstag habe ich irgendwie rum gebracht. Wie ein Tiger im Käfig zog ich durchs Haus, vor lauter Nervosität habe ich einen Streit mit meiner Frau vom Zaun gebrochen, ich weiß nicht mehr worum es ging, aber ich hatte sicherlich unrecht.

Ich machte mir Sorgen ums Wetter. Herrschten letzes Wochenende noch sommerliche Temperaturen, wird im aktuellen Wetterbericht vom Wintereinbruch in Bayern berichtet. Und der –timekiller- friert nicht gerne. Ich checke stündlich die Wetterprognosen für Sonntag, die Prognosen werden dadurch aber nicht besser. Den ganzen Tag schütte ich Spezi, Rivella, alkoholfreies Weißbier in mich hinein.  Wenigstens meine Flüssigkeitsspeicher sind gefüllt, daran wird es also morgen nicht scheitern.

Sonntag früh,  ich bin lange vor dem Wecker wach, der seinen Dienst um 6:00 Uhr antritt. Ich grüble noch über meine Renntaktik.

Prio1: Ankommen,

Prio2: keine Gehpausen,

Prio3: Sub4 ?

Um eine Sub4 zu schaffen müsste ich einen konstanten Schnitt von 5:40 laufen. In meinen Vorbereitungsläufen war ich meist auf den ersten 20km schneller und bin hintenraus eingebrochen.

Ich will es dennoch versuchen, ich hänge mich einfach an den 4er Paceläufer und versuche solange dran zu bleiben wie es geht. Muss ich abreißen lassen, tritt Prio2 in Kraft, dann Prio1. So lautet mein Plan.

Endlich darf ich aufstehen,  als erstes checke ich das Außenthermometer: 3 °C, –brrr-

Zum Frühstück gibt’s 3 Toastbrote mit Honig, und einen Kaffee (sonst werde ich nicht wach). Um 8 Uhr checke ich nochmals das Thermometer, „4 °C“ –zumindest wird es nicht kälter-

Ich stelle mir die Frage, ob ich lang oder kurz laufen soll. Ich beschließe ein Mann zu sein und ziehe die knielange Tight und ein kurzes T-Shirt an. Im Schlafzimmerschrank krame ich ganz unten einen alten Pulli raus, der so schrecklich ist, dass ich ihn gerade einmal getragen habe. Der Pulli hat ein derart  grausames Muster, dass ich ihn Bewusst links anziehe. Über das Ensemble ziehe ich eine lange Trainingshose und eine Winddichte Laufjacke. So begebe ich mich um 9:00 Uhr mit dem Fahrrad zum Olympiastadion.

Vor der Kleiderbeutel-Abgabe ziehe ich mich um. Es ist noch immer kalt, ich beschließe den Ätz-Pulli bis zum Start anzulassen, um ihn dann vom Reinigungskommando entsorgen zu lassen. – hoffentlich erkennt mich jetzt niemand-

Vom Olympiastadion zum Start an der Ackermannstraße sind es gut 1500 Meter. Ich nutze den Weg, um mich locker einzutraben. Der Start ist in zwei Startblöcke unterteilt, Block A – bis 3:45h und Block B – ab 3:45h. Die Entfernung zwischen beiden Blöcken sind gute 300 Meter. Vom Block B aus kann man den Start noch nicht mal sehen. Ich bleibe trotzdem hier. Das unbeschreibliche Erlebnis, von 5000 Läufern überholt zu werden möchte ich mir ersparen. Ich halte Ausschau nach den 4:00h  Pace-Läufern. Ich entdecke eine ältere Dame mit großem gelbem Ballon, auf dem mit Edding eine 4:00 geschrieben steht. Ich pirsche mich an die Dame ran, die schon von einer Läufertraube umringt ist.  Bereitwillig gibt sie auf alle Fragen Auskunft. Die Frau ist bereits über 60 Marathons gelaufen. Sie erzählt, dass sie einen konstanten Schnitt von 5:40 laufen will, und dass sie bei jeder Wasserstelle etwas trinken wird.

Etwas entfernt sehe ich noch einen weiteren  4:00h Pace-Läufer mit gelbem Luftballon. Ein junger Kerl, auf seinen Laufsocken steht allerdings 3:45. Ich frage Ihn ob seine Socken vorgehen, oder ob er tatsächlich der 3:45h Läufer ist. Er erklärt mir, dass er heute früh seine 4:00 Socken nicht gefunden hat. Die 3:45 sind noch vom letzten Wochenende da war er Paceläufer in Köln.

-Zwei Marathons innerhalb einer Woche, der ist ja total irre-

Man unterhält sich nett, er möchte auf der ersten Hälfte einen kleinen Puffer rauslaufen, weil er unterwegs mindestens einmal in die Büsche muss. Ab km 37 möchte er dann das Tempo rausnehmen. Aha, denke ich. „Pufferrauslaufen“ wollte ich eigentlich nicht. Daher beschließe ich eingerahmt von den Paceläufern zu laufen.

Amüsiert beobachte ich noch, wie ein älterer Herr, eine Rolle Papier, groß wie eine Tapete, an seinem Armgelenk zu befestigen versucht. Seine Kilometerzeiten (Font 14), klärt er mich auf, und zwar alle 42. Ich hingegen, habe mir auf der Marathonmesse am Asics Stand ein kleines Sub4  Armbändchen ausdrucken lassen, das reicht mir vollkommen.

Um 10:00 Uhr wird der Startblock A von den Feldmochinger Böllerschützen auf die Strecke geschickt. Der Startblock B wird 10 Minuten später gestartet. Beim aufrücken falle ich etwas hinter die Paceläufer zurück, da ich feststelle, dass mein Schuh etwas zu locker sitzt und ich nachzurren muss.

-Peng-  bzw. –Böller-

Foto: René Rosin/München

Foto: René Rosin/München

Jetzt geht’s auch für mich los. Im anfänglichen Gewimmel versuche ich erstmal nicht zu stolpern, und versuche von Anfang an, mein Tempo von ca. 5:40 zu halten. Bei km 2 habe ich bereits die 4:00h Paceläuferin wieder eingeholt und gehe an Ihr vorbei. Weit vor mir sehe ich den Ballon des „Pieslers“. So, in dem Korridor möchte ich die nächsten 40 km verbringen, das wäre perfekt.

