Weihnachten ging‘s wieder mit der Familie nach Oldenburg. Mein Aufruf, vor Weihnachten nicht mehr die Welt retten zu wollen, fruchtete bei mir selbst nicht so ganz, so kamen wir Freitag abends erst gegen sieben Uhr los, schließlich musste ich ja auch noch nach der Arbeit eine Runde im Park drehen, um für die Fahrt die nötige Frische zu tanken.
In bester –timekiller- Manier brackerte ich dann in knapp 6 Stunden die 800 km nach Oldenburg. Blöderweise wird meine Fahrt wohl in der „Flensburg Challenge“ gewertet. In regelmäßigen Abständen nehme ich seit Jahren, an diesem Wettbewerb teil. Früher in den unterschiedlichsten Disziplinen, in den letzten Jahren jedoch nur noch auf der Langstrecke. Möglicherweise werden meine Bemühungen endlich belohnt und ich darf in 2012 zur Belohnung, mehr laufen als mir lieb ist. Naja, fürs neue Jahr habe ich mir ja ohnehin vorgenommen wieder etwas mehr zu laufen. Als Entschuldigung möchte ich anfügen, dass ich für den 24.12. einen engen Zeitplan hatte, da konnte ich unmöglich bis Mittags im Bett liegen bleiben. Samstag Vormittag, also am Heiligenmorgen, wollte ich mir noch für Weihnachten mein (norddeutsches) Lieblingsbier besorgen. Das Kräusen Pils von Haake Beck, -ein naturtrübes Pils-. Wie ich in der Getränkehandlung nach längerem Suchen nicht fündig wurde und nachfragte, ob denn kein Kräusen mehr da sei, meinte das Fachpersonal nur trocken: Kräusen? In der Flasche? Nee, das wird ja schon seit mindestens 3 Jahren nur noch in Fässern produziert? Aha, dann eben ein Jever. Ich frage mich nur aus welchen Beständen mein Schwiegervater mich im letzten Jahr noch beglückt hat?
Als weiterer Programmpunkt stand mein Lauf mit Volker dem Deichläufer auf dem Programm. Und den Lauf wollte ich nun wirklich nicht verpassen, da konnte auch der ungewöhnliche Termin am 24.12. nix dran ändern. Meine Frau war zwar etwas verwundert dass ich am Heiligennachmittag noch unbedingt einen Läufer aus dem Internet in Oldenburg treffen muss, aber meine Frau ist ja Kummer gewohnt.
Wie ich kurz nach halb zwei mit dem Auto aufbrach, schien noch die Sonne und ich freute mich auf einen schönen Lauf. Während der zwanzig minütigen Fahrt nach Oldenburg verdunkelte sich jedoch der Himmel immer mehr und kurz von zwei schüttete es aus Kübeln. -Na, Prima, den Lauf können wir uns ja von der Backe putzen…-
Doch Punkt Zwei hört der Regen auf und der Himmel reißt wieder auf. Na, wenn das kein Zeichen ist. Wenn wir Glück haben, bleiben wir heute sogar trocken. Doch es sollte anders kommen…
Ich hole Volker ab, gemeinsam ziehen wir los und sind von Anfang an tief ins Gespräch vertieft. Es ist schon sehr erstaunlich, ich habe diesen Menschen noch nie gesehen, und trotzdem ist man sich von Anfang an vertraut, es ist als ob man einen alten Freund treffen würde.
Volker zeigt mir sein Revier, es geht zu den Bornhorster Wiesen. Nach ca. 7 km sagt Volker plötzlich, „Oha, das hab ich so ja noch nie gesehen, da läuft ja die Hunte über den Deich, da müssten wir eigentlich lang. Kurz darauf endet unser Weg an einem See.
„Ich laufe da sonst immer durch, wenn es da so ein bisschen über den Deich suppt.“ sagt Volker. Zweifelnd prüfe ich die Wassertiefe und die Temperatur. -Naja, ich würde dann mal die Schuhe ausziehen, die bekomme ich sonst in den nächsten Tagen nicht mehr trocken-. Bei der tiefstehenden Sonne ist nicht auszumachen wieweit der Weg überflutet ist, in der Mitte des Deiches steht ein Radfahrer und macht Fotos.