Die ersten Kilometer laufen gut, ich bin natürlich wieder ein bisschen schnell, die Euphorie treibt einen voran. Nach 5 km  kommt auf der Leopoldstraße schon die erste Wasserstelle. Diese lasse ich noch aus, bei der nächsten wird getestet  ob das mit meinem Strohhalm klappt. Ich bin erstaunt wie schnell die Kilometerschilder aufeinander folgen. Schnell habe ich die nächste Verpflegungsstelle erreicht. Ich schnappe mir einen Becher vom Tisch, ziehe den Strohhalm aus dem  Armband und fixiere den Halm mit einem Finger im Becher.  Ohne Problem kann ich während dem Laufen trinken. Das Seitenstechen bleibt aus. Prima!

Mittlerweile bin ich im Englischen Garten angekommen, es läuft gut. Die Strecke schlängelt sich auf einem  schmalen Weg ca. 7 km durch Münchens beliebtesten Park, ich bin ein Grasnabenläufer und komme so ohne große Überholmanöver gut durch den Park. Ich laufe eine ganze Zeit  gleichauf mit zwei jungen Frauen, die sich fortwährend unterhalten. Unglaublich was die sich alles zu erzählen haben. Ein Mann nestelt an seiner Startnummer rum und studiert die auf der Rückseite abgedruckte Karte.

„Na, haben wir uns verlaufen?“ frage ich.

„ Ne, wir sind wohl Richtig, aber meine Frau steht mit dem Spezialgetränk an der falschen Stelle.“

„Na, die wird sich wundern, dass da heute überhaupt keiner vorbei kommt“

Nachdem man den Park verlassen und die Isar überquert hat, kommt bei km 16 die einzig nennenswerte Steigung. Ich kann meinen Schnitt auf dem „Bergkilometer“ jedoch halten und nehme bei km 17 mein erstes High5 Trinkgel (zwei hatte ich noch). Passend zur meiner ersten Mahlzeit wird dazu am Straßenrand von einer Familie Weißbier in Bechern angeboten. Mich würde interessieren wer da zulangt. Glühwein würde bei den Temperaturen vielleicht besser ankommen.

Es  nähert sich die HM Marke, ich blicke auf mein Armband, noch liege ich gut im Soll. Aber seit km 20 verspüre ich ein leichtes Zwicken in der rechten Wade. Ich versuche zunächst den Schmerz zu ignorieren, und versuche etwas lockerer und langsamer zu laufen, die letzten 6 km bin ich jeweils unter 5:30 gelaufen, das ist ohnehin viel zu schnell, wenn ich ankommen möchte.

Ich nehme nun an jeder Verpflegungstelle Wasser zu mir.  Die Strecke ist von km 21 – 28 ziemlich ätzend, es geht durch Gewerbegebiet und langweilige Wohngebiete. Erst ab dem Rosenheimer Platz wird die Strecke wieder interessanter, und auch die Zuschauer am Straßenrand werden wieder mehr.

Meine Wade zwickt noch immer, langsam mache ich mir sorgen, es sind noch gut 14 km. Die Schmerzen lassen sich nun auch nicht mehr ignorieren, gut dass jetzt der Schöne Teil des Marathons beginnt.

Foto: René Rosin/München

Foto: René Rosin/München

Es geht über die Isar, am Deutschen Museum vorbei zum Isar Tor, durchs Tal, über den Marienplatz, am Rindermarkt entlang zum Sendlinger Tor und wieder zurück zum Marienplatz. Die Stimmung puscht mich auf unglaubliche 5:06 auf meinem zweiunddreißigsten Kilometer. Es geht weiter durch ein Spalier an Zuschauern an der Feldherrenhalle vorbei über den Odeonsplatz auf die Leopoldstraße, dem Olympiastadion entgegen.

Bei km32 zweigt die Strecke allerding nochmals von der Leopoldstraße zu einer 5 km Schleife durch die Maxvorstadt ab. Es geht vorbei an Pinakothek, Uni, Karolinenplatz und über den Königsplatz.

Foto: René Rosin/München

Foto: René Rosin/München

Kurz nach dem Königsplatz ist der 35km geschafft. Ab nun betrete ich Neuland. Ich bin zuvor nie weiter gelaufen. Ich rechne nun minütlich mit dem Hammer-Mann. Irgendwann muss er ja kommen. Aber noch geht es mir gut. –erstaunlich-

Es geht zurück auf die Leopoldstraße, am Siegestor vorbei. Wie ich von der Leopoldstraße in die Franz-Josefstraße abbiege, bietet sich mir ein Anblick der Erschöpfung. Hier muss  gerade  der Mann mit dem Hammer durchgekommen sein. Und er hat ganze Arbeit geleistet, die Zahl der Fußgänger hat massiv zugenommen und am Straßenrand sitzen erschöpfte Läufer. Die Zuschauer werden weniger, von hier aus hat man nun einsame 4 Kilometer Richtung Stadion vor sich.

Foto: René Rosin/München

Foto: René Rosin/München

So langsam setzt auch mir die Strecke zu, wäre ja auch gelacht gewesen. Ich werde langsamer,  ich schiele auf die Uhr, habe ich da eine 6:xx gesehen? Ahh, wird das jetzt doch noch knapp? Die Sekunden verrinnen, und die Wade schmerzt.

Es kommt die letzte Verpflegungsstelle, ich nehme nochmals ein Becher Iso zu mir. Die Verkehrsinsel die hier mitten in der Straße rumsteht stellt mit seinem hohen Bordstein ein wirkliches Hindernis dar, vielleicht sollte ich doch lieber drum rum laufen. Noch gut zwei Kilometer dann habe ich es geschafft.  Ich biege in die Ackermannstraße ein, von dort bin ich vor gut vier Stunden gestartet, dann geht es in den Olympiapark. Hier kenn ich mich aus. Ich bin daheim, ich bring das Ding jetzt nachhause, ich verspüre den zweiten Atem, oder ist es gar der Dritte? 1200 Meter vor dem Ziel  mobilisiere ich all meine Reserven, Zeit die –timekiller-Rakete zu zünden. Ich ziehe fast leichtfüßig an wankenden Gehern  vorbei.    Durch das Marathontor geht es in das Olympiastadion. Hier ist lächeln für die Fotografen angesagt, dann geht es zur Schlussrunde auf die Tartanbahn. Ich habe schon schnellere Zielsprints hingelegt, aber nach 42 km sind keine Wunder mehr zu erwarten. Die Muskeln sind absolut leergesaugt. Ich spüre wie die Waden kurz vorm krampfen sind, schneller geht nicht mehr, jetzt kann ich nur noch Haltungspunkte sammeln, auf die letzten 50 Meter ist Tribühnenschritt angesagt.

-ZIEL-

-3:57:51-

Unfassbar, ich habe es geschafft,  ich bin angekommen, ohne Gehpausen, und dann auch noch unter vier Stunden !!!

Kullert mir da gerade eine Träne über die Wange? Kommt wahrscheinlich von der schmerzenden Wade. Wenn mich jetzt jemand anspricht wimmere ich los wie Sebastian Vettel bei seinem ersten WM Sieg 2010.

Ich gehe Richtung Erdinger Weißbierstand, und lass mir feierlich meine Medaille umhängen.

Foto: René Rosin/München

Foto: René Rosin/München

Mit zwei Weißbier und einer Plastikfolie suche ich mir ein freies Plätzchen auf dem Rasen. Schon beim hinsetzen ahne ich, dass ich sehr lange brauchen werde bis ich hier wieder hochkomme.

Ich liege auf dem Rasen und bin einfach nur G-L-Ü-C-K-L-I-C-H.

Es scheint zwar die Sonne aber nach einiger Zeit fange ich an zu frieren.  Jetzt muss ich nur noch die verflucht steile Stadiontreppe hoch zur Kleiderbeutelausgabe kommen, aber jetzt habe ich ja Zeit.

Erstaunlicherweise bin ich gleich 43km gelaufen 😉

Mein  Jahresereignis wirft seine Schatten voraus, ich bin schon total nervös und stelle jede Menge Überlegungen an.

Soll ich mit Trinkrucksack laufen, oder lieber doch nicht?

Wenn nein, wo packe ich all meine Gels hin? Wenn man den Angaben der Hersteller glauben darf, sollte man pro Stunde 3 Gels verzehren. Bei einer prognostizierten Zielzeit von über 4 Stunden wären das ja dann 12! Gels. Naja, vielleicht etwas viel, da braucht man ja einen Patronengurt.

-Ah, gute Idee-

Als alter Triathlet (hüstel) laufe ich ohnehin mit Startnummernband, (hauptsächlich aber deshalb, weil ich es Leid bin mir mit den Sicherheitsnadeln beim Befestigen der Nummer in den Bauch zu piksen). An den Gurt  könnte ich mir ja Laschen für die Gels dran nähen lassen. Zwölf Gels werde ich da nicht unterbringen, dazu müsste ich bis Sonntag noch etwas an Umfang zulege. Aber ich denke sechs Gels sollten auch langen.

Oder doch lieber mit Trinkrucksack laufen?  Dann quetsche ich die  Gels in die dazugehörige Tasche. Der Trinkrucksack hat zudem den entscheidenden Vorteil, dass ich während dem Laufen trinken kann, egal wann und wo (so lange eben was da ist).

Denn ich habe ein Problem, ich kann beim Laufen bzw. Gehen nicht aus Bechern trinken. Ich habe es oft versucht, das endet meist damit, dass ich anschließend mit Seitenstechen zu kämpfen habe und japsend am Wegesrand stehe. Daher bin ich bei Volksläufen dazu übergangen, weder beim 10km noch bei einem HM überhaupt etwas zu trinken. Beim MT werde ich aber unterwegs etwas zu mir nehmen müssen, da hilft nix. Bei meinen langen Läufen hatte ich mit dem Camelbac bisher noch keine Schwierigkeiten, auch wenn man an dem Schlauch ganz gehörig saugen muss.

Auf der anderen Seite, über 40 km einen „Höcker“ mitzuschleppen törnt mich jetzt auch nicht gerade an. Da ich jetzt nicht über ein Versorgungsteam verfüge, das mich während des MTs begleitet, und mir Trinkflaschen mit Nuckel reichen kann, muss ich mir wohl was anderes einfallen lassen.

Als Laufzubehör gibt es ja auch Trinkgurte mit zugehörigen kleinen Nuckelfläschchen, aber das Gebommel im Hüftbereich würde mich wahrscheinlich wahnsinnig machen, da kann ich ja dann auch gleich mit Trinkrucksack laufen, das wäre dann sogar angenehmer.

Die kleinste Form eines Trinkutensils wäre ein Trinkhalm, dafür sollte ich an meinem Gurt ja noch Platz haben. Oder noch viel besser an meinem Armgelenk Schlüsseltäschchen (da kommen  die GelChips  und Traubenzucker rein). –Hm!-

Jetzt habe ich  meine Frau solange genervt, bis sie mir tatsächlich entsprechende Laschen an mein Startnummernband und mein Gelenktäschchen genäht hat.

Das ganze musste natürlich noch getestet werden, nicht dass ich am Sonntag bereits kurz nach dem Start meinen gesamten Proviant verliere, und ich dann mit leeren Speichern da stehe.

Also bin ich am Samstag zu meinem letzen langen Lauf mit voller Wettkampfausrüstung angetreten.

Startnummernband mit Gel bestückt, ( Startnummer habe ich weggelassen), und mein Armtäschchen mit Trinkhalm.

So bin ich mit der U-Bahn in den Englischen Garten gefahren, und bin von dort nördlich durch die Isarauen Richtung Garching und zurück gelaufen. Die Strecke ist wunderschön, wobei, bei dem Wetter wäre selbst ein Lauf durch ein Industrierevier wunderschön gewesen, oder?