Volker zeigt sich solidarisch und zieht auch die Schuhe aus. Ich kremple noch die Hosen hoch und stampfe dann vorsichtig ins Nass.
–KALT-, mein Atem stockt, tapfer stapfe ich weiter, Volker plantscht munter neben mir, und meint, „Ach, ist ja gar nicht so kalt“. Nun, was will man von einem erwarten, der bei Wind und Wetter mit der kurzen Tight unterwegs ist. Noch unangenehmer ist aber der grobe Asphalt der unsere zarten Sohlen malträtiert.
Ich schaue dass ich Land gewinne, während Volker noch mehrere Fotostopps einbaut, Ihm scheint die Kälte überhaupt nix auszumachen, -sind schon harte Jungs diese Niedersachsen-. An der tiefsten Stelle geht mir das Wasser bis weit über den Knöchel, mittlerweile haben wir den Radfahrer erreicht, der mit hochgezogenen Füßen an einem Weidepfosten lehnt. Er blickt uns zweifelnd an, wie wir barfuß, mit den Schuhen in der Hand, über den Deich gerudert kommen.
Von hier aus ist zu sehen, dass der Weg auf einem wesentlich längeren Stück überflutet ist als ursprünglich angenommen. Naja, umdrehen wäre jetzt auch doof, so waten wir gut 500 Meter durch die Hunte und können dann endlich wieder unsere nassen Eisbeine in die wärmenden Socken stopfen und wieder in die bequemen Schuhe schlüpfen.
-Ahhhh, tut das gut-
Nach kurzer Zeit habe ich das Gefühl man hat mir kochendes Wasser in den Schuh gekippt. Meine Eisbeine verwandeln sich zu Grillhaxen, die Füße glühen, und die Sohlen erst…!!!
Wir setzen unsere Runde durch eine atemberaubende Landschaft fort. Das schöne, neben der Landschaft, die in Norddeutschland ja eher flach ausfällt, ist der unendlich weite Horizont mit seinen gigantischen Wolken.
Wir erreichen nach 15 km wieder unseren Ausgangspunkt. Ich bin erstaunt, wie schnell die gut eineinhalb Stunden verflogen sind. Ich hätte noch ewig weiter laufen können, das war wirklich ein toller Lauf, Volker!
Da es noch so viel zu erzählen gibt, verabredeten wir uns am zweiten Weihnachtsfeiertag für einen weiteren gemeinsamen Lauf, vorausgesetzt eine Lungenentzündung bliebt uns erspart.
Da ich die Woche vor Weihnachten nicht zum Laufen gekommen bin, wollte ich wenigstens bis Silvester regelmäßig laufen, so zog ich auch am ersten Feiertag los. Ein schöner Lauf über 13 km bei fast frühlingshaften Temperaturen sprang dabei heraus.
Montag früh holte mich dann Volker zu unserem zweiten Lauf ab. Meine Frau war sichtlich erleichtert, dass meine Internet Bekanntschaft tatsächlich existiert und dann auch noch männlich ist. Weitere 11 km sind wir dann gemeinsam gelaufen, und sind diesmal auch komplett trocken geblieben, wir mussten lediglich im Wald etwas um die Pfützen herum hopsen.
Dienstags bin ich dann, nach einer ausgedehnten Shoppingtour in Oldenburg (inkl. zwei große Kräusen im Strohhalm, um meine Shoppinglaune anzufachen) noch 8 km in der Dunkelheit gelaufen. Da musste ich feststellen, dass es auf dem Land abends dann doch so richtig dunkel wird. Um auf den Radwegen zwischen Wardenburg und Littel nicht übersehen zu werden habe ich mir zur Sicherheit mal lieber die Notfallweste aus meinem Auto übergeworfen. -tres chick-
Mittwochs ging‘s dann bei Helligkeit entlang der Lethe nach Wardenburg, durch den Ort hindurch, über den Tillyhügel (ein 11 Meter hoher Sandhaufen) und dann um den angrenzenden Tilly See herum.