Über den Lauf an sich möchte ich den Mantel des Schweigens legen, als vergeigte Generalprobe war er sicher ein wertvoller Beitrag zu meiner Marathonvorbereitung. Das lag jedoch hauptsächlich daran, dass ich bereits hungrig loszog, und sich das Hungergefühl während der nächsten zweieinhalb Stunden auch nicht von Traubenzucker und Co in seine Schranken weisen lies. Der „Mann mit dem Hammer“ saß also schon gemeinsam mit mir in der U-Bahn, und hat mich anschließend bei meinem Lauf begleitet, um dann ab km 18 ordentlich mit dem Hammer zu schwingen.

So ein Training auf dem Hungerast, mag wertvoll sein, macht aber keinen Spaß.

Ja, ich weiß, ich muss meine Trainings besser vorbereiten, aber da ich am gesamten Wochenende (+Feiertag) arbeiten musste, hatte ich nur ein kleines Zeitfenster in dem ich überhaupt laufen konnte, da konnte ich mich nicht auch noch mit der rechtzeitigen Nahrungsaufnahme befassen.

Als Fazit muss ich sagen, dass meine Gels in den Schlaufen gut gehalten haben, und auch die Handhabung des Trinkhalms während des Laufens gut geklappt hat. Auch wenn ich das Trinken mit Halm aus einem Becher nicht testen konnte, so bin ich zuversichtlich, dass ich das hinbekomme.

Und sonst? Was bleibt für diese Woche? Noch 2 lockere Läufe, und dazwischen ordentlich Carboloading….

Ja, ich habe es getan. Ich habe meinen 35er Lauf absolviert. Und, Ja, es hat weh getan.

Da meine Frau  fürs  Wochenende mit einem romantischen Wochenende in den Bergen gedroht hatte, musste ich mir natürlich was einfallen lassen, sonst wäre das nix mehr geworden mit meinen langen Läufen.

So fügte es sich ganz günstig, dass am  Donnerstag meine Arbeit geschlossen auf die Wies’n ging. Da ich dieses Jahr all meine Wiesn Besäufnisse abgesagt habe, kniff ich auch hier. Das bedeutete aber, ich hatte einen freien Nachmittag.

Also habe ich meine Laufsachen schon mit in die Arbeit genommen und bin dann mit der S-Bahn direkt nach Feldafing am Starnberger See gefahren, von dort aus sollte es dann wieder nachhause gehen. Die Strecke von Starnberg nach München, war ich ja jetzt schon zweimal gelaufen, das sind ca. 30 km. Da es diesmal etwas länger sein sollte bin ich einfach mit der S-Bahn zwei Stationen weiter gefahren. Auf dem Radweg wollte ich dann zunächst zurück nach Starnberg und dann von dort auf gewohnten Pfad zurück zur Homebase.

Jetzt gibt es aber keinen Radweg vom Feldafing nach Starnberg, jedenfalls keinen, der den Namen verdient hätte. So musste ich an der Straße entlang, zunächst nach Possenhofen und dann über Niederpöcking weiter nach Starnberg. Entsprechend schnell bin ich die „Straßenabschnitte“ gelaufen, naja, noch bin ich ja frisch. In Starnberg standen bereits 8 km auf dem Tacho,

– hm, vielleicht doch ein bisschen weit raus gefahren-.

Ich  folgte der Beschilderung des Radweges nach Gauting. Aber da muss es wohl mehrere Wegvariationen nach Gauting geben, schließlich landete ich nicht auf dem bekannten Weg entlang der Würm sondern irgendwo anders. „Ist ja egal“ dachte ich, Hauptsache ich komme nach Gauting, und etwas Abwechslung ist ja auch nicht schlecht.  So führte mich der Weg beispielsweise auch über den Golfplatz  „Gut Rieden“.

Rechts und links akkurat gemähtes grün. Den Impuls barfuß über das Green zu laufen unterdrückte ich schnell wieder , irgendwie war mir etwas unwohl dort durch die Anlage zu laufen, und die Bälle sausen durch die Luft…

-Wenn ich ein Golfball ans Hirn bekomme, dann haue ich euch aber die Karos aus Euren albernen Hosen-.

Also legte ich einen Zahn zu, und schaute, dass ich wieder in den schützenden Wald komme.

Der Weg führte mich völlig alleine durchs Gehölz, bis ich wieder an einer Straße stand. Von  hier ging es wieder an der Straße entlang, na super. Die nächste Ortschaft in die ich komme ist „Königswiesen“. Netter Name, aber wo ist Gauting? Zumindest zählt Königswiesen zur Gemeinde Gauting, also kann ich nicht ganz verkehrt sein.  Ich folge wieder einem Radweg, der mich direkt in einen dichten Tannenwald führt. Plötzlich ist der Weg zwecks Baumfällarbeiten gesperrt. Also schlage ich mich ins Unterholz und versuche irgendwie die Richtung zu halten.   Über einen schmalen Pfad gelange ich in eine Ortschaft, vermutlich Gauting. Eine ältere Fußgängerin frage ich, wo ich gelandet bin. Ohne zu antworten  fragt sie, von wo ich den herkomme. Ist die Antwort abhängig von meinem Ausgangsort?  Ich sage wahrheitsgemäß „Feldafing“ woraufhin ich nur ein Kopfschütteln ernte. „Ja mei, wo wollns denn hi“? Nach Pasing antworte ich schüchtern.  „Ja mei, do sinds ja total falsch, mir san ja hier in Gauting“

OK, die Antwort reicht mir, ich lasse die Frau verdutzt stehen und versuche mich in Richtung der gefühlten Ortsmitte durchzuschlagen, von dort kenne ich mich dann wieder aus.  Mittlerweile stehen 19km auf der Uhr. Von Gauting sind es jetzt noch 20km nach Hause. Uiuiui, das wird jetzt aber wirklich eine lange Runde. Naja, vielleicht lasse ich mich ja in Pasing oder so abholen.  Ich ziehe weiter Richtung Pasing. Zeit mal ein Gel zu testen. „Fruit Gel (Red Fruit Punch)“ von Powerbar.

Igitt!!!

Das Zeugs ist dermaßen süß, dass es mich spontan würgt. Schnell spüle ich den Kleister mit einem ordentlichen Schluck aus dem Camelbak runter. Also, ein PowerGel  kommt in zwei Wochen nicht an den Start, soviel ist sicher.

Ab km 25 komme ich langsam ins Grübeln ob mein Vorhaben nicht doch etwas zu ambitioniert ist, schließlich habe ich ja erst vor vier Tagen einen flotten marsch um den Tegernsee absolviert, und gestern bin ich ja auch schon wieder 9km gelaufen.

Bei km 28 stelle ich die gesamte Lauferei in Frage, aber da bin ich ja nicht der erste, der in diesem Zustand auf diesen Gedanken kommt.

Bei km 29 denke ich nur noch an km 30. Von nun an ist jeder Schritt ein Sieg. Niemals zuvor bin ich weiter gelaufen. Ich genieße das Gefühl.

Bei km31 ist die Euphorie verflogen. Ich mache mir Sorgen um den Zustand meiner Knie. In Pasing muss ich durch eine Unterführung, das leichte Gefälle lässt meine Knie besorgniserregend wackeln, gleich haut‘s mir die Patella raus. Na, wenn das Gelenk zu Bruch geht, kann ich‘s ja mit dem letzten PowerBar Gel wieder zusammen kleben, das hält sicherlich.

Ab km 32 erwäge ich, mich von meiner Frau abholen zu lassen, bei km 33 fällt mir allerdings ein, dass heute Elternabend in der Schule ist, und ich schon zu spät dran bin. Ab km 34 gehe ich mögliche alternative Taxifahrer durch, doch die sitzen alle auf der Wiesn, und sind jetzt sicherlich nicht mehr fahrtauglich.

Bei km35 kommt die Erlösung in Form einer Bushaltestelle der Linie 162  zum Moossacher Bahnhof. Von dort sind es nur noch zwei U-Bahnstationen zur Dusche. Ich kann der Verlockung nicht widerstehen und warte auf den Bus. Es wären jetzt noch gut 6-7 km bis nachhause, aber MT will ich ja erst in zwei Wochen laufen. Heute sollen mir die 35 km in 3:32h reichen.

Während ich auf den Bus warte leere ich mein Camelbak. Hätte ich geahnt wie lange der Bus bis zum Bahnhof braucht, hätte ich mir das letze Wasser vielleicht etwas besser eingeteilt. Der Bus gondelt eine geschlagene halbe Stunde durch mir bis dahin völlig unbekannte Stadtteile.

–ich will nachhause, ich habe Durst-

Das Camelbak gibt nichts mehr her, egal wie stark ich am Mundstück sauge, es röchelt nur noch.

Ich bin so fertig, ich kann nicht mal mehr schwitzen. Weshalb kribbeln eigentlich mein Finger so? Hyperventiliere ich etwa?

Nach einer gefühlten Ewigkeit komme ich endlich am Moossacher S-Bahnhof an. Nach der halben Stunde Busfahrt haben sich meine Beine von Hochleistungssportgeräten  zu  wabbeligen Gummischläuchen gewandelt. Die Rolltreppe zur U-Bahn fährt natürlich wieder in die falsche Richtung.

-könnte mir hier mal jemand die Treppe runter helfen?-

Endlich zuhause, nehme ich das alkoholfreie Weißbier direkt mit unter die Dusche.  In zwei Wochen stelle ich dann wohl noch einen Hocker in die Dusche.

Meine MT Vorbereitung steht derzeit unter keinem guten Stern. Da ich bei den letzten langen Einheiten etwas geschlampt habe, bzw. diese abgebrochen habe, gab es nicht gerade Lob für meine Leistungen. Also wurde Besserung gelobt, und bis zum MT Termin am 9.10. sollten zumindest noch ein oder zwei lange Einheiten eingebaut werden. Letztes Wochenende wäre ideal für einen langen Lauf gewesen, allerdings hatte ich mich noch im August für den Tegernsee Halbmarathon angemeldet. Damals dachte ich, das wäre eine gute Idee, nun stört der Lauf eher, da ich besser 30+ laufen sollte. Aber angemeldet ist angemeldet, dann wird auch gelaufen. SuperMario mein Personal Trainer riet dazu, den Lauf als Tempoeinheit zu verbuchen, und stellte mal eine Zielzeit von 1:45 – 1:50 in den Raum.

Öhha. Das ist mal eine Ansage. Ich hatte bisher das  Gefühl, dass ich durch die MT Vorbereitung etwas an Schnelligkeit eingebüßt habe. Aber gut, dann wollen wir mal sehen, ob ich das Ergebnis vom Münchner Stadtlauf im Juni toppen, bzw. bestätigen kann. Damals konnte ich als PB eine 1:46:37 ins Ziel bringen.

Aber, ob das am Tegernsee gelingt? Ich weiß nicht! Vor zwei Jahren bin ich während des Tegernseelaufes böse eingegangen. Die Strecke um den Tegernsee hat das tückische, dass die ersten 16 km relativ flach sind, es sogar bis km 11 stetig abfällt, aber bei einem Rundkurs muss man irgendwann die Höhenmeter wieder gutmachen, und das ausgerechnet auf den letzen 4km. Da brennen die Schenkel! 2009 konnte ich auf den ersten  10 km sogar meine persönliche PB für 10km unterbieten, um daraufhin mental und konditionell komplett auseinanderzubrechen, denn schließlich hatte ich ja noch mehr als die Hälfte vor mir. Als dann ab Bad Wiessee die Steigungen kamen, war‘s dann vorbei. Ich beendete den Lauf in jämmerlichen 2:04h.  Da ist also noch eine Rechnung offen, die beglichen werden will.

Man wollte es mir aber nicht zu leicht machen, daher erhielt ich vor dem Lauf noch eine Lektion in „Stärke Dein Willen durch Enthaltsamkeit“

Meine Familie, die während meiner Marathonvorbereitung,  hinter mir steht wie ein, hm, ein  wackliges Kartenhaus, hat sich was Nettes ausgedacht, und hat kurzerhand anlässlich des Wiesnanstichs ein Weißwurstfrühstück organisiert. OK, es war zudem noch mein Geburtstag, aber den wollte ich dieses Jahr eigentlich ausfallen lassen (so wie jedes Jahr).