Wie das bei mir so üblich ist, stand ich plötzlich vor einem Gatter, das mir den Weg versperrte. Ich dachte mir nix groß dabei und bin drübergestiegen und habe meinen Weg um den See auf dem Huntedeich fortgesetzt. Wenig später erschloss sich mir jedoch die Sinnhaftigkeit des Gatters. Ich befand mich mitten auf einer Schafweide. Na jetzt wird’s spannend, wie die Kollegen auf den neuen Artgenossen reagieren. Ich drosselte mein Tempo, um die Tiere nicht zu erschrecken, schließlich hatte ich keine Lust so ein Wollknäuel aus dem Bach zu fischen. Vorsichtig bahne ich mir den Weg durch die blökende Schaar. Ich erreiche das nächste Gatter, ohne dass ich vom Schäfer bzw. dessen Schäferhund gestellt werde. Wie ich gerade über das Gatter steige kommt ausgerechnet in dem Moment eine Joggerin des Weges. Hier prangt auch ein großes Schild, dass man bei Weidebetrieb den Deich nicht betreten soll. –Peinlich, Peinlich- Gut, dass ich heute das „Running-Twin Cap“ aus der Florena Adventsabenteuerkiste trug und nicht das „-timekiller- T-Shirt“, -Höhö-.
Ich spiele die „ich-bin-nicht-von-hier“ Karte aus, und frage in breitestem Schwäbisch, wie es zurück nach Wardenburg geht. Na, wenn das nicht über meinen Fauxpas hinwegtäuscht, dann weiß ich auch nicht.
Es funktionierte, nachdem ich mein Anliegen ins Hochdeutsch übersetzte, liefen wir ein Stück gemeinsam und unterhielten uns ganz nett, nach gut einem Kilometer trennen sich aber unsere Wege schon wieder, die Dame weist mir den Weg nach Wardenburg, und biegt selbst Richtung Oldenburg ab.
Abends ging es dann wieder zurück nach München. Diesmal vorschriftsmäßig mit 80km/h durch die unzähligen Baustellen.-schnarch-
Mein Vorhaben, bis Silvester täglich zu laufen konnte ich dann leider doch nicht durchziehen, und so beendete ich nach 6 Tagen meinen Weihnachtsstreak. Durch die Lauferei der vergangen Tage mit rund 80 km habe ich mir wohl links einen Fersensporn zugezogen. Deshalb schonte ich mich am Donnerstag und bin am Freitag lieber mit der Kleinen zum Skifahren gefahren.
Den Silvesterlauf ließ ich dann auch sausen. Ursprünglich wollte ich ja in Rastatt beim RSG-Ried an den Start gehen. OK, ist jetzt nicht unmittelbar in der Nähe des Olympiaparks, wo ich ja sonst meine Läufe zu bestreiten pflege 😉 aber die Gattin wünschte dieses Jahr Silvester bei Freundin in der Nähe von Kehl zu verbringen, so mussten halt Alternativen her (Danke der Regenrennerin Anja für den Tipp). Da aber die Strecke von Offenburg bis Rastatt derzeit praktisch eine 60 kilometerlange Baustelle ist, ließ ich den Lauf dann doch sausen. Ich hatte nach meiner Tour de Deutschland einfach keinen Bock mehr auf Autofahren. Ich bin dann stattdessen am Samstag 20 km von Goldscheuer nach Straßburg und zurück gelaufen. Und das auch nur um mein Jahrespensum von 1900 Kilometern voll zu bekommen. Ist das bescheuert? Läufer machen sowas halt. Ich kanns nicht ändern.
Und bei meinem letzten Lauf in 2011 wurde ich weder nass, noch kreuzten Tiere meinen Weg und verlaufen habe ich mich auch nicht, wenn das mal kein gutes Zeichen für 2012 ist.
In diesem Sinne wünsche ich all meinen Lesern, meinen virtuellen sowie den realen Freunden und Ex-Nachbarn ein verletzungsfreies Jahr 2012.