Wie ich also Samstags von meiner Vormittagsrunde zurück kehre, ist schon das halbe Haus voller Gäste. Als Geschenke haben sie Bierspezialitäten wie bsp. das Alpirsbacher Klosterbräu, oder die „Giesinger Erhellung“ mitgebracht. Ui, Prima, das wird jetzt ganz hart. Aus meinem früheren Leben, als man mich noch –bierkiller- nannte,  weiß ich noch wie lecker das schmeckt und wie so ein Brunch ausgehen kann…

Aber ich wäre nicht der –timekiller- könnte ich solch einer Versuchung nicht widerstehn. Aber es war wirklich hart. Ich kann die nächsten Wochen kein alkoholfreies Weissbier mehr sehen, denn meine Freunde zeigten wirklich Ausdauer, den letzten habe ich um 23:30 Uhr verabschiedet.  Gerade noch Zeit genug, den Wetterbericht zu checken um dann die Laufsachen für Sonntag zu packen, und dann ab ins Bett.

Sonntag früh,  6:45 Uhr,  der Wecker bimmelt.

Ich stöhne, die Frau grunzt und wirft mich aus dem Bett. Der Blick nach draußen bestätigt den Wetterbericht des Vorabends. Trübe, es tröpfelt… Ich ignoriere die dunklen Wolken und sage mir“ das hält“. Kurz vor acht verlasse ich das Haus nachdem ich unserer röchelnden Kaffemaschine eine Tasse Kaffee abgerungen habe. Zu essen gab es ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte. Ist jetzt nicht gerade ein Läuferfrühstück, aber  bei  kulinarischen Leckerbissen in unserem Hause muss man sich ranhalten…

Um 8:10 fuhr die BOB (Bayerische Oberland Bahn) vom Münchner Hbf nach Tegernsee.  Der Zug ist gut gefüllt mit Läufern, die Wanderer bleiben bei dem Wetter lieber zu Hause, so ist man unter sich.  Viertel nach Neun ist der Zug bereits in Gmund.  Also noch genug Zeit die Tasche mit den Wechselklamotten abzugeben, und sich mit gleichgesinnten zu unterhalten. Noch hält das Wetter, also wird die Regenjacke mit abgegeben.  Zur Sicherheit habe ich aber noch das Modell Müllsack einstecken, das ich mir mal vorsorglich unter den Arm klemme.

Pünktlich zum Einlaufen setzt Sprühregen ein, ich stülpe mir den Müllsack über und laufe locker ca. 3km bevor ich mich dann in die Startaufstellung begebe. Startblöcke kann ich keine erkennen, ich sortiere mich ein gutes Stück von der Startlinie entfernt ein, und warte auf den Startschuss. Der Regen hat wieder aufgehört, daher ziehe ich den Sack wieder aus, und binde  mir den Sack um den Bauch, wer weiß ob man den nochmal braucht.

Pünktlich um 10:30 erfolgt der Start.

Sowohl die 5km, 10km und HM-Läufer begeben sich zeitgleich auf die Strecke, dementsprechend ist das Gewühl nach dem Start. Da die komplette Bundesstraße nach Rottach-Egern jedoch gesperrt ist, hat das Läuferfeld  genug Raum und es kommt zu keinerlei Behinderungen.

Da ich bei meinem letzen Tegernseelauf  zu schnell angegangen war, achtete ich diesmal  schon ab dem ersten Kilometer darauf nicht zu schnell zu werden. Ich wollte so zwischen 5:05 und 5:10 laufen, was mir auch erstaunlich gut gelang.  Die Zwischenzeitenmatte (beim km 10?) überquerte ich trotzdem  bei  52:30 min, Hä???  Wie geht das denn, das ist ja ein Schnitt von 5:15? Hm, PB wird das aber nicht mehr, mal sehen, ob ich auf der zweiten Hälfte noch eine Schippe drauf packen kann. Ich checke die Systeme und bekomme nur positive Rückmeldungen.

Füße: OK;

Schienbein: OK;

Schenkel: OK;

Kondition: OK.

Alles Gut, bis auf das Wetter, denn es hat wieder angefangen zu regnen, aus dem anfänglichen Tröpfeln ist ein Dauerregen geworden. Anfangs versuchte ich noch die Pfützen zu umkurven. Als dann das Wasser in Strömen über die Straße läuft unterlasse ich meinen Regentanz und platsche geradewegs durch die Pfützen. Das Laufshirt hat sich auch schon komplett mit Wasser vollgesogen.

Ich hab zwar noch den Müllsack wie eine Schärpe  um den Bauch geschlungen, werde mir jetzt aber nicht die Blöße geben mir den Sack noch überzustülpen. Arg viel nässer kann ich jetzt sowieso  nicht mehr werden. Der Plastikgürtel sieht zwar doof aus, hat aber einen entscheidenden Vorteil. Der Bauch ist warm, und das ist nicht unangenehm bei dem Wetter.

Ab Bad Wiessee geht es dann ans Eingemachte, die Steigungen beginnen. Ich habe aber noch genug Butter auf der Stulle und verkrafte die erste Steigung recht gut, das letze mal ist mir das viel steiler vorgekommen. Bei Kilometer 19 fällt die Strecke nochmal ab,  diesmal nutze ich das Gefälle und kann sogar eine 4:20 auf den Kilometer verbuchen. Ich nehme den Schwung für den nächsten nicht enden wollenden Anstieg mit und kämpfe mich nach oben. Km 20, gleich geschafft, jetzt will ich es wissen und zünde die –timekiller- Rakete. Trotz Regen zündet diese sofort und ich gebe auf den letzten Kilometer nochmal so richtig Gas. Begünstigt vom Gefälle zum Ziel hin stürme ich mit einer 3:er Pace durchs Ziel.

-1:46:32-

Na, das hat ja dann doch noch gereicht, sind zwar nur 5 Sekunden, aber die PB vom Stadtlauf habe ich damit bestätigt, bzw. leicht unterboten.

Und das Beste ist. Ich fühle mich gut, ich hätte noch Kraft (und Lust) weiter zu laufen, wieweit wissen allerdings nur die Laufgötter.

Samstag 10.9. Es steht ein langer Lauf an. 30 – 35 km sollen es werden. Lust habe ich keine. Das Wetter ist für dieses Vorhaben denkbar ungünstig. Um 16:30 Uhr hat es immer noch 29°C, aber ich muss los, sonst wird’s dunkel und ich stolpere dann irgendwo im Dunklen durchs Unterholz.

Also wird der Trinkrucksack gepackt, 2 Gels, etwas Traubenzucker, und die Wasserblase noch in Alufolie eingewickelt, damit das ganze etwas länger kühl hält. So geht es los, mein Ziel?

Ich habe keine Ahnung.

Ich will mal ein paar Runden im Olympiapark machen und dann noch einen Abstecher in den Nymphenburger Schlosspark, bei 30 km kommt ja einiges an Strecke zusammen…

Wie ich in den Olypark komme stelle ich sehr schnell fest dass das was nicht in Ordnung ist…

Es wimmelt, und zwar rosa!

Es ist der „Reebok Women’s Run“, -Ahhhh!-

3500 Teilnehmerinnen sind dieses Jahr für die 5km und 8 km gemeldet. Männer wollen die da nur als Zuschauer haben, und selbst das wollen nur die wenigsten. Frau möchte unter sich sein… Aber weshalb dann manche Teilnehmerin Bunny-Öhrchen tragen wundert mich dann doch.

Also muss ich umdisponieren, ein Lauf im Olympiapark fällt heute flach, deshalb schwenke ich gleich mal in Richtung Norden ab, Richtung Moosacher Rangierbahnhof, von dort halte ich mich weiter nördlich und laufe weiter Richtung Feldmoching. Das Schloss Unterschleißheim soll mein nächstes Etappenziel sein. Das werden dann so ca. 12 Km sein. Und dann? Wieder zurück? Dann bin ich erst bei 24 km , es fehlen dann noch immer gut 10 km.

Komme ich überhaupt so weit. Ich weiß nicht was los ist, ich habe überhaupt keine Lust. Den ganzen Tag war ich schon ziemlich lustlos. Ich hatte angenommen, dass das Laufen bei mir die Lebensgeister weckt, aber Pustekuchen.

In Feldmoching komme ich an einer Parkbank vorbei, und wie ich mich versehe, sitze ich auf der Bank und überlege was ich hier überhaupt mache. Nicht dass ich nach den ersten 8 km erschöpft wäre, nein, der Kopf macht nicht mit. Ich gehe mental total am Stock. Allein die Vorstellung jetzt noch 22 km zu laufen erledigt mich total.

Nach ein paar Minuten habe ich wieder etwas Mut geschöpft, und widerstehe dem Impuls einfach umzudrehen, ich laufe weiter auf meiner Strecke Richtung Unterschleißheim.

Die Strecke ist halt auch nicht der Bringer, auf dem Radweg entlang der Straße ist’s ziemlich öde. Vielleicht bringt der Schlosspark mehr Abwechslung. Ich versuche mich gedanklich abzulenken, damit ich nicht jeden Leitpfosten zählen muss. Ich mache mir Gedanken über den Women’s Run bzw. über Volksläufe im Allgemeinen.

Was ist der Antrieb der Frauen, an einem reinen Frauenlauf teilzunehmen. Sind wir Männer wirklich so schlimm, dass man nicht mit uns zusammen laufen möchte. Sind wir Männer ausnahmslos vom Ehrgeiz zerfressene Sonderlinge? Sexistische Arschglotzer? Eigentlich kennt man das ja nur von Minderheiten, dass Sie sich zusammen tun, sich organisieren und um Anerkennung kämpfen. Ich denke da  Bsp. an den CSD, oder, Öh? Mir fällt gerade nix passendes ein. Na jedenfalls sind Frauen doch keine Minderheit, rein statistisch sind die Frauen ja in der Überzahl. Möchte ich an einem reinen Männer-Volkslauf teilnehmen? Wie würde der aussehen?  Nein, ich glaube da möchte ich  nicht Teilnehmen, wobei, momentan ist mein Gemütszustand einfach nicht dazu geeignet überhaupt irgendwo teilzunehmen.

Momentan hätte ich nicht mal lust mit einem Rudel schwedischer Beach Volleyballerinen zu laufen, bzw. hier im Schlosspark Unterschleißheim zwischen hübschen Blumenrabatten.

–Wääääh- ich will nach hause.

Ich verlasse den Park und begebe mich auf eine Runde um das Flugfeld der Flugwerft Schleißheim. Hier sind jede Menge Radler und Inline-Skater unterwegs, vereinzelt sieht man auch einen Läufer.

Am Korbinian Wäldchen komme ich an einem Schild vorbei, dessen Verlockung ich nicht widerstehen kann.

„U-Bahn Dülferstraße 2km“

Wenig später sitze ich in der U-Bahn und habe schlagartig ein schlechtes Gewissen. Ich habe aufgegeben! Weil ich keine Lust hatte, darf man das zulassen?

In der U-Bahn komme ich mir ziemlich fehlplatziert vor. Völlig durchgeschwitzt mit rotem Kopf, dazu noch mit Trinkrucksack… Ob ich beim Aussteigen humpeln, soll? Sonst könnte man ja denken, da hat einer seine Strecke nicht geschafft.

Am Scheidplatz muss ich die U-Bahn wechseln. Mittlerweile hat mein schlechtes Gewissen ganze Arbeit geleistet. Ich beschließe die letzten Kilometer wieder zu laufen. Durch den Luitpoldpark, entlang des Petueltunnels geht’s zurück zum Olympiapark, von dort auf gewohnten Pfaden zurück zur Home-Base. Um den Olympiapark kommen mir noch ein paar freudig strahlende  rosa Bunnys entgegen. Jedenfalls hatte die heute Ihren Spaß.

Da muss ich auch wieder hinkommen. Laufen soll doch Spaß machen, aber die langen Kanten liegen mir überhaupt nicht. Den letzen 30er habe ich auch auf 25km verkürzt. Heute bin ich nach 21 km und 2:15 Stunden wieder zuhause. Bin ich Glücklich? Nein, ich bin sauer.

Der Jahresurlaub steht buchstäblich vor der Tür*.  Der Familienrat hat im Winter beschlossen, dass es zwei Wochen nach Kreta gehen soll. Das war jedoch vor meiner Marathon Anmeldung. Jetzt gilt es den Trainingsplan etwas anzupassen. Um den Familienfrieden zu wahren, reduziere ich die Läufe auf drei Einheiten pro Woche, und lasse die langen Kanten weg, bzw. verschiebe die Einheiten auf vor und nach dem Urlaub. 30 km bei 35°C setzt nur dann einen Trainingsreiz sollte man für den „Marathon des Sables“ trainieren.

Also stand am Sonntag noch ein 30er auf dem Programm.  Anfang Juni hatte ich schon mal einen Test-Ballon gestartet über diese Distanz, und bin von München nach Starnberg gelaufen. Das Ergebnis war verbesserungswürdig. Nachdem ich den Lauf akribisch analysiert hatte,  wusste ich auch woran es lag. Es geht von München nach Starnberg den Berg hoch, und zwar 100 HM über die gesamte Strecke ;-). Deshalb wählte ich für meinen neuen Versuch die Gegenrichtung, also bergab.

Murrend fuhr mich meine Frau Sonntag Nachmittag nach Starnberg, und setzte mich dort auf dem Lidl-Parkplatz am Ortsausgang Starnberg/Gauting aus. Da die Ergebnisse meiner letzten Läufe ja jetzt nicht so berauschend waren, beschloss ich auf die Vorgabe des Trainingsplans zu pfeifen. Es sollte eigentlich mit 13 flotten Kilometern im 5:20 schnitt gestartet werden, um sich dann den Rest der Strecke im Überlebenskampfmodus nachhause schleppen zu können.  Ich setzte mir jedoch diesmal keinerlei Zeitziele, ganz ohne Druck wollte ich laufen.  Es zählte nur eines, die komplette Strecke durchhalten, d.h. keine Gehpausen.

Den ersten Kilometer absolvierte ich dann auch gleich in gemütlichen 6:45. -Hm- vielleicht doch ein bisschen arg langsam.  Wenn ich den Schnitt beibehalte, ist meine Tochter ausgezogen, bis ich wieder zurück in München bin. Ein bisserl schneller darf’s dann schon sein. Also habe ich das Tempo auf den nächsten Kilometern leicht gesteigert. Die Strecke von Starnberg nach Gauting ist wirklich schön, entlang der Würm geht es durch den Wald. Das letzte Mal als ich hier entlang lief hatte ich keine Augen für die Schönheit der Natur, da war ich ganz mit mir selbst beschäftigt.

Leider sind es gerade mal 9 Kilometer bis Gauting. Der weniger schöne Abschnitt kommt dann zwischen Stockdorf und Gräfelfing, da gehen die Ortschaften nahtlos ineinander über und man läuft auf einer Nebenstraße durchs Wohngebiet.  Erst ab dem Pasinger Stadtpark wird’s dann wieder etwas grüner und hübscher. Von dort sind es noch 10 km bis zur Homebase.  Zeit für eine Bestandsaufnahme. Knapp 20 km habe ich jetzt in den Beinen.  Die Pace lag bisher immer zwischen 5:30 und 6:00 min. Der Puls ist moderat.  So langsam wird’s aber hart. Ab km 10 habe ich alle 5 Kilometer etwas Wasser aus meinem Camelbak genuckelt und ein Traubenzucker oder alternativ ein Gel-Chip genommen.

Jetzt muss ich mich wirklich zwingen durchzulaufen.  Der Laufstil wird zunehmend  schlurfiger. Im Nymphenburger Schlosspark begegnen mir viele frische Jogger, die fröhlich Ihre Runden ziehen, einzig ich komme auf dem Zahnfleisch daher. Von manchen ernte ich einen mitleidigen Blick. Um vom Schlosspark in die weniger privilegiertere Nachbarschaft zu kommen muss ich eine viel befahrene  Straße überqueren. Normalerweise tue ich dies nicht an der Fußgängerampel, da diese eh ständig rot ist, sondern an den dafür vorgesehenen Fußgängerunterführungen.  Heute befürchte ich  jedoch, dass ich da nicht mehr aus dem Keller komme. Doch ich habe Glück die erste Ampel ist „grün“ die zweite hingegen, sagen wir mal „hellrot“, aber ich kann noch drüberwanken bevor mich ein heranbrausendes Wohnmobil platt macht.  Uiuiui, das Manöver hat Kraft gekostet.

Im angrenzenden Kapuzinerhölzel, einem schönen Stadtwald, platsche ich geradewegs durch die Pfützen, die hier noch nicht abgetrocknet sind,  ich habe da jetzt keine Kraft mehr drumherum zu tänzeln. Meine Schuhe und Beine sehen entsprechend aus, aber das ist mir  jetzt wurscht, ich bin ziemlich alle, ich will jetzt nur noch ankommen. Ist das jetzt noch ein Gennusslauf?

Nach exakt 3 Stunden habe ich es geschafft. Ich bin wieder zuhause. Völlig entkräftet werfe ich mich aufs Sofa, natürlich ohne vorher meine Treter abzustreifen. Dafür habe ich dann auch gleich ein „Lob“ von der Gattin bekommen.  Aber ein „Erdinger Alkoholfrei“ hat sie mir dann doch aus dem Keller gebracht.  -Ist das Liebe?-

So, sobald ich mich wieder bewegen kann, wird für den Urlaub gepackt. Heute Nacht um vier holt uns das Taxi ab, hoffentlich verschlafe ich die Abfahrt nicht…


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Ich möchte Euch nicht zu sehr auf die Folter spannen, ich habe nicht verschlafen und bin mittlerweile im Urlaub angekommen, daher wird die Reaktion auf mögliche Kommentare etwas länger dauern. Ich bin ja im Urlaub…